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Florian Grillitsch hegt keine Fluchtgedanken

Grillitsch hat ehrgeizige Ziele, Weltklasse-Trainer und Glauben an Robert Zulj:

Florian Grillitsch hegt keine Fluchtgedanken Foto: © GEPA

Florian Grillitsch ist kein Fußballer der Kategorie Lautsprecher, schon gar nicht in eigener Sache.

Der Hoffenheim-Legionär formuliert seine Ambitionen lieber so, wie er auf dem Platz agiert: Unaufgeregt und vor allem präzise.

"Ich bin Stammspieler in Hoffenheim, wir haben eine sehr gute Saison gespielt, uns für die Champions League qualifiziert, und dann ist es auch mein Anspruch, dass ich Stammspieler in der Nationalmannschaft bin. Ich versuche meine bestmögliche Leistung zu bringen. Am Ende des Tages entscheidet der Trainer, aber ich versuche es ihm so schwer wie möglich zu machen, dass er mich nicht aufstellt", verfolgt Grillitsch auch im ÖFB-Team ehrgeizige Ziele.

Keine Niederlage in zehn Länderspielen

Mit seiner starken Leistung gegen Deutschland lieferte der 22-Jährige durchaus Argumente für weitere Startelf-Nominierungen, wie es rein statistisch gesehen ohnehin kein Fehler ist, Grillitsch aufzustellen.

Im ÖFB-Dress ist er in zehn Länderspielen nämlich noch ungeschlagen. Seit seinem Debüt beim ersten Lehrgang des Jahres 2017 gegen Finnland ging das Nationalteam nur einmal als Verlierer vom Platz, und zwar beim 0:1 beim WM-Quali-Showdown in Wales, als Grillitsch 90 Minuten lang nur auf der Bank saß. In allen anderen Partien kam er zumindest als Joker zum Einsatz und lernte das Gefühl einer Niederlage noch nicht kennen.

"Das sagt dem Trainer natürlich, dass er mich aufstellen sollte, wenn er gewinnen oder zumindest nicht verlieren will", lacht Grillitsch, der betont, dass es ein "gutes Gefühl" sei, mit dem ÖFB-Team noch nicht verloren zu haben: "Ich habe diese Statistik letztens auch gesehen, aber das wird nicht nur an mir liegen. Wenn ich spiele, möchte ich natürlich immer gewinnen, und dass ich bis jetzt nicht verloren habe, ist natürlich umso schöner."

Lernen von einem Weltklasse-Trainer

Besonders glücklich ist der zentrale Mittelfeldspieler natürlich, dass diese Serie gegen seine fußballerische Wahlheimat Deutschland hielt. Danach erhielt er logischerweise viele Glückwünsche ("Ich freue mich, wenn so viele Leute an mich denken und stolz auf mich sind"). Unter die Gratulanten reihte sich auch sein Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann ein.

"Julian hat mir auch geschrieben - vorrangig, weil ich ausgewechselt wurde und er Angst hatte, dass ich verletzt bin. Aber natürlich hat er auch zum Sieg gratuliert."

Florian Grillitsch

"Julian hat mir auch geschrieben - vorrangig, weil ich ausgewechselt wurde und er Angst hatte, dass ich verletzt bin. Aber natürlich hat er auch zum Sieg gratuliert", grinst Grillitsch.

Den 30-Jährigen nennt der ÖFB-Kicker auch als den Grund, warum es ihn vor einem Jahr vom SV Werder Bremen zu Hoffenheim zog: "Julian ist ein Weltklasse-Trainer. Wir hatten sehr gute Gespräche, er hat mir seine Art von Fußball, wie er spielen will, nähergebracht. Man sieht es ja: Er hat Hoffenheim übernommen, den Klassenerhalt geschafft, wurde nächste Saison gleich Vierter und jetzt in seiner zweiten vollen Saison Dritter. Das spricht schon für ihn."

Dass Nagelsmanns Arbeit auch hochkarätigeren Vereinen nicht verborgen blieb, liegt auf der Hand. In der Trainer-Gerüchteküche wird er in aller Regelmäßigkeit genannt. "Sicher bekommt man das mit, aber ich denke, Julian bleibt nächste Saison in Hoffenheim. Er weiß ganz genau, was er will und nimmt sich die Gerüchte, denke ich, nicht so zu Herzen, genauso wie wir Spieler. Es wird viel geschrieben, aber er ist glücklich in Hoffenheim."

Grillitsch hegt keine Fluchtgedanken

Selbiges gilt für Grillitsch (Vertrag bis 2021) selbst. Wenn man so erfolgreichen Fußball spiele, sei es laut Meinung des Niederösterreichers klar, dass viele Spieler aus der Mannschaft gefragt seien: "Das ist auch ein positiver Nebeneffekt, denn wenn wir so gute Leistungen bringen und in der Bundesliga Dritter werden, ist es logisch, dass viele Vereine bei unseren Spielern anklopfen."

Er selbst würde jedoch keine Fluchtgedanken hegen: "Ich habe jetzt eine Saison in Hoffenheim gespielt, fühle mich sehr wohl, nächstes Jahr spielen wir Champions League, auf Vereinsebene ist das das Höchste der Gefühle. Also ich wüsste keinen Grund, wieso ich jetzt flüchten sollte."

