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Corona-Chaos: Alles über das Mega-Meeting der UEFA

Entscheidung über EURO, Klub-WM und Meisterschaften. Alles über das Mega-Meeting:

Corona-Chaos: Alles über das Mega-Meeting der UEFA Foto: © getty

Die Fußball-Welt wartet gespannt auf Dienstagabend. Dann wird nämlich eine Entscheidung über die Verlegung der EURO 2020 erwartet. Am frühen Nachmittag besprechen die 55 Mitgliedsverbände via Telefonkonferenz die aktuelle Situation.

Dass die Europameisterschaft wie geplant vom 12. Juni bis 12. Juli in zwölf Ländern durchgeführt wird, erscheint aufgrund der Coronavirus-Pandemie illusorisch. Schließlich müssten die Teams einen Monat quer über den Kontinent bis nach Asien (Baku) reisen. Zudem stehen vier EM-Starter noch gar nicht fest und auch die nationalen Meisterschaften sollen im Idealfall noch zu Ende gespielt werden.

Dementsprechend geht es bei der Telefonkonferenz nicht nur um die EURO-Terminisierung. Auch über viele weitere, damit zusammenhängende Themen wird an diesem Dienstag wohl entschieden. Eine derartige Mega-Konferenz mit derart vielen offenen Fragen gab es mit Sicherheit noch nie zuvor in der Geschichte des internationalen Fußballs.

Elefanterunde mit mehreren Telefonkonferenzen

Geplant sind mehrere Telefonkonferenzen. An der Elefantenrunde sollen Vertreter der 55 UEFA-Mitgliedsverbände sowie die Führungsriegen der Club-Vereinigung ECA, des Ligen-Interessenverbundes European Leagues und der Spielergewerkschaft FIFPro teilnehmen.

"Die Diskussionen umfassen alle nationalen und europäischen Wettbewerbe, einschließlich der EM 2020", teilte die UEFA mit. Für den ÖFB nehmen Präsident Leo Windtner, Geschäftsführer Bernhard Neuhold und Generalsekretär Thomas Hollerer teil.

Ein EM-Eröffnungsspiel in Rom in weniger als drei Monaten ist nicht vorstellbar. Italien ist abgeriegelt, an Fußball derzeit in kaum einem europäischen Land zu denken. Im Grunde gibt es - von der kompletten Absage des Turniers abgesehen - zwei Szenarien, die aber jeweils weitere Probleme mit sich bringen.

DIE WINTER-EM

Diskutiert wird laut übereinstimmenden Medienberichten über die Verlegung des Turniers in den kommenden Herbst/Winter. Die Endrunde würde dann fast genau zwei Jahre vor der WM 2022 in Katar ausgetragen werden.

Dafür müssten aber fast alle europäischen Ligen ihren bereits festgezurrten Zeitplan für die Saison 2020/21 ändern und die Spielzeit für die EM unterbrechen. Noch komplizierter ist das momentan, weil niemand mit Sicherheit sagen kann, ab wann und wie wieder regulär gespielt werden kann.

Für die Katar-WM muss der Fußball-Kalender aber ohnehin umgeschmissen werden, auch wenn eine weniger abrupte Umstellung geplant war.

DIE SOMMER-EM

Logisch erscheint die Verlegung ins kommende Jahr. Alle Teilnehmer und Gastgeber hätten ähnliche Voraussetzungen wie es sie in diesem Sommer gegeben hätte.

Nur würde die EM mit der neuen Club-WM des Weltverbandes FIFA kollidieren, die im Sommer 2021 in China ihre Premiere feiern soll.

Die UEFA müsste hart mit FIFA-Präsident Gianni Infantino verhandeln, der seit Monaten mit millionenschweren Preisgeldern um die Top-Clubs wirbt. Lenkt er ein und verschiebt sein eigenes Turnier, könnte die UEFA der FIFA mit der Abstellung mehrerer Top-Clubs entgegenkommen.

