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FC Bayern-Dortmund: Das Duell der Philosophien

Duell der Philosophien! Nachwuchs-Kritik, alternde Bayern-Stars vs. BVB-Youngster. Analyse:

FC Bayern-Dortmund: Das Duell der Philosophien

FC Bayern gegen Borussia Dortmund.

Der Klassiker im DFB-Pokal-Semifinale (Mi., 20:45 Uhr im LAOLA1-Liveticker) wird einmal mehr zum Duell der unterschiedlichen Fußball-Ideale, einem Konflikt der divergierenden Philosophien.

In der deutschen Bundesliga musste der BVB einmal mehr die Dominanz der Münchner anerkennen. Doch während der FC Bayern München auf Stars mit Ablaufdatum jenseits der 30 Jahre setzt, versucht Thomas Tuchel mit Nachwuchsarbeit gegenzusteuern und für die Zukunft vorzubauen.

Drei Jahre älterer Altersschnitt und Stars vor dem Karriereende

Ein Blick auf die von den Vereinen offiziell geführten Profi-Kader lässt einige Tendenzen in der Struktur erkennen und unterstreicht, warum der große FC Bayern in der jüngeren Vergangenheit trotz aller Erfolge und wirtschaftlichen Meilensteine immer wieder in die Kritik geriet.

Versicherungen mahnen werblich zur Vorsorge, diese wird am Weißwurst-Äquator derzeit nicht groß geschrieben. Das Vertrauen in Top-Transfers und das Wissen über die eigenen finanziellen Mittel stellt das Entwickeln junger Eigenbauspieler oder das Formen früh erkannter Talente in den Hintergrund.


Die Ü30-Spieler im Kader:

Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17 Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17
Manuel Neuer (31) 27.3.1986 40 Roman Weidenfeller (36) 6.8.1980 11
Tom Starke (36) 18.3.1981 0 Joo-Ho Park (30) 16.1.1987 2
Philipp Lahm (33) 11.11.1983 34 Lukas Pisczek (31) 3.6.1985 34
Rafinha (31) 7.9.1985 25
Xabi Alonso (35) 25.11.1981 34
Franck Ribery (34) 7.4.1983 28
Arjen Robben (33) 23.1.1984 33

Der offizielle 23-Mann-Kader des Rekordmeisters weist aktuell einen Schnitt von 27,26 Jahren auf - ein überdurchschnittlich altes Aufgebot. Der schwarz-gelbe Erzrivale hingegen baut beim 27-Mann-Kader auf einen Alters-Durchschnitt von 24,93 Jahren, also fast drei Jahre jünger.

Noch entscheidender: Bei Dortmund zählen bereits mehrere U21-Teamspieler zum Stamm, andere sind knapp dran. Doch Bayern hat die Prioritäten anders gesetzt, sieht sich jedoch durch das Karriereende von Philipp Lahm und Xabi Alonso sowie die auslaufende Laufbahn von Franck Ribery oder Arjen Robben zum Handeln gezwungen.

Ü30-Bayern gegen Dortmunds junge Wilde

Aktuell hat der angehende deutsche Meister 2017 sieben Ü30-Akteure in den Reihen, fünf davon zählen zum absoluten Stammpersonal, zusätzlich bekommt Rafinha immer wieder seine Chancen, wenn auch nicht oft von Beginn an.

Die restlichen Leistungsträger sind fast alle zwischen 25 und 30 angesiedelt, den meisten fehlt nicht mehr viel auf die 30er-Grenze, wie Arturo Vidal, Jerome Boateng, Mats Hummels, Javi Martinez oder Robert Lewandowski.


Kaderspieler zwischen 25 und 30 Jahre:

Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17 Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17
Sven Ulreich (28) 3.8.1988 5 Roman Bürki (26) 14.11.1990 34
Jerome Boateng (28) 3.9.1988 17 Sokratis (28) 9.6.1988 35
Mats Hummels (28) 16.12.1988 40 Sven Bender (27) 27.4.1989 5
Javi Martinez (28) 2.9.1988 35 Mark Bartra (26) 15.1.1991 29
Thiago Alcantara (26) 11.4.1991 38 Marcel Schmelzer (29) 22.1.1988 34
Arturo Vidal (29) 22.5.1987 38 Gonzalo Castro (29) 11.6.1987 37
Douglas Costa (26) 14.9.1990 31 Sebastian Rode (26) 11.10.1990 19
Thomas Müller (27) 13.9.1989 37 Nuri Sahin (28) 5.9.1988 8
Robert Lewandowski (28) 21.8.1988 42 Shinji Kagawa (28) 17.3.1989 25
Marco Reus (27) 31.5.1989 18
Andre Schürrle (26) 6.11.1990 25
Pierre-Emerick Aubameyang (27) 18.6.1989 40

Beim BVB beschränkt sich das Angebot an Spielern über 30 Jahre auf drei Stück, nur einer davon spielt regelmäßig. Zwischen 25 und 30 Jahren haben die Westfalen sechs Stammspieler, von denen allerdings nur Marcel Schmelzer, Gonzalo Castro und Sokratis dem 30er halbwegs nahe kommen.

