90 Minuten lang unterstützten die Fans ihr Team, das sich mit einem 0:2 im Derby (VIDEO) gegen die Austria in eine noch schwierigere Situation als ohnehin schon manövrierte.
Nach dem Schlusspfiff waren dann aber doch Unmutsäußerungen zu hören, erstmals gegen den Rapid-Sportdirektor. "Müller raus!", skandierte der Fanblock mehrmals.
Trainer Mike Büskens wurde außen vor gelassen und geht davon aus, die Mannschaft auch in den kommenden Wochen zu betreuen. Konsequenzen sind aber beinahe unumgänglich.
Personalentscheidungen? Beteiligte halten sich bedeckt
Denn die Situation ist angespannter denn je. In den letzten acht Bundesliga-Partien konnte nur ein Sieg eingefahren werden, mittlerweile warten die Hütteldorfer seit Mitte September auf einen vollen Erfolg.
Eindeutig zu wenig für die hohen Ansprüche der Wiener, die erstmals seit langem den Meistertitel als Ziel ausgegeben hatten. Nun ist man dem Tabellenende (11 Punkte) jedoch aktuell näher als dem Spitzenreiter Sturm Graz (12 Punkte).
Es muss sich schnell etwas ändern. Ob Personal-Rochaden die richtige Lösung sind? Angesprochen auf die Forderung der Fans, die Sportdirektor Müller als Schuldigen auserkoren hatten, wichen alle Beteiligten aus.
"Dazu will ich mich nicht äußern", blockt Torhüter Richard Strebinger ab.
"Es kommt nichts retour, solche Spiele hemmen"
Der Trainer ging lieber auf die aktuellen Probleme ein, an denen es zu arbeiten gilt, anstatt diese Aktion näher zu kommentieren. Wie Rapid wieder aus der Krise findet?
"Das geht nur durch weitere harte Arbeit. Wir haben heute in vielen Phasen richtig gut Fußball gespielt. Aber wir müssen an der Effizienz arbeiten, das hat uns die Austria diesmal vorgemacht."
Die Mannschaft ist verunsichert. Dabei hätte man nach der laut Müller "besten Halbzeit in dieser Saison" gegen Sassuolo durchaus neuen Mut schöpfen können.
"Es ist wichtig, Erfolgserlebnisse zu kriegen. Wenn man keine Erfolgserlebnisse hat, ist es schwierig. Man gibt in jedem Spiel alles und es kommt nichts retour – solche Spiele hemmen", gibt Mario Sonnleitner zu.
1. Niederlage im Allianz-Stadion: "Das tut richtig weh"
Im Derby lief aber wieder so gut wie alles gegen die Hütteldorfer. Angefangen beim ungerechtfertigten Elfmeter bis hin zu zwei weiteren Verletzten. Die Niederlage war ein weiterer Nackenschlag für die ohnehin gebeutelten Hütteldorfer. Erstmals in der Liga ausgerechnet gegen die Austria im Allianz-Stadion zu verlieren, kam noch erschwerend dazu.
"Das tut richtig weh, noch dazu mit dem Spielverlauf. Wir haben in der ersten Halbzeit nicht viel falsch gemacht, sind aber trotzdem in Rückstand geraten und haben es dann nicht mehr rückgängig machen können", klingt Louis Schaub verzweifelt.
Von Statistik kann man sich nichts kaufen
Auch Büskens spricht von einem "bitteren Nachmittag", obwohl man das Spiel unter Kontrolle hatte, Chancen ausließ und für Fehler bitter bestraft wurde. Diese Analysen folgen beinahe schon gebetsmühlenartig, da sich einfach kein Erfolgserlebnis einstellen will.
Selbst von 30:8 Torschüssen, 64 Prozent Ballbesitz und 59 Prozent gewonnen Zweikämpfen konnte man sich im Endeffekt nichts kaufen.
"Man hofft immer, dass der Ball irgendwie reinfliegt. Aber was soll man machen, wir sind alle Menschen. Fußball lebt von Fehlern und richtigen sowie schlechten Entscheidungen. Chancen waren genug da", wusste Strebinger genauso wie seine Mitspieler, woran es im Endeffekt gelegen hat.
Die LAOLA1-Redakteure zerlegen das 319. Wiener Derby in seine Einzelteile:
Wie es nun weitergeht? Es wird definitiv nicht leichter, vor allem weil sich zu den Verletzten Christopher Dibon und Christoph Schösswendter im Derby auch Kapitän Stefan Schwab und Stephan Auer hinzugesellten.
Zwei Spiele, vier Verletzte - sinnbildlich für Situation
Eine unglaubliche Pechsträhne, die perfekt in die derzeitige Situation der Hütteldorfer passt.
"Fakt ist, dass uns das richtig weh tut. Dibon fällt aus, Schössi hat heute gebissen (Anm.: saß mit Bänderriss im Sprunggelenk bereits wieder auf der Bank), braucht aber sicher noch einige Zeit, bis er wieder bei hundert Prozent ist. Die neuen Ausfälle von Schwab und Auer tun richtig weh, da Schneck (Anm.: Auer) sehr flexibel einsetzbar ist, und über Schwabi brauchen wir nicht reden. Ich denke nicht, dass wir ihn in diesem Kalenderjahr noch sehen werden. Die Situation müssen wir jetzt so für uns annehmen", sagt Büskens.
Auch Strebinger kann das Verletzungspech nicht fassen: "Einen Fluch würde ich es noch nicht nennen. Aber natürlich ist es extrem bitter. In jedem Spiel zwei Verletzte, das ist ein Wahnsinn!"
Ein Wahnsinn ist auch die aktuelle Situation, aus welcher die Hütteldorfer schleunigst wieder hinausfinden müssen. Sonst werden Konsequenzen nicht mehr lange auf sich warten lassen. Die "Müller raus"-Rufe waren erst der Anfang der kommenden unangenehmen Wochen im Westen Wiens.
Alexander Karper/Harald Prantl