Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Dementsprechend ist beim ÖFB jeder bemüht, nach dem 0:2 zum Auftakt gegen Ungarn einen positiven Blick auf das Duell mit Portugal zu richten.
"Wir haben noch zwei Spiele, es ist bei diesem Turnier noch alles möglich", betont Teamchef Marcel Koller Mittwoch-Mittag. Der Schweizer weiter: "Wir haben gemeinsam verloren und werden gemeinsam wieder aufstehen."
Auch Kapitän Christian Fuchs ist zuversichtlich: "Ich sehe keinen Grund, um sich großartig Sorgen zu machen."
"Das würde ich mir vorwerfen"
Dennoch ließ Koller die Ungarn-Partie noch einmal Revue passieren: "Wir haben nicht unser bestes Spiel gezeigt, hatten aber doch sechs, sieben Torchancen, während die Ungarn aus vier Möglichkeiten zwei Tore erzielt haben. Wenn man sich die Spiele bei der EURO ansieht, sind das entscheidende Dinge – wenn man die Chancen verwertet, kann man Spiele gewinnen. Bei so einem Turnier darfst du nicht so viele Chancen vergeben."
In der LAOLA1-Dreierkette werden die Fehler des ÖFB besprochen:
Das größte Problem macht der Trainer in der psychischen Komponente aus: "Von der Taktik her werfe ich mir nichts vor. Was wir sicher nicht hingekriegt haben, ist, dass eine gewisse Nervosität da war. Wir haben im Vorfeld versucht, das zu minimieren, aber das haben wir nicht ganz hingekriegt. Wir hatten zu viele Abspielfehler und sind in der Defensive nicht so kompakt gestanden. Das würde ich mir vorwerfen."
Fuchs nimmt seine Mitspieler in Schutz: "Wir haben alles probiert, da will ich mich ganz klar vor die Mannschaft stellen – jeder hat versucht, alles aus sich rauszuholen. Gestern war natürlich ein gewisser Grad an Enttäuschung da – wir hatten uns viel vorgenommen und es ist nicht viel geglückt." Der England-Legionär ortet aber schon einen Stimmungswandel: "Ich habe heute schon mit ein paar Jungs gesprochen und es ist eine Aufbruchstimmung da. Jeder sagt: 'Lass‘ uns das Spiel abhaken, wir wollen im nächsten Spiel wieder Gas geben und zeigen, woraus wir gemacht sind.' Das ist der richtige Weg!"
Dementsprechend ist Fuchs auch den Fans dankbar: "Schon nach dem Spiel war die Stimmung bei den Fans sehr positiv, sie haben uns aufgemuntert. Das zu spüren, dass der totale Rückhalt da ist, ist super für uns."
LAOLA1-Redakteur Guido Friedrich sagt: "Dem ÖFB-Team fehlte es an Offensiv-Power!"
Auch Koller will in den nächsten Stunden und Tagen seine Schützlinge aufrichten: "Wir versuchen, jeden einzelnen Spieler abzuholen, mit ihm zu sprechen und uns anzusehen, wie er durch die Gegend läuft. Entsprechend werden wir dann eingreifen, die Spieler zur Seite holen und versuchen, sie wieder optimistisch zu stimmen. Es bringt nichts, wenn wir noch lange jammern. Wir werden das Spiel noch besprechen, aber dann gilt es, den Fokus wieder nach vorne zu richten."
Nachsatz: "Der eine braucht vielleicht ein klares, hartes Wort, der andere eine Streicheleinheit. Ob das immer vor der Gruppe oder individuell ist, ist Gefühlssache."
"Dürfen die Spieler nicht kaputt machen"
Neu ist allerdings, dass die Zeit bis zum nächsten Spiel denkbar gering ist: "Wir haben nicht ein, zwei Monate wie normalerweise zwischen den Spielen, um jemandem etwas mitzugeben. Wir müssen auch auf die Psyche achten, dürfen die Spieler nicht kaputt machen – wir brauchen die Spieler."
Fuchs rechnet sich gegen Portugal jedenfalls Chancen aus: "Wir haben in der Vergangenheit schon gezeigt, dass wir gegen vermeintlich größere Nationen gute Spiele machen können – und das ist ganz klar unser Ziel."
Denn eines ist ihm klar: "Wir werden alles dafür tun, um hier noch länger zu bleiben. Es ist schön hier und wir genießen die Zeit."