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Jaissle: "Irgendwann bricht der Gegner"

Salzburg-Coach verrät den Schlüssel zum Last-Minute-Erfolg über Rapid:

Jaissle: Foto: © GEPA

"Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball nach und am Ende gewinnen immer die Deutschen", lautet Gary Linekers weltberühmtes Fußball-Axiom.

In den über 30 Jahren, die seit dem Ausspruch dieser Worte vergangen sind, wurden "die Deutschen" durch unzählige andere Mannschaften ersetzt; nur selten passte eine Adaptierung der Phrase aber so gut wie die folgende: "Fußball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten einem Ball nach und am Ende gewinnen immer die Salzburger."

Der FC Red Bull Salzburg konnte in dieser Bundesliga-Saison nämlich nicht weniger als 19 (!) seiner 57 Saisontore nach Ablauf der 80. Spielminute erzielen. Fünf ihrer 20 Saisonsiege in der Bundesliga fuhren die Mozartstädter durch Treffer in den zehn letzten regulären Spielminuten bzw. der Nachspielzeit ein.

Das jüngste "Opfer" der Last-Minute-"Bullen" in dieser Bilanz: Der SK Rapid. Die Hütteldorfer waren am Sonntag hauchdünn am ersten Punktgewinn in Salzburg seit September 2017 dran, ehe Zlatko Junuzovic die Wiener mit einem Treffer in der vierten Minuten der Nachspielzeit doch noch mit einer Niederlage nach Hause schickte (Spielbericht>>>).

Salzburgs enorme Torgefährlichkeit in der Schlussphase ist jedoch alles andere als ein Produkt des Zufalls, wenn es nach Coach Matthias Jaissle geht:

"Es sind ganz viele verschiedene Faktoren, die hier eine Rolle spielen. Die Beharrlichkeit, die wir an den Tag legen ist auch ein Schlüsselfaktor für die späten Tore. Wir geben nie auf. Irgendwann bricht dann der Gegner", erklärt der Deutsche bei "Sky".

"Natürlich auch ein Stück weit glücklich"

Auf der Pressekonferenz nach der Partie muss der 33-Jährige allerdings zugeben, dass auch eine gewisse Portion Glück zu solchen Siegen dazugehört:

"Es ist sehr schön, so einen Sieg einzufahren. Natürlich ist es auch ein Stück weit glücklich, wenn man den Siegestreffer in der Nachspielzeit erzielt. Aber in Summe war es ein sehr gutes Spiel unserer Mannschaft. Ich bin zufrieden, sogar sehr zufrieden mit dem Auftritt."

Dass die Mozartstädter überhaupt um den schlussendlich äußerst verdienten Sieg (Expected Goal 2,49:0,76) zittern mussten, ist ihnen selbst bzw. ihrer Chancenauswertung zuzuschreiben.

Sucic: Traumtor und 60 Meter Jubel-Sprint

Die "Bullen" starteten gegen Rapid wie aufgezogen ins Spiel und zeigten vor einer vollen Kulisse in der Red Bull Arena viele tolle Spielzüge. Ein solcher war es auch, der dem Meister nach 17 Minuten die Führung bescherte:

Von Torhüter Philipp Köhn aus kombinierte sich Salzburg blitzschnell vor das Hütteldorfer Tor, am Ende landete die Kugel bei Luka Sucic, der dieselbige mit einem ansatzlosen Distanz-Aufsetzer aus schwieriger Position im Hütteldorfer Netz zappeln ließ.

Das durchaus sehenswerte Tor des stark aufgelegten Kroaten ging schlussendlich etwas im Jubel über Junuzovics kitschigen Siegestreffer unter - doch damit kann Sucic gut leben.

"Das ganze Stadion freut sich über den Zlatko. Wir wissen alle, dass er im Sommer bei uns aufhört. Ich habe von der Bank einen 60 Meter Sprint gemacht, um mit ihm zu jubeln. Es freut mich extrem für ihn", so der 19-Jährige, der fünf Minuten vor Schluss für Junuzovic ausgetauscht wurde.

(Text wird unter VIDEO fortgesetzt)

Chancenwucher bereitet Jaissle mehr Freude als Sorgen

Sucics Offensivkollegen bewiesen allerdings deutlich weniger Zielgenauigkeit. Stürmer Junior Adamu ließ vor der Pause gleich zwei Sitzer aus, auch Noah Okafor vergab einen Kopfball aus wenigen Metern kläglich. Nach Seitenwechsel schob Nicolas Capaldo die Kugel am halbleeren Tor vorbei, auch Adamu ließ einen weiteren Hundertprozenter aus.

Die Chancenauswertung ist nicht zum ersten Mal in der jüngeren Salzburger Klubgeschichte eine Schwachstelle; so eklatant fahrlässig gingen die "Bullen" zuletzt aber nur selten mit ihren Möglichkeiten um.

Weniger tragisch sieht diesen Chancenwucher Jaissle, der Deutsche streicht viel mehr die positiven Aspekte der Diskussion um die liegengelassenen Möglichkeiten hervor:

"In allererster Linie freut es mich, dass wir diese Vielzahl an Chancen herausspielen. Es waren heute auch einige Hochkaräter und auch einige sehr gute Spielzüge dabei. Das freut auch das Trainerteam, wenn man dann das sieht, was man im Matchplan vorhatte. Von dem her gibt es großes Lob", so Jaissle, der mit einem Augenzwinkern nachschiebt: "Und vielleicht gibt es auch das ein oder andere Abschlusstraining unter der Woche."

"Angst habe ich nie!"

Dass Jaissle so locker flockig über die schwache Chancenverwertung scherzen kann, liegt natürlich auch am Ausgang der Partie. Die Stimmung im "Bullen"-Lager hätte nach Schlusspfiff gut und gern allerdings auch im Keller sein können, weil Rapid speziell kurz nach dem Ausgleich eine starke Phase erwischte und die Partie mit etwas Glück sogar drehen hätte können.

Hatte Jaissle zu diesem Zeitpunkt Angst, dass die Partie kippen könnte? "Angst habe ich nie! Ich habe großes Vertrauen in die Jungs – und das wurde auch heute wieder bestätigt -, dass wir nie den Glauben verlieren. Selbst wenn wir in Rückstand geraten wären, bin ich mir sicher, dass die Jungs bis zur letzten Sekunde daran geglaubt hätten, das Spiel umzudrehen", glaubt der 33-Jährige.

Anders als beim ersten Aufeinandertreffen in diesem Kalenderjahr, als Rapid vor allem defensiv glänzte und im Aufbauspiel viele Bälle hoch in die Spitze schlug, versuchten sich die Hütteldorfer diesmal immer wieder spielerisch aus dem Salzburger Pressing zu befreien - was vor allem im ersten Durchgang ein ums andere Mal schiefging.

Jaissle-Lob für Rapid

Rechnete man in Salzburg mit einer solch spielerisch angelegten Herangehensweise Rapids?

"Wir haben sie genau so erwartet. Das war im letzten Spiel ähnlich, nur da war der Spielverlauf ein anderer. Da sind sie früh in Führung gegangen durch eine Standardsituation, so dass sie dann defensiver agiert haben, das war die logische Folge", erklärt Jaissle, der bei "Sky" lobende Worte für die Hütteldorfer übrig hat:

"Wir haben das Spiel in der zweiten Hälfte offengelassen, da hat es Rapid sehr gut gemacht. In Summe, wenn man sich die Anzahl der Torchancen anschaut, geht der Sieg in Ordnung", bilanziert der "Bullen"-Erfolgscoach.

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