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ÖFB-Nationalteam: Weitere Helden aus der 2. Reihe?

Die Rolle der ÖFB-Reservisten. Was Foda nicht nur sagt, sondern auch so meint:

ÖFB-Nationalteam: Weitere Helden aus der 2. Reihe? Foto: © GEPA

Wäre Marko Arnautovic für Österreich eigentlich ersetzbar?

Über die Antwort auf diese erwartbare Frage denkt Franco Foda dann doch die eine oder andere Sekunde nach, um schließlich folgendes zu Protokoll zu geben:

"Es ist einfach so, dass Marko für unsere Mannschaft ein ganz wichtiger Spieler ist. Einmal durch seine Art, durch seine Präsenz - auch gegen Israel hat man seine Qualitäten gesehen. Er hatte wieder zwei, drei Möglichkeiten, um Tore zu erzielen, hat den Treffer wunderbar vorbereitet. Für mich sind alle Spieler wichtig und er ist klarerweise ein ganz wichtiger Spieler."

Das heißt verknappt ausgedrückt wohl, der China-Legionär ist schwer zu ersetzen.

Der Schlüsselsatz ist aber wohl, dass alle Spieler wichtig sind. Im Fall der Fälle muss nämlich auch der Verlust des ÖFB-Stars kompensiert werden.

"Mit wem werde ich nicht verraten", grinst der Teamchef, "aber man hat immer einen Plan B. Für einen Trainer ist es auch wichtig, Entscheidungen zu treffen. Ich treffe Entscheidungen auch immer mit voller Überzeugung."

Gerade bei diesem Lehrgang musste der Deutsche einige Entscheidungen treffen - vermutlich mehr, als ihm lieb war.

Eigentlich gibt es eine klare Stammelf

Eigentlich hat sich seit dem Juni eine relativ klare ÖFB-Stammelf herauskristallisiert, die in etwa wiefolgt aussieht: Stankovic; Lainer, Dragovic, Hinteregger, Ulmer; Laimer, Baumgartlinger; Lazaro, Sabitzer, Alaba; Arnautovic.

Wie das Mittelfeld-Zentrum aussieht, wenn Xaver Schlager wieder zur Verfügung steht, wird spannend zu beobachten - seit Laimers Durchbruch standen der Leipzig-Legionär, Baumgartlinger und Schlager noch nie zur selben Zeit zur Verfügung. Und im Tor könnte man natürlich immer noch Heinz Lindner als Nummer eins sehen, nachdem er einen Verein gefunden hat.

Nun hatte Foda in letzter Zeit selten das Vergnügen, komplett auf diesen Stamm zurückzugreifen, was Nachrückern die Gelegenheit gab, sich in Szene zu setzen - was den meisten auch gut gelang, wie hier skizziert wird.

Foda sagt es nicht nur, er meint es auch so

Sollten Arnautovic, Laimer oder Stefan Posch für den Showdown in Slowenien nicht rechtzeitig fit werden, könnte für weitere "Helden der zweiten Reihe" die Stunde schlagen.

"Ich sage es fast in jeder Besprechung, dass für mich alle Spieler wichtig sind. Es gibt ja das, was man redet, und das, was man denkt: Aber ich meine das so!"

Franco Foda

Foda jedenfalls wird nicht müde, den Wert aller Kaderspieler zu unterstreichen: "Ich sage es fast in jeder Besprechung, dass für mich alle Spieler wichtig sind. Es gibt ja das, was man redet, und das, was man denkt: Aber ich meine das so! Weil ich einfach der Meinung bin, dass eine Mannschaft aus 23 Spielern oder vielleicht sogar noch mehr besteht - und du benötigst immer alle Spieler. Dieses Gefühl muss auch jeder Spieler haben. Ich sage auch immer: Jeder, ob er spielt oder nicht, lebt irgendwo eine aktive Rolle in der Mannschaft."

Bei diesem Lehrgang kann man tatsächlich von mehr als 23 Spielern sprechen, schließlich gab es fast schon eine Flut an Nachnominierungen. So rückte etwa Christopher Trimmel anstelle des verletzten Stefan Lainer nach und feierte gegen Israel sogar nach neuneinhalb Jahren sein ÖFB-Comeback. So schnell kann es gehen.

