news

ÖFB-U19: "Haben uns nicht in die Hose geschissen"

Enttäuschung, aber keine hängenden Köpfe bei Österreichs U19 nach Auftaktpleite:

ÖFB-U19: Foto: © GEPA

Groß waren die Erwartung Österreichs vor der U19-Europameisterschaft in der Slowakei.

Groß ist auch die Enttäuschung nach dem 0:2 gegen Titelanwärter England - aber noch viel größer der Stolz der ÖFB-Junioren, gegen eine absolute Topmannschaft im Nachwuchsbereich lange Zeit mitgehalten zu haben.

"Man hat gesehen, dass wir mutig aufgetreten sind, dass wir uns nicht in die Hose scheißen und defensiv verteidigen, sondern, dass wir hoch draufgegangen sind. Das war für mich wichtig", lobt Teamchef Martin Scherb nach Spielende gegenüber LAOLA1.

England von Österreichs Pressing überrascht?

Der 52-Jährige schickte die ÖFB-U19 in einem aggressiv agierenden 4-4-2 ohne echte Stürmer und Flügelspieler, dafür mit vielen pressingstarken Akteuren aufs Feld.

England ließ sich von der aggressiven Herangehensweise Österreichs zu Beginn überrumpeln, verlor viele Bälle im Aufbauspiel und ermöglichte Rot-Weiß-Rot dadurch einige Umschaltmomente - doch die ÖFB-Burschen konnten nur wenig damit anfangen.

"Wir haben viel mehr Zweikämpfe am Anfang gewonnen. Sie haben sich richtig schwer getan, ich glaube, sie waren überrascht, aber das ist unser Spiel: Wir pressen und wir kämpfen. Damit sind sie am Anfang nicht gut zurechtgekommen", findet Benjamin Kanuric, der sich selbst um keinen Meter zu schade war.

Scherb ärgert sich: "Haben nur zu 98 Prozent gepresst"

Auch Martin Scherb, der taktisches Geschick bewies und im Angriffspressing in einer Raute attackieren ließ, die sich, je tiefer der Gegner Richtung österreichisches Tor kam, in ein flaches, flügeldeckendes 4-4-2 verwandelte, kann grundsätzlich gut mit dem österreichischen Auftritt im Spiel gegen den Ball leben, übt aber auch Kritik:

"In manchen Phasen hat die Intensität gefehlt. Da haben wir zu 98 Prozent gepresst und durchgesichert, aber nicht zu 100. Dann haben sie es leicht, sich zu lösen und auf die andere Seite zu verlagern."

Auch Ersatzkapitän Lukas Wallner spricht von "ein, zwei Prozent", die Österreich zu einem Spiel auf Augenhöhe gefehlt haben. Vor allem ärgert ihn aber, wie mit den im letzten Drittel gewonnenen Bällen umgegangen wurde.

"Wir haben uns viel auf ihre Spielweise vorbereitet und wollten schnell in die Tiefe spielen, was nicht so gelungen ist. Dieser letzte Pass hat uns oft gefehlt", knirscht der Liefering-Verteidiger.

England hatte bis zum 0:1 "keine Ideen"

Auch Scherb sah ähnliche Schwachstellen am ÖFB-Auftreten in Ballbesitz: "Wir haben zu wenig Breitenbesetzung gehabt. Wir haben gut über das Zentrum kombiniert, aber die Tiefe hat uns gefehlt."

Bis auf einen Stangenschuss wurde aber auch England lange nicht wirklich zwingend, ehe ausgerechnet der gebürtige Burgenländer Carney Chukwuemeka eine selbst eingeleitete Aktion mit dem Tor zum 1:0 unmittelbar vor dem Pausenpfiff veredelte.

Für Scherb ein "extrem bitteres Tor, weil sie zu diesem Zeitpunkt keine Ideen mehr hatten und die Bälle nach vorne geschossen haben."

Schöttel: "Englands Sieg geht in Ordnung"

Nach Seitenwechsel hatte England die große Möglichkeit, das 2:0 nachzulegen, doch Ervin Omic rettete gegen Aaron Ramsey glänzend auf der Linie. Im Gegenzug brachte Yusuf Demir die Kugel nicht am herausgekommenen Keeper Matthew Cox vorbei.

So kam es, wie es kommen musste, und der erst 17-jährige Alfie Devine entschied die Partie mit einem Traumtor nach schönem Chukwuemeka-Assist vor. Ein Stangentreffer von Demir verhinderte wenig später eine spannende Schlussphase, am Ende war der Sieg der Engländer aber völlig verdient.

Auch ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel, der die U19 während der gesamten EM begleitet, sah das im "ORF" so: "England hat gezeigt, dass sie zu den Favoriten in diesem Turnier gehören. Aber wir haben bis zum Schluss alles versucht und hatten Phasen im Spiel, in denen wir Möglichkeiten hatten. Unterm Strich geht der Sieg Englands in Ordnung."

Körperlichkeit machte den Unterschied

Österreich war den fast durch die Bank großgewachsenen Engländern vor allem körperlich unterlegen. Österreichs "Zauberern" a la Yusuf Demir, Ornuhan Babuscu oder dem eingewechselten Dominik Weixelbraun wurde meist bereits im Ansatz und oft auch durch Fouls die Schneid abgekauft.

Für Lukas Wallner haben es die jugendlichen "Three Lions" "sehr erwachsen gespielt. Das ist der englische Fußball, in England sind alle körperlich extrem gut. Aber ich finde nicht, dass es ein großer Unterschied war. Wir haben uns gewehrt."

Diese körperliche Unterlegenheit ist insofern bitter, da Englands Mannschaft großteils noch im Jugendfußball unterwegs ist, während bei Österreich die allermeisten Kadermitglieder schon eine gehörige Portion Profi-Erfahrung aufweisen können.

Auftaktpleite "hat für das Turnier keine Auswirkung"

Österreichs Glück nach der Auftaktpleite ist, dass damit beinahe gerechnet wurde. Dazu kommt, dass Serbien und Israel sich im kurz zuvor stattgefundenen Parallelspiel mit 2:2 trennten und Österreich weiterhin beste Karten hat, den Aufstieg ins Halbfinale und damit das Ticket zur U20-WM 2023 zu fixieren.

"Es ist noch alles offen. Jetzt gibt es noch zwei Spiele, die gilt es zu gewinnen, und dann geht's ab ins Halbfinale", gibt sich Wallner selbstbewusst.

Auch für Teamchef Scherb hat die Pleite gegen England "für das Turnier keine Auswirkungen". "Die Burschen sind traurig und enttäuscht, weil wir verloren haben, aber nicht niedergeschlagen. Das ist das Wichtigste."

Ins nächste Spiel gegen Israel am Mittwoch (17:45 im LIVE-Ticker) geht Österreich als Favorit. Wenn die U19-Burschen dann wieder 100 Prozent abrufen können, steht einem großen Schritt Richtung Aufstieg nichts mehr im Wege.

Kommentare