Einzige Chance für nationale Meisterschaften

Unabhängig davon, ob die EM in den Winter oder Sommer verlegt wird - die nationalen Ligen hätten einen Monat mehr Zeit, einen Weg aus der Coronavirus-Krise zu finden. Statt Ende Mai müsste erst Ende Juni Schluss sein, die meisten Spielerverträge enden am 30. Juni.

Ob das ausreicht, ist aktuell aber nicht abzuschätzen. Experten rechnen nicht damit, dass die steigenden Temperaturen im Sommer zu einer erheblichen Verbesserung beitragen. Möglicherweise wird die EM also verlegt, und es wird trotzdem in den Ligen kein Fußball gespielt.

Dann könnten sogar auch Forderungen nach einer Anpassung der Saisons in den wichtigsten europäischen Ligen an das Kalenderjahr laut werden. Auf der Rechnung haben sollte man zudem mögliche Zwischenlösungen der UEFA. Möglicherweise wird die EM nur auf einen unbestimmten Zeitpunkt verschoben, sodass der Europa-Verband mehr Zeit für Absprachen mit den Ligen und der FIFA hat.

Klubs mit massiven finanziellen Problemen

Nimmt man die NBA als Gradmesser - die nordamerikanische Basketball-Profiliga geht von einer Pause bis mindestens Juni aus -, dann bleiben die nationalen Meisterschaften wohl unvollendet. Und selbst wenn die UEFA tatsächlich festlegt, die Europacup-Viertelfinali in einem Match auszutragen und anschließend die Titel in Mini-Turnieren mit je vier Teilnehmern zu vergeben, würde es dafür nur ein enges Zeitfenster geben.

Genau das bringt die Klubs in massive Bedrängnis. Durch die Streichung der Spiele fehlt die Geschäftsgrundlage, europaweit ist bereits von Verlusten in Milliardenhöhe die Rede. In Deutschland warnten Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge und Dortmund-Chef Hans-Joachim Watzke vor massiven Probleme vor allem für kleinere und mittlere Vereine, in Österreich forderten die beiden Rapid-Geschäftsführer Zoran Barisic und Christoph Peschek bereits Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Und schließlich stellt sich noch die Frage, wie man im Fall des Falles mit abgebrochenen Meisterschaften umgeht. Dabei geht es darum, ob es einen offiziellen Meister und Absteiger geben soll, selbst wenn nicht alle Runden ausgetragen wurden. Auch die Vergabe der Europacup-Plätze wäre dann offen.

Fällt Liverpool um Titel um?

In diesem Zusammenhang entwickelte sich beispielsweise in England die Diskussion, ob man Liverpool den Titel auch bei einer Liga-Absage zusprechen sollte. Die "Reds" haben derzeit 25 Punkte Vorsprung, sie könnten aber durch die jüngsten Entwicklungen theoretisch um die lange herbeigesehnte erste Meisterschaft seit 30 Jahren umfallen.

In Österreich wäre bei einem kompletten Saisonabbruch wohl vor allem der LASK der Leidtragende. Die Linzer führen nach dem Ende des Grunddurchgangs die Bundesliga-Tabelle an und hätten zudem noch einen attraktiven Europacup-Auftritt vor sich. Selbst wenn das Auswärtsspiel gegen Manchester United nach dem Heim-0:5 im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League nur noch statistischen Wert hat, würden die Oberösterreicher wohl schon alleine aus Prestigegründen ungern auf ein Gastspiel im Old Trafford verzichten.

UEFA will nach aktuellem Stand werten

Die UEFA hat angeblich eine andere Variante parat: Laut der spanischen "As" will sie ihren Verbänden nämlich empfehlen, die Ligen nach dem aktuellen Stand zu werten, sollte eine Fortsetzung nicht möglich sein.

Die endgültige Entscheidung obliegt allerdings den jeweiligen Ligen. Sollte die Bundesliga jedenfalls der Empfehlung der UEFA folgen, wäre die Meister-Serie des FC Red Bull Salzburg beendet und der LASK zum zweiten Mal in seiner Geschichte, erstmals seit 1965 österreichischer Champion.

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