Schauen wir uns an dieser Stelle die Rolle an, welche die aktuellen ÖFB-Reservisten unter den Feldspielern in der bisherigen EM-Qualifikation gespielt haben:

Christopher Trimmel (4 Länderspiele/0 Tore): Mit 32 Jahren zurück im ÖFB-Team. Insofern ein praktisches Kadermitglied, weil routiniert und verlässlich, aber nicht zu Kampfansagen neigend. Gut möglich, dass er sich in dieser Woche weitere Einladungen erarbeitet hat. Zur Israel-Leistung des Union-Legionärs meint Foda jedenfalls: "Christopher hat das gut gemacht, war sehr aggressiv und hat gut nach vorne gespielt."

Marco Friedl (0/0): Ebenfalls nachnominiert. Der Werder-Legionär wartet noch auf sein ÖFB-Debüt, gilt aber trotz des großen Konkurrenzkampfs in der Innenverteidigung als heiße Aktie für die Zukunft. Sein Plus könnte werden, dass er auch als Linksverteidiger auflaufen kann.

Maximilian Wöber (5/0): Auch der Salzburg-Kicker wurde nachnominiert. Er kam in dieser Quali bereits auf Einsatzzeit, stand bei den Niederlagen gegen Polen und in Israel jeweils in der Startelf. Trotz der Ergebnisse machte er seine Sache damals ordentlich, verlor jedoch aufgrund einer Verletzung seinen Kaderplatz.

Peter Zulj (10/0): Der Anderlecht-Legionär war 2018 ein ÖFB-Shootingstar und zählt 2019 sicher zu den Verlierern. Auch er wurde für diesen Lehrgang erst nachnominiert. Stand in der EM-Quali nur ein Mal auf dem Platz - und zwar als Mitglied der Startelf in Israel. Dort bereitete er jedoch immerhin das 1:0 von Arnautovic vor. Der frühere Sturm-Kicker muss derzeit aber definitiv um seinen Kaderplatz kämpfen.

Louis Schaub (13/5): Eine Minute in Nordmazedonien, nun eine halbe Stunde gegen Israel. Der Köln-Legionär durfte am Donnerstag immerhin zeigen, dass es ihn im Nationalteam noch gibt. Der Mittelfeldspieler zählt tendenziell zu den derzeit eher unglücklicheren Kadermitgliedern, dazu in Kürze mehr. Aber immerhin scheint sein Platz im Aufgebot derzeit save zu sein, nachdem er zu Quali-Beginn nicht nominiert wurde.

Florian Kainz (15/0): Schaubs Vereins-Kollege in Köln hat schon Startelf-Erfahrung im Nationalteam, in dieser Quali ist er bislang jedoch nur eiserne Reserve. Fünf Minuten in Israel und eine Minute gegen Slowenien - mehr war bis jetzt nicht drinnen.

Thomas Goiginger (0/0): Der LASK-Kicker rückte im September nach und dürfte Foda immerhin davon überzeugt haben, ihn im Kader zu belassen. Auf sein Debüt wartet der Flügelflitzer noch.

Karim Onisiwo (4/0): Der Mainz-Legionär steht schon das ganze Jahr über im Kader und wurde gegen Polen und in Israel auch eingewechselt, seither stets 90 Minuten auf der Bank. Der Offensivspieler wartet noch auf ein erstes ÖFB-Highlight.

Michael Gregoritsch (14/2): Sicherlich ein weiterer Härtefall, denn bei seinem Potenzial müsste er im Nationalteam schon mehr Spuren hinterlassen haben. Im Rahmen dieser Quali kam er in den vergangenen drei Spielen gegen Lettland, Polen und Israel zu drei Kurzeinsätzen, in denen er immerhin drei Scorer-Punkte (1 Tor, 2 Assists) sammeln konnte. Sollte Arnautovic ausfallen, ein logischer Nachrücker.

Lukas Hinterseer (12/0): Nach dem Rücktritt von Guido Burgstaller übernahm der HSV-Legionär im September dessen Kaderplatz. Auf einen Einsatz wartet er jedoch noch. Das letzte Länderspiel des Tirolers datiert nach wie vor aus dem November 2016.

