Endstand
2:1
0:1, 2:0
news

Salzburgs Pavlovic: "Habe es mir viel leichter vorgestellt"

Die beiden Titelkonkurrenten aus der Mozart- bzw. Mur-Stadt überschütten sich nach der entschiedenen Meisterschaft mit Lob. Wird Salzburgs Saison unterschätzt?

Salzburgs Pavlovic: Foto: © GEPA

Strahinja Pavlovic gibt zu, dass er wenig vom österreichischen Fußball wusste, als er im vergangenen Sommer beim FC Red Bull Salzburg anheuerte.

Nur so viel: "Ich habe nur gewusst, dass Salzburg neun Mal hintereinander Meister wurde, also habe ich gedacht, dass die Liga viel leichter wird."

Verdenken kann man dem 21-jährigen Serben diese Fehleinschätzung nicht - im Gegenteil. In den vergangenen Jahren marschierten die "Bullen" ein ums andere Mal beinahe lässig von einem Meistertitel zum nächsten; das österreichische Titelrennen war stets schon Wochen bzw. teilweise Monate vor Saisonende entschieden.

In dieser Saison war alles anders: Mit dem SK Sturm bekamen es die Mozartstädter erstmals seit Jahren wieder mit einem Titelkonkurrenten zu tun, der sich auch ernsthaft als solcher bezeichnen durfte und den sie erst mit einem Sieg im direkten Duell (Spielbericht>>>) drei Runden vor Schluss aus dem Titelrennen kegeln konnten.

 

Freund: "Wenn man ein Drehbuch schreiben könnte, dann genau so"

Dass das schlussendlich titelentscheidende Tor durch Karim Konate zum 2:1 in der 88. Spielminute und nach einem Salzburger Pausenrückstand sowie einer Riesen-Chance durch Stefan Hierländer auf der Gegenseite wenige Minuten zuvor fiel, ist in gewisser Form bezeichnend für die Saison als Ganzes.

Sturm hielt in den bisher 30 gespielten Runden mehr als nur gut mit dem Serienmeister mit, blieb immer nah dran, nur um dann doch leer auszugehen - wenn man bei einem Vizemeistertitel auch nur annähernd von leer ausgehen sprechen darf.

"Wenn man ein Drehbuch schreiben könnte, dann genau so", meint Sportdirektor Christoph Freund gegenüber LAOLA1 zu diesem Spielverlauf.

Der 45-Jährige findet: "Sturm war richtig intensiv drinnen, sie spielen einen richtig guten Fußball, aber wir haben uns mit allen Mitteln dagegengestemmt und das Tor erzwungen."

Sturm war ein "brutaler Konkurrent"

Pavlovic sieht das ähnlich: "Heute haben wir nicht den besseren Fußball gespielt, sondern wir haben unseren Charakter gezeigt und, dass wir den Titel unbedingt wollen."

Auch der Serbe kann der Grazer Konkurrenz ob des bisher Gezeigten nur gratulieren: "Sie sind ein richtig gutes Team und haben einen tollen Job gemacht. Es ist gut für die Liga, wenn es zwei Klubs gibt, die um den Titel kämpfen."

Und auch Matthias Jaissle stimmt in diese allgemeine Bewunderung der Leistung der "Blackies" ein.

"Sturm war ein brutaler Konkurrent in dieser Saison. Was sie über die ganze Saison hinweg geleistet haben, ist unfassbar", so der Deutsche, der im Gegensatz zu Pavlovic bereits im Vorfeld der Saison mit einem deutlich engeren Meisterrennen rechnete - oder das zumindest öffentlich so kommunizierte.

Jaissle: "...und dieses Jahr war angeblich vieles schlecht"

"Letztes Jahr hat uns jeder in den Himmel gelobt und dieses Jahres war angeblich vieles schlecht, obwohl wir punktetechnisch nahezu identisch unterwegs sind"

Matthias Jaissle

Im selben Atemzug spricht Jaissle einen Aspekt an, der am Sonntag ein großes Thema war: Wie unterschätzt Salzburgs sportlich herausragende Saison eigentlich ist.

