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Aiwus "unglaubliche" Feuertaufe bei Rapid

von Alexander Karper Foto: © GEPA

Das erste Spiel ist immer eine Standortbestimmung.

Meist hat man Vorlaufzeit, bestreitet mit seinem neuen Klub bereits ein paar Freundschaftsspiele, startet mit überschaubar schwierigen Cup-Aufgaben oder ersten Bundesliga-Minuten.

Bei Emanuel Aiwu heißt es beim SK Rapid: Von Null auf Hundert in wenigen Tagen. Am vorletzten Transfertag wurde sein Wechsel von der Admira nach Wien-Hütteldorf – nicht ohne lautstarke Nebengeräusche – realisiert.

Durch die Länderspielpause und Aiwus U21-Ausflug blieben nur wenige Tage, um mit dem neuen Team zu trainieren, geschweige denn für den Ernstfall zu proben. Gegen Ex-Klub Admira war die Ersatzbank noch das Höchste der Gefühle, bei der 0:1-Last-Minute-Heimpleite gegen KRC Genk (Spielbericht >>>) dann die Feuertaufe.

"Ich bin überglücklich, dass ich mein Debüt für diesen großartigen Verein machen durfte. Es war ein unglaubliches Gefühl vor dieser Kulisse spielen zu dürfen, vor diesen Fans, das war wirklich einzigartig. Es hat mich persönlich gefreut, aber ich bin auch sehr enttäuscht, dass wir am Schluss nichts Zählbares mitnehmen konnten", war Aiwu nach dem Spiel noch euphorisiert.

"Bin ein Spieler, der an seine Stärken glaubt" – egal wo

"Ich bin überglücklich, dass ich mein Debüt für diesen großartigen Verein machen durfte. Es war ein unglaubliches Gefühl vor dieser Kulisse spielen zu dürfen, vor diesen Fans, das war wirklich einzigartig."

Emanuel Aiwu

Neuer Klub, neue Erfahrung, neues Niveau auf internationaler Bühne – doch der gerade einmal 20-Jährige stand dort seinen Mann, wo man ihn nicht unbedingt erwarten durfte.

Auffällig agiert der Defensivspezialist auf und abseits des Platzes. Mit seiner Haarpracht ist er unverkennbar, mit seinen Qualitäten zählt er den größten Talenten seiner Generation in Österreich. Die Konzentration war von der ersten Minute an gegeben – im defensiven Mittelfeld, wo Aiwu bei den Südstädtern davor eher weniger zum Einsatz kam, dort war er meist – aber auch nicht immer - als Innenverteidiger gesetzt.

Dass er die Position spielen kann, hat er aber auch schon in der Vergangenheit gezeigt, vor allem Werner Gregoritsch setzt im U21-Nationalteam immer wieder auf die zentralere Rolle des aufstrebenden Jungspunds, der im Dezember seinen 21. Geburtstag feiert.

"Klar war ich ein bisschen nervös vor dem Spiel. Nervosität ist normal. Aber ich bin ein Spieler, der an seine Stärken glaubt und ich habe gewusst, dass es ein einzigartes Spiel wird – mein Debüt für Rapid, in der Europa League. Aber ich habe selber zu mir gesagt: Bleib‘ ruhig, glaube an deine Stärken und schaue, dass du deine Stärken ins Spiel einbringst und so möglichst gut der Mannschaft helfen kannst", ist der Youngster vor allem medientechnisch sehr weit für sein Alter und teilt seine ersten grün-weißen Eindrücke gerne mit der Außenwelt.

Kühbauer lobt Debütanten nach Feuertaufe

Aiwu fügte sich gut ein in Kühbauers Team: Hellwach, mit Zweikampfstärke, mit gutem Stellungsspiel und öffnenden Pässen heraus.

"Ich denke, dass er ein sehr gutes Spiel gemacht hat. Erste Hälfte war er wie alle anderen nicht so im Spiel drin, aber hat dann schon sehr viel Präsenz gezeigt und sehr viel Ruhe ausgestrahlt. Für das erste Spiel für Rapid auf internationaler Bühne war das sehr, sehr gut", lobte Trainer Didi Kühbauer den Shootingstar.

