Wenn ein Torhüter drei Gegentreffer hinnehmen muss, schlägt dies logischerweise auf den Magen. Für ÖFB-Goalie Ramazan Özcan hat das 2:3 in Serbien aber zumindest in persönlicher Hinsicht einen Mehrwert mit sich gebracht.
"Ich bin stolz, dass ich auch einmal bei einem Pflichtspiel die Hymne auf dem Feld hören durfte", erklärt der Vertreter der an der Wade verletzten Nummer eins Robert Almer.
32 Jahre alt musste der Leverkusen-Goalie bis zu diesem Karriere-Highlight werden.
Alle fünf Tore bei Serbien gegen Österreich auf Video:
(Text wird unter dem Video fortgesetzt)
"Höhere Konzentration als in einem Testspiel"
Geduld hat "Rambo" als jahrelanger Backup genug bewiesen. Wie schwer dies gefallen sei?
"Gar nicht schwer. Ich habe immer gesagt, ich bin stolz, Nationalspieler zu sein. Das ist für mich eine Ehre. Wenn ich da bin, stelle ich mich immer in den Dienst der Mannschaft. Nur war es jetzt schon mal schön, in ein Wettbewerbsspiel reinzugehen, wo Fokus und Konzentration natürlich wesentlich höher sind als bei einem Testspiel."
Insgesamt war es Özcans neuntes Länderspiel, nach seiner Einwechslung gegen Wales das zweite Pflichtspiel, aber eben das erste von Beginn an.
Die Länderspiel-Karriere des Vorarlbergers stand bislang bekanntlich nicht gerade unter dem besten Stern. Nach einer bitteren Niederlage wie jener in Belgrad ist es daher tendenziell nur ein schwacher Trost, dass ihm die Negativ-Schlagzeilen diesmal erspart bleiben und seine Vorderleute für ihr Defensivverhalten in der Kritik stehen.
"Ich bin ja auch nur ein Mensch"
Der Deutschland-Legionär wiederum konnte sich in der einen oder anderen Szene auszeichnen: "Auch wenn es in der Vergangenheit ein paar Mal in die Hose gegangen ist, habe ich immer gesagt, die Mannschaft ist das Wichtigste. Ich habe versucht, der Mannschaft zu helfen. Es tut natürlich gut, das mus ich ehrlich zugeben, wenn man einige Sachen zu tun kriegt und das gut löst. Ich bin ja auch nur ein Mensch."
Ein Mensch, der in der Vergangenheit von den ÖFB-Kollegen nach der einen oder anderen unglücklichen Szene stets in Schutz genommen wurde. Umso verständlicher, dass ihm nach dem Serbien-Spiel kein böses Wort über die Lippen gekommen ist, wenngleich er bei den Gegentoren ein wenig im Stich gelassen wurde.
"Zu sagen, ich wurde im Stich gelassen, oder irgendwelche Schuldzuweisungen abzugeben - das bin nicht ich. Das habe ich in der Vergangenheit nie gemacht und werde ich jetzt auch nicht machen. In der ersten Halbzeit hatten wir zu viele Lücken und haben dadurch zwei billige Tore gekriegt. Aber wir haben Mut und Charakter bewiesen und sind zwei Mal zurückgekommen. Es war ein sehr schwieriges Spiel mit hitziger Stimmung. Es ist natürlich schade, wenn man am Schluss mit null Punkten dasteht."
Besagte billige Tore durch Aleksandar Mitrovic habe man sich "auf gut Deutsch eigentlich selber geschossen."
Geschickte Serben
Wobei es die Hausherren aus dem Blickwinkel des Torhüters geschickt gemacht hätten: "Es war schwierig, weil die drei Offensivspieler der Serben gegen den Ball nichts gemacht haben. Wenn wir im Angriff waren, sind die vorne stehen geblieben und haben nur auf die Offensive geschaut. Bei Ballgewinn haben sie einfach die drei Offensivspieler angespielt und so ging es eben hin und her. Gefühlt gab es alle vier Minuten hundertprozentige oder zumindest gute Torchancen für die beiden Teams."
Fünf Tore waren so gesehen wohl eine logische Konsequenz - leider mit unglücklicher Verteilung aus rot-weiß-roter Sicht.
"Auch wenn es mir wahrscheinlich keiner glauben will, aber ich muss der Mannschaft ein Kompliment zollen. Sie hat bis zum Schluss Gas gegeben, alles nach vorne geworfen. Das beweist, dass wir intakt sind."
Peter Altmann