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Die Flop Vier

Nimmt man die sogenannten Top 4 der Liga unter die Lupe, findet man sehr vieles nicht

Die Flop Vier

Nimmt man die sogenannten Top 4 der Bundesliga unter die Lupe, findet man sehr vieles nicht. Konstanz, Weiterentwicklung und vor allem Selbstreflexion sind Mangelware.

Der heimische Fußball überlässt jetzt also seit letztem Sonntag dem elendslangen Ski-Winter das Feld und auf den ersten Blick ist nach 20 Runden alles wie gehabt. Red Bull ist vorne, dahinter Austria und Rapid, gefolgt von Sturm Graz. Der erste Blick täuscht allerdings ein wenig. Die Admira ist punktegleich mit den Grazern auf Rang fünf, nur vier Punkte dahinter Mattersburg und Altach. Die schon einmal besprochene „Flipper-Liga“ ist aktueller denn je. Schaut man genauer auf die Tabelle, zeigt sich die Wankelmütigkeit der sogenannten „Top 4“.

Leader Salzburg und die zweitplatzierte Austria konnten gerade einmal die Hälfte ihrer Spiele gewinnen, Sturm überhaupt nur acht. Rapid erreichte zwar elf volle Erfolge, hat dafür aber gleich acht Mal verloren. Dominanz sieht anders aus und diese Zwischenbilanz spiegelt die Budgetrealitäten der Liga in keinster Weise wider. Alle vier Vereine mit höheren Ansprüchen als der Rest der Teams haben ihr ganz eigenes, selbstgestricktes Problemkonstrukt, das zum Status Quo führt.

Salzburg, endgültig zum Farmteam für den Red Bull-Lieblingsschüler Leipzig degradiert, hat sich bis heute nicht vom Aderlass nach der letzten Saison erholt. Peter Zeidler hat es nicht hinbekommen, mit dem zur Verfügung stehenden Kader, der für heimische Verhältnisse immer noch mehr als ordentlich ist, eine Handschrift und eine konstant erfolgreiche Spielweise aufzubauen. Wie Kollege Bernhard Kastler hier richtig schreibt, war sein Rauswurf aus sportlicher Perspektive nachvollziehbar. Vor allem auch deshalb, weil die Entwicklung der jungen Spieler nicht wirklich zu erkennen war. Zeidler hat also seine Hauptaufgabe, Nachschub für Leipzig zu entwickeln, nicht erfüllen können.

Und nicht zuletzt wird man das Gefühl nicht los, dass ein gewisser Martin Hinteregger da einen internen Machtkampf gewonnen hat

Den einen oder anderen merkwürdigen Beigeschmack hat seine Beurlaubung trotzdem. Da ist einerseits die sehr wenig langfristig orientierte Begründung, man wolle die letzten Spiele vor der Winterpause unbedingt noch erfolgreich absolvieren. Als wäre das besonders relevant. Außerdem muss dem Deutschen zu Gute gehalten werden, dass er den Verein in einer denkbar schwierigen Phase übernommen hat und ihm dafür sehr bald der blaue Brief ausgestellt worden ist. Und nicht zuletzt wird man das Gefühl nicht los, dass ein gewisser Martin Hinteregger da einen internen Machtkampf gewonnen hat. Red Bull nähert sich diesbezüglich ein wenig den üblichen Gepflogenheiten an. Wenn es nicht läuft, hinterfragen wir als erstes den Trainer und sonst einmal nichts.

Etwas, was in Graz interessanterweise gar nicht vorkommt. Franco Foda arbeitet eingebettet in einen Medien-Kuschelkurs – alle Kritiker sind Raunzer und Besserwisser – seit Monaten dahin, ohne dass eine wesentliche Weiterentwicklung zu konstatieren wäre. Des Trainers einzige Erklärung sind Phrasen (Geduld haben, Chancen müssen verwertet werden, in der Liga sind alle Gegner stark), ein Hinterfragen des bisher eingeschlagenen Weges kommt nicht in Frage. Offenbar sind auch die Verantwortlichen einverstanden mit dem etablierten Dauer-Mittelmaß, sonst hätte es möglicherweise das eine oder andere Ausrufezeichen gegeben.

