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ÖFB-Bilanz: Rangnick "weiß jetzt sehr viel mehr"

Positives überwiegt! Was Teamchef und Spieler mitnehmen, was verbesserbar ist:

ÖFB-Bilanz: Rangnick Foto: © GEPA

16 Tage lang dauerte das erste Kennenlernen des ÖFB-Teams mit dem neuen Teamchef Ralf Rangnick.

Die ersten Trainingseinheiten, viele persönliche Gespräche und vier Spiele in elf Tagen später stellt sich die Frage, was der Personalwechsel generell bewirkt hat.

Nach dem deutlichen 0:2 in Kopenhagen gegen Dänemark geht die eingeschweißte Truppe mit einem Negativerlebnis auseinander, obwohl sich alle Beteiligten sicher sind, dass es ein erfolgreicher Start in eine neue Ära war.

"Unter dem Strich bleiben vom Lehrgang sehr positive Erkenntnisse. Wir haben in jedem der ersten drei Spiele gezeigt, dass wir mit den Gegnern nicht nur mithalten sondern ihnen Probleme bereiten und wir diese Spiele auch gewinnen können", zieht Rangnick ein erstes Fazit.

Video von Trainings und Spielen als Einstandsgeschenk

Wollte sich der 63-jährige Deutsche nicht mit einem Remis gegen Weltmeister Frankreich zufrieden geben und die knappe Niederlage in Wien gegen Dänemark akzeptieren, wurde nach dem Abschluss des Juni-Lehrgangs klar festgehalten, dass die Niederlage in Kopenhagen absolut verdient war.

Unmittelbar nach dem Schlusspfiff versammelte Rangnick seine Spieler in den Katakomben des Parken-Stadions, um die Erkenntnisse der letzten Tage noch einmal festzuhalten.

"Wir haben fünf Minuten zur Mannschaft gesprochen, natürlich nicht über taktische Details, aber wir werden auf jeden Fall aus den Spielen und den Trainingseinheiten jedem Spieler auch ein Video zukommen lassen mit Inhalten, die unsere Prinzipien betreffen."

Diese wurden vom ersten Tag an inhaliert. Die Mannschaft wirkte bereitwillig und konnte binnen kürzester Zeit schon viel von der neu installierten Philosophie des neuen Trainerteams aufsaugen und auch umsetzen. Die Bilanz: 3:0 in Kroatien, 1:2 daheim gegen Dänemark, 1:1 gegen Frankreich und 0:2 auswärts in Kopenhagen.

Rangnick "weiß jetzt sehr viel mehr"

Rangnick selbst zeigt sich zufrieden und konnte sich einen guten Eindruck über das Potenzial und die Einsatzbereitschaft seiner Schützlinge machen. Deshalb hat er auch keine Bedenken, dass sich das Negativerlebnis zum Abschluss einbrennen könnte.

"Die Jungs sind schlau genug und wissen das schon auch selber einzuschätzen. Es ist nun mal das Besondere als Nationaltrainer, dass du die Jungs nicht jeden Tag hast. Trotzdem weiß ich jetzt sehr viel mehr, als ich noch vor zwei Wochen gewusst habe", fasst das Ex-Red-Bull-Mastermind zusammen.

"Deshalb bin ich froh, dass der Lehrgang so war, wie er war. Bei mir überwiegen eindeutig die positiven Erkenntnisse", auch wenn der erfahrene Trainer festhält, dass man in Zukunft mit Sicherheit kreativ sein und "Out of the box" denken muss – vor allem, wenn der eine oder andere ausfällt.

Dass ein neuer Wind weht, ist auch jedem Außenstehenden aufgefallen. Wie oft Rangnick den Zusammenhalt und das für ihn doch überraschende Mannschaftsgefühl hervorgehoben hat, unterstreicht das.

"Neue Energie in der Mannschaft"

Und wie sehen das die Spieler selbst? Auch wenn hängende Köpfe nach dem Auftritt im Parken-Stadion Programm waren, blicken sie gerne auf die Aufbauarbeit des Juni-Lehrgangs zurück.

"Wir haben einfach gesehen, dass wir neue Energie in der Mannschaft, uns in den ersten drei Spielen richtig ausgepowert und gute Leistungen auf den Platz gebracht haben. Es ist verständlich, dass man im letzten Spiel dann ein bisschen nachlässt", fasste Kevin Danso zusammen.

