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Analyse: Kann Schöpf die Alaba-Rolle?

Schöpf soll Alaba ersetzen. Warum gerade er? Und kann er das überhaupt?

Analyse: Kann Schöpf die Alaba-Rolle?

Drei Länderspiele bestritt Alessandro Schöpf bisher.

Drei Mal wurde er für David Alaba ein- oder ausgewechselt. Marcel Koller sieht den 22-Jährigen also zweifellos als Ersatzmann für seinen Superstar.

Beim 2:1 gegen Malta durfte sich der Schalke-Profi in dieser Rolle erstmals von Beginn an beweisen. Eine Aufgabe, mit der er zwar teilweise überfordert schien, die er aber immerhin für sein erstes Länderspiel-Tor nutzte.

Dazu aber später mehr. Denn alleine die Tatsache, dass Schöpf nun überhaupt im EM-Kader steht, gleicht einem kleinen Wunder. Teamchef Koller nimmt nur äußert selten neue Spieler in den erlauchten Kreis seines Kaders auf.

Anderen Youngsters wie Florian Grillitsch oder Michael Gregoritsch blieb diese Ehre trotz ebenfalls guter Leistungen in der deutschen Bundesliga verwehrt. Warum hat sich Koller also ausgerechnet für Schöpf entschieden?

Im Video spricht Schöpf selbst über sein Startelf-Debüt, außerdem wird er von seinen Mannschaftskollegen und Teamchef Koller mit Lob überhäuft:


Schöpf profitiert vom Pech eines Anderen

Für die Antwort auf diese Frage müssen wir in die Vergangenheit blicken. Am 15.11.2014 bestritt Christoph Leitgeb beim 1:0-Sieg daheim gegen Russland sein bis dato letztes Länderspiel für Österreich. Wie Schöpf gegen Malta fungierte auch Leitgeb damals als Alaba-Ersatzmann.

Der 31-jährige RBS-Profi hätte seinen Kaderplatz unter Koller wahrscheinlich noch heute sicher, wäre ihm nicht diese hartnäckige Knie-Verletzung dazwischen gekommen. Aufgrund des Ausfalls des Steirers musste sich der Teamchef aber nach einem neuen Alaba-Ersatzmann für seinen EM-Kader umsehen.

Die lange Suche nach dem Leitgeb-Nachfolger

Zunächst gab Koller Yasin Pehlivan eine Chance. Den ehemaligen Türkei-Legionär kannte der Schweizer von Einberufungen zu Beginn seiner Amtszeit. Mit Robert Gucher und Stefan Schwab probierte er wenige Lehrgänge später sogar ganz frische Kräfte aus.

Alle drei genannten Namen konnten Koller jedoch nicht vollends überzeugen. Der Teamchef hat eine genaue Vorstellung davon, welchen Spielertyp er auf dieser Position haben will. Der gesuchte Mittelfeldmann muss wendig sein, den Ball auch in Bedrängnis behaupten können und im Optimalfall auch defensiv stark mitarbeiten.

Um einen solchen Kicker zu finden, musste Koller gar nicht weit in die Ferne schweifen. Er fand ihn direkt vor seiner Haustür im eigenen Nachwuchs-Stall. Denn bei der ÖFB-U21 wusste ein junger Tiroler als offensiver Spielgestalter im zentralen Mittelfeld zu überzeugen, obwohl er bei seinem Klub zumeist am Flügel zum Einsatz kommt – Alessandro Schöpf.

Auch in der LAOLA1-Dreierkette wird über Schöpf diskutiert:


Deswegen erhält Schöpf den Vorzug gegenüber Grillitsch

Im März dieses Jahres wurde der Deutschland-Legionär von Koller erstmals in den Nationalteam-Kader berufen. Viele hatten damals eher mit einer Nominierung von Werder-Youngster Grillitsch gerechnet als mit Schalke-Ergänzungsspieler Schöpf.

Schließlich fühlt sich auch der Bremer auf der vakanten Position in der Mittelfeld-Zentrale wohl. Der Niederösterreicher ist jedoch ein ganz anderer Spielertyp als von Koller gesucht. Grillitsch fungiert bei Werder als Spielmacher vor der Abwehr, der eher durch seine Übersicht glänzt als durch Agilität und Dribblings auf engem Raum. Er entspricht mehr der Baumgartlinger-Rolle, für die es mit Stefan Ilsanker schon eine Nummer zwei gibt, als dem Leitgeb-Typus.

Deswegen bekam schlussendlich Schöpf den Vorzug. Er ist der einzige Spieler, der erst nach der erfolgreichen EM-Qualifikation in den Kader aufgenommen wurde. Das alleine zeigt seine Ausnahmestellung.

Malta-Spiel: Zwiespältige Bilanz

Gegen Malta gab der ehemalige Nürnberger nun seine erste große Bewährungsprobe als Alaba-Ersatzmann ab. Die Bilanz danach fällt zwiespältig aus.

Mit seinem wunderschön herausgespielten Treffer sowie weiteren gefährlichen Aktionen in Strafraumnähe wusste der nominelle Flügelspieler im letzten Angriffsdrittel zu gefallen. Im Spielaufbau hinterließ die ungewohnte Position jedoch Spuren. 

Nach 45 Minuten kam Schöpf auf lediglich 28 Ballkontakte – für einen zentralen Mittelfeldspieler, dessen Team klare Ballbesitzvorteile hat, ein vergleichsweise niedriger Wert. Wenn die Innenverteidiger von hinten die Bälle herausspielten, war der Schalker nur selten eingebunden. Auch weil das Stellungsspiel bei eigenem Ballbesitz noch nicht perfekt klappte. 

Koller gibt Schöpf Anweisungen

Während der ersten Hälfte erhielt Schöpf deswegen Anweisungen vom Chef persönlich. "Der Teamchef hat gesagt, dass ich eher den offensiven Part der beiden Sechser übernehmen und mich zwischen die Ketten fallen lassen soll", erklärte der Youngster nach dem Match.

Dort, zwischen der Abwehr- und Mittelfeldlinie des Gegners, konnte er eine technischen Fähigkeiten ausspielen, wie beim Tor zum 2:1 exemplarisch vorgezeigt wurde.

Dafür gab es auch Lob von Assistgeber Zlatko Junuzovic: "Es macht Spaß, mit ihm zu spielen, weil er eigentlich ein ähnlicher Spielertyp ist wie ich. Mit Jules (Baumgartlinger, Anm.) und ihm hat es richtig Spaß gemacht. Wenn solche Spieler in der Mitte sind, ist es für mich umso leichter."

Das Potenzial zum Alaba-Ersatz ist da

Während manche Aspekte also schon recht gut funktionierten, muss Schöpf an anderen Aspekten der ihm im Nationalteam zugedachten Rolle noch arbeiten. Zumal seine Defensiv-Qualitäten gegen Malta kaum getestet wurden.

Um Alaba adäquat ersetzen zu können, fehlt noch einiges. Gleichzeitig bewies der Tiroler jedoch, dass er das Potenzial mitbringt, die anspruchsvolle Aufgabe in der Schaltzentrale des ÖFB-Teams würdig ausfüllen zu können.

Die EURO kommt dafür vielleicht noch zu früh, doch ein Meister ist noch nie vom Himmel gefallen. Mit jedem Spiel auf der für ihn noch ungewohnten Position wird Schöpf besser damit zurechtkommen.

 

Jakob Faber


Was macht das ÖFB-Team eigentlich so im Training? Mitunter kuriose Sachen! Hier legen David Alaba und Rubin Okotie einen lustigen Tanz hin:


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