Es war von Beginn an klar, dass dieses Arbeitsverhältnis nicht von Dauer sein würde. Am Ende haben aber alle Parteien gewonnen.

Oscar verlässt Red Bull Salzburg und darf sich erstmals in einer Top-Liga versuchen. Salzburg hat in seiner Ära vier Titel geholt und kassiert mehr als eine Million Euro Ablöse.

St. Etienne gewinnt einen Top-Trainer, der noch am Beginn seiner Karriere steht - und die Salzburger Konkurrenz in Österreich freut sich, dass dieser den Liga-Dominator nicht mehr trainiert.

Immerhin eineinhalb Jahre war der Spanier in Salzburg tätig, das bedeutet Rang 4 in der ewigen Red-Bull-Rangliste: Nur Huub Stevens, Giovanni Trapattoni und Roger Schmidt waren länger da.

Oscar hat ein Erbe hinterlassen

In seinem ersten LAOLA1-Interview Anfang des Jahres 2016 formulierte Oscar sein Ziel wie folgt: "Ich will ein Erbe hinterlassen und dass die Leute sagen, Oscar war hier und verbesserte die Spieler und das Team."

Mission erfüllt. Der Katalane geht als erfolgreichster Trainer der Red-Bull-Ära, vier Titel und ein Punkteschnitt von 2,26 sprechen eine klare Sprache. Vor allem bei einem Blick auf die Kaderlisten.

Roger Schmidt hatte einen Schnitt von 2,24, erreichte diesen aber mit Spielern wie Sadio Mane, Kevin Kampl, Alan oder auch Jonatan Soriano, der im Februar 2017 nach Peking wechselte.

Oscar schaffte es am Ende mit Spielern wie Diadie Samassekou oder Hee-Chan Hwang.

Der Katalane musste zusehen, wie Schlüsselspieler Naby Keita doch nicht bis zum Ende des Sommers 2016 in Salzburg blieb oder der Wechsel von Stammspieler Bernardo wenige Stunden (!) vor einem Gastspiel bei Rapid offiziell gemacht wurde.

Blick auf die Visitenkarte

Da stieß auch der sonst so zurückhaltende Oscar an seine Grenzen und ließ seinen berühmten "Liefering A, Liefering B"-Sager raus.

Der Katalane gab sich in seiner Salzburger Zeit zumeist angenehm zurückhaltend, wusste aber sehr wohl zwischen den Zeilen immer wieder die sportliche Führung (vor allem punkto Kader) zu attackieren.

Auf der anderen Seite hätte Oscar bereits vor Amtsantritt wissen müssen, welche Stunde in Salzburg geschlagen hat: Talentierte Spieler werden hier weiterentwickelt und verkauft. Egal zu welchem Zeitpunkt.

Nach der Causa Bernardo sendete Oscar seinen ersten kryptischen Tweet ab (den zweiten "Man kann einem Lügner nie vertrauen" löschte er mittlerweile) und zitierte Bruce Lee: "Es ist besser eine Narbe aufgrund von Tapferkeit zu haben, als eine perfekte Haut aufgrund von Feigheit."

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Oscar sah ein, welche speziellen Mechanismen hier greifen und Salzburg dann aber (wieder) als das, was es ist: eine Bühne. Er setzte sich und seine Mannschaft in Szene, um von Österreich aus den Sprung in eine Top-Liga zu schaffen.

Die Europa-League-Gruppenphase wurde auch deswegen nicht überstanden, weil er im ersten Spiel zu Hause gegen Krasnodar Konrad Laimer und Wanderson - zu diesem Zeitpunkt stark aufspielend - auf der Bank ließ.

In diesem Kontext erwähnte Oscar auch, dass das anstehende Spiel gegen Austria Wien wichtiger sei: "Wir haben in der Meisterschaft mehr Möglichkeiten zu gewinnen als in der Europa League."

Ein nicht gerade rangniedriger Salzburger Mitarbeiter sagte mir damals passenderweise: "Er ist ein Trainer, der auf seine Visitenkarte blickt."

Und die hat er letztlich vollends befüllt. Mit vier Titeln in zwei Jahren.

Salzburg verliert weiter an Qualität

Aber er hat sie zweifelsohne auch deswegen geholt, weil er einfach die Qualität als Trainer besitzt. Ausnahmslos alle Spieler schwärmten davon, so auch sein Ex-Spieler Martin Hinteregger zuletzt beim ÖFB-Team.

"Die Art, mit den Spielern umzugehen, und wie er seine Taktik festlegt. Ich habe in meinen zwei Monaten bei ihm unfassbar viel gelernt, was ich dann nach Deutschland mitnehmen konnte."

Diese Fußstapfen müssen erst einmal ausgefüllt werden und hier liegt die Chance für die Konkurrenz, die weiß: Salzburg hat einen neuen Trainer, wird Spieler und damit Qualität verlieren (Laimer, Lazaro) und mit der Europacup-Quali im Sommer wieder sehr beschäftigt sein.

Keine Frage: Salzburg wird auch mit Neo-Trainer Marco Rose wieder als Favorit in die Saison gehen.

Aber die Chance für die Konkurrenz (Austria, Sturm oder auch Rapid) ist da - wenn sie ihre Hausaufgaben ordentlich erledigt und sich zumindest intern das Ziel Titel steckt - die Salzburger Phalanx nach vier Double zu durchbrechen.

Denn vor allem Rose und sein Team (u.a. der erst 24-Jährige Rene Maric) müssen erst beweisen, dass sie aus dieser Mannschaft genauso viel herausholen wie der Vorgänger.



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