Der Lens-Legionär war einer der Gewinner, der nun wieder auf eine längere Zeit im ÖFB-Team hoffen darf. Den Konkurrenzkampf sieht er positiv und als Herausforderung.

Auch sein Nebenmann Gernot Trauner versucht, das Gezeigte richtig einzuordnen. "Das ist kein Rückschritt. In Summe muss man den ganzen Lehrgang betrachten und da war auch sehr viel Positives dabei."

Nicht mehr himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt

Nach einer langen, intensiven Saison, die auch Trauner mit Feyenoord Rotterdam erlebte, war es nicht leicht, mental bereit zu sein und so viele neue Facetten des Spiels unter dem neuen Teamchef aufzunehmen.

Trotzdem sei es wichtig, nicht typisch österreichisch himmelhochjauchzend oder zu Tode betrübt zu sein.

"Wir können nicht sagen, nach dem 1:1 gegen Frankreich ist alles super und vier Tage später ist wieder nichts in Ordnung. So schnell geht es auch wieder nicht, wir müssen das Ganze betrachten", gibt Trauner zu verstehen.

Vor allem sei es ein derart positives Signal der gesamten Mannschaft gewesen, das Mut für die kommenden Aufgaben gibt, bereits im September geht es in der Nations League weiter.

Nicht alles positiv, aber Chance auf Verbesserung besteht

Xaver Schlager ist ein derart direkter Typ, der aber nicht nur das Positive anspricht, sondern auch, wo es in Zukunft noch Luft nach oben gibt, um langfristig Erfolge einzufahren.

"Es gibt sicherlich Sachen, wo wir uns verbessern müssen. Ich denke, wir haben vier Punkte, was auf der einen Seite nicht so schlecht ist, aber es hätten mehr sein können."

Die Schnittpartien mit naiven Fehlern wie beim 1:2 in Wien gegen Dänemark und dem späten 1:1-Ausgleich gegen Frankreich wurden bereits genau analysiert und dienen als abschreckendes Beispiel.

"Daran müssen wir arbeiten. Es sind einfach enge Spiele, in denen Kleinigkeiten entscheiden. Aber solche Spiele tun uns gut. Je öfter wir solche Spiele haben, desto besser werden wir", stellt Wolfsburgs Mittelfeldmotor klar.

"Wichtig, dass wir uns nicht mehr verstecken"

Dänemark gilt dabei durchaus als eine Art Vorbild, an dem man sieht, was mit konsequenter Aufbauarbeit alles möglich sein kann.

"Man sieht schon, dass das ein sehr eingeschworener Haufen bei Dänemark ist, der in so engen Spielen schon oft in der Situation war. Die nützen teilweise die erste Chance, da sind sie eiskalt. Solche Sachen können wir natürlich lernen, aber wir sind am richtigen Weg und müssen weiter hart arbeiten."

Einen interessanten Ansatz hat Schlager obendrein. "Es ist wichtig, dass wir uns nicht mehr verstecken, dass ein Umdenken herrscht und dass wir gegen solche Mannschaften auch den Anspruch haben zu gewinnen", fordert er auch als kleines Land wie Österreich mehr Selbstbewusstsein und Vertrauen auf eigene Stärken.

Die meisten Akteure werden sich auch im nächsten Rangnick-Kader wiederfinden, wobei der Chefbetreuer einmal mehr betont: "Die Nominierungen werden ein Stück weit von den Spielern selbst festgelegt, aber wir wissen durch den Lehrgang schon einiges mehr. Mich haben viel mehr Spieler positiv überrascht."

Wie es weitergeht? Im August erfolgt ein Lehrgang mit den U-Nationalmannschaften in Saalfelden, um einen guten Austausch und eine Durchgängigkeit zu gewährleiten. Doch Rangnicks Fokus liegt voll und ganz am A-Team. Besuche von Spielern in den Trainingslagern und nach Saisonstart bei ihren Klubs sind fix eingeplant.

Der Start ist geglückt. Nun gilt es, auf den positiven Erkenntnissen aufzubauen. Dass die Ära Rangnick eine erfolgreiche sein kann, davon sind der Teamchef selbst und auch seine Spieler nach den ersten Eindrücken überzeugt.

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