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Darum wird Infantino als FIFA-Präsident wiedergewählt

Gianni Infantino kann sich seiner Wiederwahl beim FIFA-Kongress am Donnerstag sicher sein. Es gibt keinen Gegenkandidaten.

Darum wird Infantino als FIFA-Präsident wiedergewählt Foto: © getty

Trotz gewaltiger Kritik rund um die Katar-WM wird Gianni Infantino am Donnerstag mit großer Gewissheit als FIFA-Präsident wiedergewählt werden.

Beim 73. Kongress des Fußball-Weltverbandes in Kigali, Ruanda, gibt es keinen Gegenkandidaten. Zu einer Denkzettelwahl für den seit 2016 amtierenden Schweizer wird es nicht kommen. Infantino genießt unter den 211 Nationalverbänden, die als FIFA-Mitglieder ihren Obersten wählen, eine hohe Zustimmungsrate.

Die Kontinentalverbände Afrikas (54 Nationalverbände), Asiens (46), Ozeanien (11) und Südamerikas (10) haben Infantino bereits kollektiv ihre Unterstützung angekündigt. Der Rückhalt von weiten Teilen Europas (55) und aus der Region Nord- und Zentralamerika und Karibik (35) ist dem bald 53-Jährigen ebenso sicher.

Selbst wenn sich die Kernländer des Fußballs aus Europa und Südamerika auf einen Gegenkandidaten verständigt hätten, sie hätten auf dem Kongress keine Mehrheit. Jeder Verband hat eine Stimme, egal wie groß oder klein.

Infantinos Einsatz für kleine Länder zahlt sich aus

Infantino buhlt seit vielen Jahren mit Erfolg um die Gunst der kleinen Länder. Mit meist finanziellen Argumenten. Von den mehr als sieben Milliarden US-Dollar, die die FIFA in den vergangenen vier Jahren eingenommen hat, sind laut offizieller Lesart rund 2,5 Milliarden bei den Verbänden gelandet. Diese decken damit laufende Kosten und treiben Infrastruktur-Projekte voran.

Ebenso wichtig ist das, was die Verbandsbosse von Infantino zu sehen bekamen: Der Nachfolger des über einen Korruptionsskandal gestolperten Joseph "Sepp" Blatter war mit dem Versprechen "Das Geld der FIFA ist Euer Geld, ihr seid die nationalen Verbände" angetreten. Und präsentiert seither kontinuierliche Einnahmen-Steigerungen.

Der Kuchen wird dank der Mega-WM 2026 in den USA, Mexiko und Kanada mit 48 Teams im 104-Spiele-Modus noch einmal größer werden. Für den WM-Zyklus von 2023 bis 2026 war bisher mit Einnahmen in Höhe von elf Milliarden US-Dollar kalkuliert worden.

Zwergstaaten wie die kleine Karibik-Insel Aruba naschen da gerne mit. Aruba, 110.000 Einwohner, 28 Fußball-Vereine, wird von Egbert Lacle vertreten. Und Egbert Lacle ist mit der FIFA-Zusammenarbeit zufrieden.

"Sie verstehen uns und setzen sich mit uns zusammen. Und dann bieten sie Hilfe an", sagte der Verbandspräsident des vor der Küste von Venezuela gelegenen Landes zuletzt dem "Deutschlandfunk". Mangels eines richtigen Fußballmarktes ist die FIFA die Haupteinnahmequelle des Verbandes. "Wir sind zu 90 Prozent von FIFA-Geldern abhängig", sagte Lacle.

ÖFB stimmt für Infantino, Schweden und Norwegen nicht

Auch Österreichs Fußball-Bund (ÖFB) wird für Infantino stimmen. Interimspräsident Johann Gartner, der gemeinsam mit Generalsekretär Thomas Hollerer in Ruanda vor Ort ist, begründete das mit dem Bemühen um "gemeinsame Lösungsansätze".

"Fakt ist, dass Gianni Infantino der einzige Kandidat für das Amt des FIFA-Präsidenten ist, und er wird daher auch vom ÖFB unterstützt", erklärte Gartner gegenüber der APA. Man wolle konstruktive Kritik üben. Die Oppositionsrolle überlässt man anderen.

Norwegen und Schweden etwa. Noch vor dem schwedischen kündigte der norwegische Verband mit Präsidentin Lise Klaveness an, Infantino nicht zu wählen. "Wir glauben, dass er viele Gelegenheiten verpasst hat, die Änderungen, für die er gewählt wurde, wirklich umzusetzen", sagte die 41-Jährige.

So mutig wie Klaveness wagt sich sonst kaum jemand aus der Deckung. Der mächtige Deutsche Fußball-Bund (DFB) etwa, dessen Präsident Bernd Neuendorf rund um den "One Love"-Schleifen-Skandal bei der WM zu den schärfsten Kritikern gehört hatte, deklarierte sich bisher nicht.

Neuendorf knüpfte die Stimme an die Bedingung, dass Infantino seinen Ankündigungen in Bezug auf die Katar-Gastarbeiter (Verbesserung beim Arbeitnehmerschutz, etc.) auch Taten folgen lasse.

England spricht sich gegen WM alle zwei Jahre aus

Englands Verband (FA) fordert darüber hinaus laut Medienberichten, dass Infantino seine Konzepte von einer alle zwei Jahre stattfindenden Weltmeisterschaft verwirft.

Die FA agiert damit ganz im Sinne der UEFA, denn seit einiger Zeit tobt im Hintergrund ein Verteilungskampf zwischen der FIFA auf der einen und Europas Verband auf der anderen Seite. Aufgemotzte Klub-WM, weltweite Nations League, eine WM alle zwei Jahre, lauten die nicht immer spruchreifen Projekte, die vom Weltverband zuletzt in Umlauf gebracht worden sind.

Die UEFA und Europas nationale Ligen fürchten um ihr Hoheitsgebiet, was Premiumprodukte abseits der aktuell alle vier Jahre stattfindenden WM angeht.

In Ruanda jedenfalls weiß Infantino den Großteil der Delegationen hinter sich. So er nicht auf Anhieb die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit erhält, reicht ab dem zweiten Wahlgang eine einfache Mehrheit für weitere vier Jahre.

Strafverfolgung gegen Infantino weiterhin Thema

Die FIFA-Präsidentschaft ist auf drei Amtszeiten begrenzt. Weil er den Statuten gemäß erst im Sommer 2019 in seine erste eigene Amtszeit gewählt wurde, ist eine Ära Infantino bis 2031 möglich.

Gleichzeitig beschäftigt Infantino die Strafverfolgung. Es geht um Geheimtreffen des mittlerweile abgesetzten Schweizer Bundesanwalts Michael Lauber mit Infantino. Recherchen der "NZZ am Sonntag" zufolge soll ein solches 2017 in Bern im Auftrag Katars abgehört worden sein.

Der "Meeting Room III" des Fünfsternehauses "Schweizerhof" soll verwanzt gewesen sein. Seit 2009 ist das Hotel im Besitz des Staatsfonds von Katar. Was dort, nur wenige Schritte von der katarischen Botschaft entfernt, besprochen wurde, ist bisher unklar.

Das Treffen ist problematisch, weil Lauber gegen FIFA-Funktionäre in Bezug auf die WM-Vergabe nach Katar ermittelt hat. Katar bestreitet die Abhöraktion. Infantino habe keine Kenntnis "irgendwelcher geheimer Überwachungsaktionen", teilte ein Anwalt des FIFA-Chefs mit.

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