Trotzdem offenbarte sich, dass Aiwu bei weitem noch kein kompletter Spieler ist, was in diesem Alter absolut verständlich ist.

Ogerls Augerl: Emanuel Aiwu (Admira) Bundesliga - Analyse Andy Ogris nimmt Österreichs Talente ganz genau unter die Lupe:

Seine unnötige Gelbe Karte bereits in der 29. Minute sorgte dafür, dass er lange Zeit Vorsicht walten lassen musste. Jugendlicher Übereifer könnte man fast meinen, denn als er seinem Gegenspieler in die Beine lief, war keine Gefahr in Verzug.

Sonderapplaus auf neuer, ungewohnter Bühne

Aiwu sammelte aber abgesehen davon sofort Pluspunkte im mit 18.400 Zuschauern gut besuchten Allianz-Stadion.

Mit seinem Einsatz in der 37. Minute holte er sich Standing Ovations ab, als er zuerst Thorstvedt zu einem Fehlpass zwang, nicht abschaltete und gleich darauf den im Spiel gebliebenen Ball abgrätschte. In der 54. Minute vereitelte er eine Hereingabe vor dem Block West und löste Begeisterungsstürme aus. Ansonsten zeigte er die vom Trainer gelobte Ruhe und Übersicht am Ball.

Hohes Niveau, hohe Anforderungen. Ein Hauptbewerb, ein Gruppenspiel im Europacup war Neuland für den SCR-Neuzugang. Zwischenzeitliches Durchatmen konnte man dem ÖFB-Nachwuchsteamspieler nicht verdenken, das eine oder andere Mal war das wieder hinter den Ball kommen ausbaufähig.

Rapid enttäuscht: "Wieder eine in die Fresse" Europa League Kühbauer sah Rapid nicht schlechter. Späte Tore als neues Manko.

Bisher kam er nur in den Genuss eines Quali-Einsatzes mit der Admira, 2018 im Heimspiel gegen ZSKA Sofia. Auch in der Youth League sammelte er Erfahrungen ebenfalls im Herbst 2018 gegen RSC Anderlecht, allerdings gegen damals Gleichaltrige auf dem Weg in den Erwachsenen-Fußball.

Perfektes Debüt war Aiwu nicht vergönnt, aber Talentprobe bestanden

Bei Rapid wird er öfter in den Genuss kommen. Nicht umsonst hat er internationale Angebote, die er zweifelsohne in den letzten Monaten schon hatte, ausgeschlagen. Der Euroapacup war mit Sicherheit ein guter Grund für eine Übersiedlung nach Wien-Hütteldorf.

Die neue Erfahrung zeigte aber auch Wirkung. Am Ende war er schon von Krämpfen geplagt, biss sich aber tapfer und voller Adrenalin durch die 90 Minuten – plus Nachspielzeit, die ihm ein erfolgreiches Debüt kostete.

"Wir haben gewusst, dass es kein einfaches Spiel wird und Genk eine Mannschaft mit viel Qualität ist. Wir haben aber auch gewusst, dass wenn wir unser Spiel durchziehen, hinten gut stehen und vorne Nadelstiche setzen, wir zu Chancen kommen. Das ist uns gelungen, wir hatten einige Chancen, sie auch. Es war ein offenes Spiel. Mit etwas Glück hätten wir auch was Zählbares mitnehmen können", ärgerte sich Aiwu über den Ausgang. "Es hat uns ein bisschen die Effizienz gefehlt."

Die richtige Einstellung bringt der Neue schon einmal mit. Wo er den Wienern am meisten helfen kann, wird sich noch herauskristallisieren. Im defensiven Mittelfeld hat er nunmal eine Talentprobe abgegeben – nicht mehr, nicht weniger. Generell ist Rapid aber vor der Abwehr besser besetzt als in der Innenverteidigung.

Auf jeden Fall geht es für Aiwu Schlag auf Schlag. Nach dem EL-Debüt wartet der hitzige Showdown auswärts bei RB Salzburg. Würde er dort seinen ersten Sieg im Rapid-Dress feiern, würde das definitiv über das bittere Ende gegen Genk hinwegtrösten.

Textquelle: © LAOLA1.at