Das wundert inzwischen auch die Fangruppen, die ein Inserat „Traditionsverein sucht Sportdirektor“ aufgegeben haben. Mehr als ein Wink mit dem Zaunpfahl für Gerhard Goldbrich, der diesen Job derzeit angeblich innehat. Auch der „zaudernde Präsident“ (copyright: Nordkurve Liebenau) bekommt sein Fett ab. Christian Jauk hat sich dazu dann in der Kleinen Zeitung zu Wort gemeldet, und die Art und Weise der Kritik kritisiert. Dass es von den Fans durchaus substantielle, inhaltlich nachvollziehbare Anmerkungen gegeben hat, wird nicht besprochen. So lange man beim SK Sturm nicht endlich klare Verhältnisse schafft und beginnt das umzusetzen, was man selbst vor mittlerweile vier Jahren aufgeschrieben hat (Karriereplattform, eine gemeinsame Strategie für alle Mannschaften vom Nachwuchs bis zur Kampfmannschaft, professionelles Scouting etc.), wird das schwarz-weiße Dahinwurschteln institutionalisiert bleiben.

Rapid und die anhaltenden Liga-Flops

Rapid wiederum pendelt seit Saisonbeginn in der sehr österreichischen „Aufzugmentalität“ hin und her. Komplettes Selbstüberschätzen und Hochjubeln der Europa League-Erfolge steht einer Beschwerde-Attitüde (die Doppelbelastung!) bei den anhaltenden Liga-Flops gegenüber. Dass die Grünen seit sehr langer Zeit vor allem gegen defensiv-abwartende Gegner keinen Plan zur Verfügung haben und Zoran Barisic in den seltensten Fällen während der Partie mit gezieltem Coaching Umschwünge herbeizuführen in der Lage ist, kommt bei den Diskussionen zu Pendelbewegungen nicht vor.

Ich würde das allerdings als die Hauptdiskrepanz zwischen den Auftritten national und international sehen. Der Trainer wird allerdings nicht müde, die anhaltend schlechte Liga-Performance schönzureden und mit dem Erreichen der Europa League-KO-Runde gegenzurechnen. Nach der Pleite in Salzburg hielt Barisic fest, die Mannschaft hätte eh alles gegeben und im Moment schmerze die Niederlage zwar, aber würde man die Saison Revue passieren lassen, schmerze sie weniger. Wenn das genügt, dann bitte sehr.

Und da ist schließlich noch die Wiener Austria, die es in diesem Kommentar zum Role Model für die Verhältnisse der Liga schafft: Die Violetten sind Zweiter mit nur einem einzigen Sieg in den letzten sechs Runden, und der war einigermaßen ermurkst gegen den SK Sturm. Das zeigt am anschaulichsten, dass es keine der vier Mannschaften mit besseren Möglichkeiten und höheren Ansprüchen schafft, diesem Zustand auch gerecht zu werden. Weder kann sich einer wirklich konstant absetzen, noch macht es besonders viel, über Wochen nichts zu reißen, weil die anderen schütten meist genauso oft aus. Man verliert den Anschluss schon nicht. Aber zumindest bleibt am Ende eines, was man relativ gefahrlos prognostizieren kann: Die Meisterschaft wird bis zum Ende spannend bleiben.

 

Jürgen Pucher war Gründungsmitglied der Plattform „sturm12.at“ und hat dort über Jahre hinweg mit seiner Kolumne „12 Meter“ die Diskussionen rund um den Grazer Verein und den österreichischen Fußball extrem bereichert. Nun beschäftigt er sich als Betreiber der Podcast-Plattform "blackfm.at" mit den Geschehnissen bei den Schwarz-Weißen. Bei LAOLA1 verfasst er in regelmäßigen Abständen Gastkommentare zum Geschehen im heimischen Kick.

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