Entscheidend wird es ohnehin erst in den unteren Regionen, wo der deutliche Unterschied der Philosophie-Wahl der beiden Vereine zum Tragen kommt.

David Alaba und Joshua Kimmich als Ausnahmen

David Alaba etwa darf beim FC Bayern schon durchaus als Ausnahme betrachtet werden, da der ÖFB-Teamspieler als einziger Akteur unter 25 Jahren tatsächlich fast immer erste Wahl ist. Doch auch beim Linksverteidiger läuft die Zeit, schon im Juni feiert er seinen 25. Geburtstag.

Dann wäre da noch Joshua Kimmich, mit 22 Jahren wirklich noch jung und talentiert. Einige Einsätze stehen auch zu Buche, doch an den großen Stars kommt er noch nicht vorbei. Vorstands-Boss Karl-Heinz Rummenigge bekräftigte aber bei "Sky": "Er wird, das ist ziemlich klar, bei uns Nachfolger von Philipp Lahm."

Auf der rechten Außenbahn, das sei der Plan von Trainer Carlo Ancelotti. Dort kam er aber seit Dezember nicht mehr zum Einsatz, insgesamt nur 205 Saison-Minuten auf dieser Position unter dem Italiener. Vertrauen in einen aufstrebenden DFB-Teamspieler sieht anders aus.


Kaderspieler von U21 bis 25 Jahre:

Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17 Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17
David Alaba (24) 24.6.1992 42 Hendrik Bonmann (23) 22.1.1994 0
Juan Bernat (24) 1.3.1993 21 Matthias Ginter (23) 19.1.1994 36
Joshua Kimmich (22) 8.2.1995 36 Raphael Guerreiro (23) 22.12.1993 29
Erik Durm (24) 12.5.1992 15
Julian Weigl (21) 8.9.1995 39
Mario Götze (24) 3.6.1992 16

Und der BVB? Der hat mit Julian Weigl (21) einen Youngster, der ganz knapp nicht mehr den Cut zum U21-Spieler schafft, zum absoluten Dauerbrenner gemacht. Auch Matthias Ginter und Raphael Guerreiro sind erst jeweils 23 Jahre alt. Und da wäre ja auch noch ein gewisser Mario Götze, der ohne der aktuellen Krankheits-Geschichte mit 24 Jahren sein enormes Potenzial einfließen lassen würde.

BVB-Youngster mit überragenden Werten

Bei den U21-Spielern mit Stichtag 1.1.1996 trennt sich die Spreu vom Weizen. Bayern kann auf vier Spieler dieser Altersklasse zurückgreifen. Kingsley Coman (20) und Renato Sanches (19) bekommen auch ihre Einsätze, sind jedoch längst nicht erste Wahl.

Fabian Benko (14 Minuten im DFB-Pokal) und Niklas Dorsch (0 Einsäze) kommen gar nicht zum Zug. Noch nicht zum Profi-Kader, aber im erweiterten Kreis sind etwa auch ÖFB-Legionär Marco Friedl oder Götze-Bruder Felix, für die bisher jedoch die Ersatzbank das Höchste der Gefühle war.

Das läuft bei der Borussia anders. Ousmane Dembele ist mit 43 Einsätzen, 8 Toren und 19 Assists schon im Alter von 19 Jahren unverzichtbar, ebenso Christian Pulisic, der im zarten Alter von 18 nicht nur 38 Saison- (7 Tore, 11 Assists), sondern insgesamt schon 50 Pflichtspiele für den BVB bestritten hat.


U21-berechtigte Kaderspieler:

Spieler

Geburtsdatum Einsätze 2016/17 Spieler Geburtsdatum Einsätze 2016/17
Kingsley Coman (20) 13.6.1996 23 Felix Passlack (18) 29.5.1998 18
Renato Sanches (19) 18.8.1997 23 Ousmane Dembele (19) 15.5.1997 43
Niklas Dorsch (19) 15.1.1998 0 Christian Pulisic (18) 18.9.1998 38
Fabian Benko (18) 5.6.1998 1 Emre Mor (19) 24.7.1997 19
Alexander Isak (17) 21.9.1999 1
Mikel Merino (20) 22.6.1996 9


Dazu kommen Emre Mor (19) und Felix Passlack (18), die regelmäßig schnuppern dürfen. Mikel Merino (20) ist noch nicht ganz angekommen, Alexander Isak ist mit gerade erst 17 auch schon nah dran.

Wie reagiert Bayern in der kommenden Saison?

