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Träge und Schläge

Auf dem Feld ist die EURO 2016 träge, auf den Straßen geht es in die falsche Richtung.

Träge und Schläge

Eine auf dem Spielfeld etwas träge EURO 2016 nimmt auf den Rängen und in den Straßen außerdem in die falsche Richtung Fahrt auf. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Auf dem Platz

Die ersten Achtelfinalisten stehen in Frankreich fest und bevor der Mittwoch zu Ende ist, wissen wir auch, ob Österreich zu ebendiesen zählen wird. Das ist alles andere als gewiss und der letzte Satz des letzten Eintrags an dieser Stelle gilt auch nach dem 0:0 gegen Portugal: Es bleibt die demütige Hoffnung, dass irgendetwas Gutes passiert. Der erkämpfte Punkt in einem absurden Spiel, das man wahrscheinlich nur einmal im Leben nicht verliert, war vielleicht ein bisschen Balsam für die Moral. Die unzähligen Schwachpunkte, die die Mannschaft seit Beginn der EURO aufweist, konnten mit dem Glückspunkt nicht verdeckt werden. Das ÖFB-Team wird Island nicht ausspielen können, dazu reicht es im Moment nicht. Ein ähnlicher „Kampfmodus“ wird nötig sein, nur eben auch nach vorne. Wieder kein Tor, heißt ab nach Hause.

Das Stichwort „kein Tor“ führt zu einer der wesentlichen Beobachtungen, die sich aktuell zur Gruppenphase schon festmachen lassen. Mittlerweile sind alle Nationalmannschaften, die ernsthaft kompetitiv an der EURO- oder WM-Quali teilnehmen, meistens in der Lage, auf hohem Niveau zu verteidigen. Egal, ob Rumänien oder Albanien sich gegen die geballte Offensive-Power Frankreichs stemmen oder Schweden gegen geduldig aufbauende Italiener. Das Einmaleins des Tore-Verhinderns haben alle drauf. Selbst eine Mannschaft im umfassenden Krisen-Modus wie Österreich schafft gegen wild anrennende Portugiesen einen Punkt. Wenn sich die größere Klasse (Frankreich) oder strategische Überlegenheit (Italien) durchsetzen, dann erst spät. Wenn die Kräfte nachlassen und die Konzentration gezwungenermaßen abnimmt.

"Das eine oder andere Scharmützel gab es noch von anderen "Prügelpauschaltouristen", die heuer nach Frankreich statt Mallorca abgebogen sind"

Deswegen gibt es insgesamt nur wenig klare Ergebnisse und vor allem oft späte Entscheidungen. Nur wenn sich zwei Teams treffen, die auf Augenhöhe agieren, dann ist der Spielverlauf anders. Italien gegen Belgien fallen mir da ein, oder Deutschland und Polen. Vielleicht auch ein bisschen die Schweiz gegen Frankreich. Und offenbar bewirkt die Tatsache, dass 16 Teams in die nächste Runde aufsteigen, auch eine gewisse Risikovermeidung. Es braucht nicht gar so viel, um nicht unter den acht Losern zu sein. Das alles erzeugt eine gewisse Trägheit im Turnier, die den geneigten Fußballfan bisher nicht unbedingt vom Sofa gerissen hat. Das wird sich wohl erst im Viertelfinale ändern. Davor gibt es im Achtelfinale noch allzu oft die gleiche Konstellation wie in der Gruppenphase. Zum Beispiel wenn Österreich gegen Deutschland oder Spanien spielen würde.

Auf der Tribüne

Was diese EURO außerdem zu einem nicht uneingeschränkt freudigen Ereignis werden lässt, sind neben latenter Terrorangst die teilweise wirklich üblen Gesellen, die sich auf den Tribünen und in den Gassen der Austragungsorte herumtreiben. Russische und englische Hooligans prügeln sich ihre Glatzen und Wampen weich. Fanklubabordnungen von Hajduk Split, Dinamo Zagreb und aus Rijeka sind auch unterwegs und tragen einen inner-kroatischen Konflikt (Details hier und hier nachzulesen) zur Europameisterschaft. Sie haben kein Interesse an ihrer Nationalmannschaft, sie wollen gegen den Verband sowie gegen den dort sehr einflussreichen, umstrittenen Zdravko Mamic (einer der mächtigen Männer von Dinamo Zagreb) protestieren. Coach Ante Cacic wird ebenfalls diesem Umfeld zugeordnet. Die Aufmerksamkeit war den Fanklubs jedenfalls mit der erzwungenen Spielunterbrechung gegen die Tschechen gewiss. Die Kroaten gewannen in Folge des Chaos ein schon sicher in der Tasche befindliches Match doch nicht. Ziel erreicht.

Die Typen, die bei Spielen der ungarischen Mannschaft mit ihren schwarzen T-Shirts die ersten Reihen besetzen, sind ebenfalls bereits unangenehm aufgefallen und das eine oder andere Scharmützel gab es noch von anderen „Prügelpauschaltouristen“, die heuer nach Frankreich statt Mallorca abgebogen sind. Macht keinen Spaß, will niemand sehen. Zusammen mit einer einigermaßen überforderten Exekutive ergibt das eine giftige Mischung. Man fragt sich, was da eigentlich dazugelernt wurde, nach Jahrzehnten an Erfahrungen mit Fußball-Hooligans. Umso mehr sollten trotz allem jene erwähnt werden, die immer und überall wo sie hinkommen, positiv in Erscheinung treten. Was die irischen Kicker auf dem Feld meistens nicht hinkriegen, können ihre Fans umso mehr: Sie sind Weltklasse (Hier anzusehen)!


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