"Letztes Jahr hat uns jeder in den Himmel gelobt und dieses Jahres war angeblich vieles schlecht, obwohl wir punktetechnisch nahezu identisch unterwegs sind", hadert der 35-Jährige mit der allgemeinen Saisonbeurteilung.

Welche Steine wurden Jaissle und seiner Mannschaft in den Weg gelegt?>>>

Tatsächlich würden die Mozartstädter in der aktuellen Saison bei 73 Punkten halten, wenn es die Punkteteilung nicht gebe - das ist gleichbedeutend mit der bis zu diesem Zeitpunkt dritterfolgreichsten Meisterschaft der Klubhistorie. In der Vorsaison wären es nach 30 Runden 76 Zähler gewesen.

Schon in der Vergangenheit wies Jaissle ein ums andere Mal daraufhin, dass die bis zuletzt ungewöhnlich spannende österreichische Meisterschaft einzig und allein in einem Umstand begründet ist: Der Performance des SK Sturm.

"Sturm hat das einfach hervorragend gemacht. Es war schön zu sehen - bei allem Wettkampf -, sich heute so gegenüberzustehen. So macht der Fußball Spaß", verdeutlicht der nun zweifache österreichische Meistertrainer.

Ilzer findet Kritik an Salzburg "extrem unfair"

Dass die Salzburger Lobeshymnen nicht rein für die Öffentlichkeit bestimmte Worthülsen, sondern genau so gemeint sind, bestätigt Emanuel Emegha: "Ich habe mit einigen Spielern von Salzburg gesprochen und die haben gesagt, dass es das beste Sturm Graz ist, gegen das sie je gespielt haben."

Und einseitig ist die Lobrede auch nicht. Sturm-Kapitän Stefan Hierländer sagt etwa: "Man muss Salzburg ein Kompliment machen: Wenn man so einen Punkteschnitt aufweist, haben sie keine schlechte Saison gehabt, sondern eine überragende. Wir haben immer gewusst, dass, wenn wir sie irgendwie schnupfen wollen, sie irgendwas liegen lassen müssen."

Sein Coach Christian Ilzer legt sogar noch eine Schippe drauf, er findet es "extrem unfair, dass es medial so beurteilt wurde, dass sie nicht mehr diese Qualitäten von früher zeigen."

Er hält fest: "Dass es so lange spannend war, ist maßgeblich an uns gelegen!"

Ilzer: "Meister in Österreich zu werden, hängt viel mit Salzburg zusammen"

Rechnet man die Punkteteilung weg, würde Sturms Punktekonto momentan 63 Zähler anzeigen. Mehr Punkte hatten die "Blackies" nach 30 Bundesliga-Spieltagen seit Einführung der Dreipunkte-Regel bisher ein einziges Mal, nämlich in der Saison 1997/98, als sie überlegen Meister wurden.

"In vielen Ländern reicht dieser Punkteschnitt ja zum Titel, aber wir haben in Österreich eine Übermannschaft, der wir richtig nahe gekommen sind."

Christian Ilzer

"In vielen Ländern reicht dieser Punkteschnitt ja zum Titel, aber wir haben in Österreich eine Übermannschaft, der wir richtig nahe gekommen sind - nicht nur aufgrund der Punkte, sondern auch aufgrund der Leistung in den direkten Duellen. Wir haben Salzburg alles abverlangt", ist Ilzer stolz.

Der Grazer Trainer liefert auch den perfekten Schlusssatz für diese - nicht nur für österreichische Verhältnisse - enorm spannende Saison: "Meister in Österreich zu werden, hängt viel mit Salzburg zusammen."

Denn so sehr Sturm von Pavlovic und womöglich auch dem ein oderen anderen zusätzlichen Salzburger unterschätzt wurde, so sehr wird dies auch die Mozartstädter Bundesliga-Saison 2022/23 in ihrer öffentlichen Wahrnehmung.

Vorzeitig Meister einer Top-10-Liga Europas mit nur einer Niederlage nach 30 Runden zu werden, und das mit der mit Abstand jüngsten Mannschaft, ist schlicht imposant und wird angesichts dieser starken Grazer Konkurrenz nicht weniger beeindruckend, je länger man darüber nachdenkt.

Die besten Bilder der Salzburger Meister-Party

Kommentare