Doch der FC Bayern ist um Besserung bemüht. Mit Niklas Süle holt man einen 21-jährigen Shootingstar aus Hoffenheim. Eine Verjüngung ist aufgrund der Abschiede von Lahm und Alonso dabei vorprogrammiert, ob er spielen wird, ist jedoch eine andere Frage, bei der großen defensiven Konkurrenz wie Hummels, Boateng oder Martinez.

Sebastian Rudy kommt ebenfalls von der TSG, ist universell einsetzbar, aber mit 27 Jahren nicht mehr der Jüngste. Am Erfreulichsten aus ÖFB-Sicht ist der in Kraft tretende Profi-Vertrag von Friedl ab Juli, doch die jüngere Erfahrung hat gelehrt, dass die Beförderung nicht gleichbedeutend mit dem Durchbruch ist.

Auch bei der Borussia stehen bereits Sommer-Neuzugänge fest. Mit Ömer Toprak hat man sich einen erfahrenen Routinier geangelt, der den Altersschnitt hebt. Mit Mahmoud Dahoud (21) aus Gladbach wird jedoch der eingeschlagene Weg mit einem talentierten Youngster fortgesetzt. Zudem wird Jacob Bruun Larsen mit erst 18 aus dem Nachwuchs hochgezogen.


Für Sommer bereits bestätigte Neuzugänge:

Spieler Geburtsdatum letzter Verein Spieler Geburtsdatum letzter Verein
Niklas Süle (21) 3.9.1995 TSG Hoffenheim Ömer Toprak (27) 21.7.1989 Bayer Leverkusen
Sebastian Rudy (27) 28.2.1990 TSG Hoffenheim Mahmoud Dahoud (21) 1.1.1996 Gladbach
Marco Friedl (19) 16.3.1998 FC Bayern U19 Jacob Bruun Larsen (18) 19.9.1998 Dortmund U19

Über diverse Leih-Rückkehrer wird erst entschieden, auch das Transferkarussell nimmt erst Fahrt auf. Während der BVB durch das Angebot an aufstrebenden Talenten mehr aus den eigenen Reihen abdecken kann, muss Bayern reagieren. Denn aus dem eigenen Nachwuchs kommt derzeit - viele behaupten seit David Alaba - nicht mehr viel nach.

Kritik am Bayern-Nachwuchs: "Schwachstelle", "Anschluss verloren"

Ob Ralf Rangnick, Uli Hoeneß, Rummenigge oder die Ex-Spieler Lothar Matthäus und Markus Babbel - sie alle prangerten erst kürzlich die nicht zufriedenstellende Nachwuchsarbeit des FC Bayern in den vergangenen Jahren an.

"Bei Bayern München hat man in den letzten fünf Jahren überhaupt nicht mehr auf diesen Bereich geschaut, hat keinen großen Wert mehr drauf gelegt", meinte der RB-Leipzig-Boss. Luzern-Trainer Babbel meinte im "Blick": "Bei den Bayern-Junioren werden die Jungs nicht auf die Zukunft vorbereitet. Da geht's nur darum: Schafft er es bei Bayern oder nicht?" Zuletzt habe es jedoch "eigentlich keiner" geschafft.

Klub-Ikone Matthäus kritisierte das Investieren von Millionen in junge Spieler, wenn man sich stattdessen selbst ein Fundament bauen könnte: "Diese Stars werden von den Fans geachtet und angefeuert, geliebt werden aber Spieler wie Lahm, Badstuber oder vorher Schweinsteiger."

Rummenigge forderte Verbesserung in den eigenen Reihen: "Wir müssen uns ehrlich eingestehen, dass wir in den zurückliegenden Jahren bei der Nachwuchsförderung sowohl national als auch international etwas den Anschluss verloren haben." Künftig wolle man "offensiver und entschlossener" auftreten.

Es muss sich etwas ändern, das tat auch Hoeneß gleich bei seiner Wahl zum Präsidenten kund: Der Unterbau sei "eine der Schwachstellen des Vereins. Wir haben beschlossen, die Nachwuchsarbeit total zu verändern, wir werden viel mehr Wert darauf legen. Vielleicht kommen wir auch mal wieder an die Spitze Europas, wo wir gerade absolut nicht sind."

Der FC Bayern ist sich des Aufholbedarfs bewusst. Wenn etwas kritisiert werden kann, dann die Verfehlungen im Nachwuchs. Die Erfolge und Titel kaschieren das Problem aber größtenteils. Durch das fortschreitende Alter der Stars wird aber schon bald nachgerüstet werden müssen. In dieser Hinsicht kann der BVB aus dem Vollen schöpfen. Zum Aufbau eigener Hoffnungsträger sind punktuelle Verstärkungen auf beiden Seiten jedoch auch in Zukunft nicht wegzudenken.


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