Es gab schon Zeiten, als die ÖFB-Ersatzbank mit Spielern gespickt war, die im Nationalteam mehr erlebt haben. In diesem Zusammenhang darf man jedoch nicht vergessen, dass etwa Laimer und Posch vor ihrem rot-weiß-roten Durchbruch null Länderspiel-Erfahrung hatten.

Schaub: "Muss auf meine Chance warten"

Bisweilen kann es also schnell gehen, manchmal braucht man nur eine Chance.

Ein Beispiel ist Schaub, für den die Einwechslung gegen Israel zumindest einmal ein Signal war, dass er wieder halbwegs nah dran ist.

Wie er seine Rolle derzeit einschätzt? "Die Rolle ist eigentlich nichts Neues für mich. Natürlich würde ich gerne spielen, ich weiß aber natürlich auch, dass wir einen richtig guten Kader haben und ich auf meine Chance warten muss."

Dafür braucht es natürlich Geduld: "Wenn es die Stammelf gut macht, muss der Trainer nicht viel ändern. Ich glaube, das ist überall gleich. Das weiß man als Spieler auch. Man muss einfach schauen, wenn man Kurzeinsätze hat, dass man in der kurzen Zeit viele gute Aktionen hat und dem Trainer zeigt, dass ich auch bereit bin."

Einzelgespräche mit enttäuschten Anwärtern

"Auch Florian Kainz hat eine gute Woche gehabt, gut trainiert - auch bei Louis Schaub war es gegen Israel so eine Entscheidung: Bringst du Flo? Bringst du Louis? Was ist besser für das Spiel?"

Franco Foda

Schaub gehört fraglos zu jenen Reservisten, denen ihre Rolle schwerer zu vermitteln ist als anderen. Ende 2017, Anfang 2018 hatte der frühere Rapidler eine Phase, als er binnen sechs Länderspielen fünf Tore erzielt hat.

Ob die Betreuung eher enttäuschter Anwärter für einen Teamchef noch mehr Zeit in Anspruch nimmt? Foda verweist darauf, dass er auch in einer kurzen Wochen versucht, immer wieder Einzelgespräche zu führen:

"Letztendlich kommt jeder zum Nationalteam und hat den Anspruch zu spielen. Es sind ja auch die Besten des Landes. Klar, dann musst du als Trainer oft auch schwierige Entscheidungen treffen. Aber ich bin mit allen zufrieden, wie sie arbeiten, wie sie trainieren - und es ist ja auch wichtig, dass du ein gutes Trainingsniveau hast, da immer auch die Spannung hochhältst. Auch Florian Kainz hat eine gute Woche gehabt, gut trainiert - auch bei Louis Schaub war es gegen Israel so eine Entscheidung: Bringst du Flo? Bringst du Louis? Was ist besser für das Spiel? Die Spieler kennen ja oft die Überlegungen des Trainers nicht, aber ich versuche es dann in Gesprächen zu vermitteln."

Jeder muss immer bereit sein

Der Teamchef streicht zudem den Wert von Wechselspielern hervor: "Manchmal ist es sogar so, dass Spieler, die reinkommen, noch wichtiger sind. Die können noch mal entscheidende Momente in einem Spiel haben. Das war bis jetzt auch immer der Fall: Alle Spieler, die reingekommen sind, waren sofort präsent, haben der Mannschaft geholfen. Ich sage immer, das Team steht über allem. Aber innerhalb dieses Teams darf natürlich jeder einzelne Spieler auf dem Platz seine Kreativität ausleben."

Wie kreativ Foda in Ljubljana in Sachen Aufstellung werden muss, wird sich weisen und hängt diesmal wohl auch ein wenig von der Arbeit der medizinischen Abteilung ab.

Rechnen müsse jeder damit, dass er plötzlich das Vertrauen des Trainers geschenkt bekommt:

"Alle Spieler sind sehr wichtig - nicht nur die, die von Beginn an spielen, sondern auch jene, die nicht im Einsatz sind. Aber jeder muss immer bereit sein für einen Einsatz! Wir brauchen eine entschlossene Mannschaft, in der jeder bereit ist, für den anderen Opfer zu bringen. Jeder hat die Qualität, von Anfang an zu spielen. Aber dafür müssen sie eben auch bereit sein!"

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