Daran, dass er in seiner Karriere aber noch mehr erreichen möchte, lässt Grillitsch keinen Zweifel, wenngleich es schwierig sei, konkrete Schritte im Hinterkopf zu haben: "Es ist schwer im Fußball, dass man das punktgenau plant, weil es so schnell geht. Man muss verletzungsfrei bleiben, das Vertrauen des Trainers haben, immer seine Leistung bringen. Mein Ziel war immer, dass ich Champions League spiele und jetzt hat sich einer meiner Träume erfüllt. Das heißt aber nicht, dass ich jetzt weniger mache oder meine Beine hochlege. Jetzt heißt es, noch härter weiterzuarbeiten. Irgendwann wird es dann wahrscheinlich auch Zeit für den nächsten Schritt, aber der Zeitpunkt ist noch nicht gekommen."

Vorerst gilt es die, wie Grillitsch es nennt, "erfolgreichste Saison meiner Karriere" zu bestätigen: "Diese Saison zeigt auch, dass ich mit meinem Wechsel alles richtig gemacht habe. Ich habe das Vertrauen vom Trainer und von den Verantwortlichen. Ich hoffe, das bleibt so."

Flexibler Nagelsmann-Fußball hilft beim ÖFB-Team

Dabei war aller Anfang schwer - in doppelter Hinsicht. Einerseits weil er in der Sommer-Vorbereitung verletzt war, und dies zweitens das Erlernen der durchaus anspruchsvollen Herangehensweise von Nagelsmann nicht gerade erleichterte. Als unumstrittene Stammkraft darf er sich erst seit der Rückrunde fühlen.

"In Hoffenheim ist es ja auch so, wir wechseln mehrmals im Spiel das System, deswegen ist es für mich nichts Neues. Aber sicherlich hat Franco Foda auch andere Ansätze als Julian, also muss man klarerweise auch hier ein bisschen etwas dazulernen."

Florian Grillitsch

"Am Anfang ist es schon sehr schwer", beschreibt Grillitsch das Erlernen der Nagelsmann-Philosophie, "das haben auch die Neuzugänge aus der Saison, bevor ich gekommen bin, gesagt, dass sie am Anfang sehr lange gebraucht haben. Bei mir kam die Verletzung dazu. Wenn du am Anfang nicht beim Team bist und eigentlich nicht viel darüber erfährst, wie der Trainer spielen will und was er von dir verlangt, ist es natürlich schwer. Ich bin erst eingestiegen, als die Saison schon begonnen hat und dann hat es ein bisschen gebraucht, bis ich die Abläufe intus hatte. Aber in der Rückrunde habe ich bis auf eine Sperre jedes Spiel von Beginn an gemacht."

Einen Vorteil hat der variable Nagelsmann-Fußball definitiv im Hinblick auf das Nationalteam: Die flexible Herangehensweise von Teamchef Franco Foda erfordert von Grillitsch nicht allzu viel Umstellung:

"In Hoffenheim ist es ja auch so, wir wechseln mehrmals im Spiel das System, deswegen ist es für mich nichts Neues. Aber sicherlich hat Franco Foda auch andere Ansätze als Julian, also muss man klarerweise auch hier ein bisschen etwas dazulernen."

Kein Idol

Ruhe am Ball, Übersicht und Spielaufbau bezeichnet Grillitsch als jene Qualitäten, die er ins ÖFB-Spiel einbringen könne. Star-Spieler, von denen er sich diesbezüglich etwas abschaut, würde es jedoch nicht geben:

"Ein richtiges Idol oder einen Spieler, an dem ich mich orientiere, habe ich eigentlich nicht. Klar schaue ich den zentralen Mittelfeldspielern der Topmannschaften gerne zu, aber es gibt nicht so wirklich einen, von dem ich sage, dem eifere ich nach."

Letztlich ist es ohnehin am besten, als eigenständige Persönlichkeit und nicht als Kopie zu punkten. Als solche gehört Grillitsch zu den noch relativ frischen Gesichtern des zuletzt so starken ÖFB-Teams - wie etwa auch Shootingstar Peter Zulj, der einen weiteren Berührungspunkt zwischen Nationalteam und Hoffenheim darstellt.

Glaube an die Qualität von Robert Zulj

"Ich wünsche Robert Zulj natürlich, dass er mal dabei sein wird. Die Qualität hat er auf jeden Fall. Wenn er in Hoffenheim mehr zum Spielen kommt und dabei seine Leistung abruft, ist er sicher auch ein Kandidat fürs Nationalteam."

Florian Grillitsch

Schließlich ist sein Bruder Robert Zulj ein Vereinskollege von Grillitsch. Der Oberösterreicher hat jedoch eine aus körperlichen Gründen schwierige Debüt-Saison beim deutschen Bundesligisten hinter sich.

"Robert hatte das Pech, dass er ebenfalls gleich verletzt war, allerdings mit einer Schambeinentzündung schlimmer als ich. Eigentlich war er die ganze Hinrunde raus. Dann ist es natürlich schwer reinzukommen. Zum Schluss hin hat er es aber immer besser gemacht, ist auch immer wieder eingewechselt worden und hat auch mal von Beginn an gespielt. Ich denke und hoffe für ihn, dass es jetzt in der zweiten Saison besser läuft. Er hat auf jeden Fall viel Qualität", meint Grillitsch.

Und wer weiß, vielleicht spielt er ja bald mit zwei Zuljs in der ÖFB-Elf: "Ich wünsche Robert natürlich, dass er mal dabei sein wird. Die Qualität hat er auf jeden Fall. Wenn er in Hoffenheim mehr zum Spielen kommt und dabei seine Leistung abruft, ist er sicher auch ein Kandidat fürs Nationalteam."

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