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Hart, härter, Hütteldorf? Streit um Rapids Physis

Intensives Spiel sorgt für Diskussionen. WAC lässt sich beeindrucken:

Das geflügelte Wort der "englischen Härte" - es hat in Wien-Hütteldorf Einzug gehalten.

Beim 1:1 des SK Rapid Wien gegen den Wolfsberger AC (Spielbericht>>>) war die Gangart am Platz jener Aspekt, der in den Nachbesprechungen immer wieder zur Ansprache kam.

21:11 Fouls, 6:4 gelbe Karten, am Rande des Geschehens auch noch ein Ausschluss gegen WAC-Co-Trainer Mohamed Sahli, eine Gelbe gegen Gerhard Struber und das Wortgefecht zwischen dem Wolfsberger Cheftrainer und Rapid-Stadionsprecher Andy Marek (HIER die Hintergründe>>>) - die Wogen am und neben dem Platz gingen zeitweise ordentlich in die Höhe.

Eine flotte Anfangsphase des Spiels wurde durch härtere Momente beendet, physischer Kampf wurde die dominante Komponente des Spitzenspiels der 11. Bundesliga-Runde.

Schiedsrichter Alexander Harkam bekam viel Beschäftigung, nicht jede Entscheidung folgte einer klaren Linie - so wäre ein Ausschluss gegen Rapids späteren Torschützen Taxiarchis Fountas sicher zu diskutieren gewesen, nachdem dieser bereits mit einer Karte für Kritik in der Bilanz motiviert gegen Nemanja Rnic einstieg. So hätte Rapid schon nach 26 Minuten bei anderer Auslegung mit einem Mann weniger agieren müssen.

Auch später gab es Szenen zur Genüge, die es nicht gerade zur Selbstverständlichkeit machten, dass hüben wie drüben elf Spieler über die volle Spielzeit beschäftigt waren.

WAC durch Herangehensweise beeindruckt

Schon zuviel? Körperbetont, aber noch im Rahmen? Die Einschätzungen gingen nach Abpfiff naturgemäß etwas auseinander.

"Ich will nicht ewig über die Gangart reden. Es ist ein Sport, in dem Zweikämpfe passieren. Schlimm wäre es, wenn man es fahrlässig macht, und einen Spieler im Prinzip verletzen will."

Didi Kühbauer

"Es war ein mit sehr viel Leidenschaft geführtes Spiel, ein richtiger Abnützungskampf. In der ersten Halbzeit gab es auch die eine oder andere Situation, wo der Schiedsrichter nicht dazwischen ging. Das hat sich ein Stück weit hochgeschaukelt. Darum haben wir ein Spiel gesehen, das an der Grenze und teilweise ein Stück weit drüber war", meinte WAC-Trainer Struber, der sich auch darüber freute, vor der Europa-League-Fahrt zu Basaksehir Istanbul keine Ausfälle beklagen zu müssen.

Die Herangehensweise Rapids trug aber Früchte, wie der WAC-Chefbetreuer eingestehen musste, denn "wir haben uns spielerisch schon ein Stück weit von der Gangart beeinflussen lassen, weil Rapid alles in die Waagschale geworfen hat - aber auch mit einem guten Spielstil", wollte Struber das Übergewicht der Gastgeber auch nicht vergessen.

"Wir hatten nicht immer den Zugriff auf das Spiel und waren von der Zweikampfführung auch irritiert."

Durch diese Zweikampfführung habe dem WAC auch der Raum und die Zeit gefehlt, das gewohnte Aufbauspiel der letzten Wochen durchzuexerzieren. "Es war von Leidenschaft und Intensität geprägt, aber nicht immer fein anzusehen. Es war viel Abnützung drinnen", so Struber.

Eine mögliche Lehre für den WAC

In den letzten Spielen hätten die Wolfsberger immer Kontrolle über den Ballbesitz gehabt und diese Kontrolle in schnelles, vertikales Spiel ummünzen können. Gegen Rapid sei mehr Zufall ins Spiel gekommen, ein Faktor, der so nicht mehr bekannt war.

"Wir haben uns ein Stück weit beeinflussen lassen. Wir waren nicht mutig, wir waren im Zweifel, so in die Positionierung zu kommen, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir haben den Tick zu lang gebraucht, den offenen Raum zu kreieren", monierte Struber.

Erst in der Halbzeitpause habe man "die Sinne nachgeschärft", das System verändert und die Schlagkraft wiedergefunden, was zur Punkteteilung geführt habe.

Das Resümee? Mit einer robusteren Gangart des Gegners in Zukunft besser umgehen zu können, könne ein weiterer Schritt in der Entwicklung des WAC sein, meinte Struber.

Kühbauers Thema ist die Chancenverwertung

Didi Kühbauer war hingegen schon beim Gang zu den Print-Journalisten vom vorhergehenden TV-Marathon ermüdet, den physischen Aspekt des Duells zu sehr in den Vordergrund zu heben.

"Ich bin auch der Meinung, dass das eine oder andere Foul passiert ist, was im Fußball immer wieder vorkommt. Aber wir vergessen dadurch das Spiel von unserer Seite komplett", erinnerte der Rapid-Trainer an das Übergewicht vor allem in der ersten Halbzeit, das auch eine höhere Führung zur Folge haben hätte können.

"Dass sich die Jungs da nicht belohnt haben, ärgert mich ein bisschen mehr. Aber ich will nicht ewig über die Gangart reden. Es ist ein Sport, in dem Zweikämpfe passieren. Schlimm wäre es, wenn man es fahrlässig macht, und einen Spieler im Prinzip verletzen will", stimmte Kühbauer den Einschätzungen nicht zu.

Schwab: So sieht ein Spitzenspiel eben aus

Und die aktiv Beteiligten, die Spieler am Platz? Stefan Schwab stieß gegenüber LAOLA1 in ein ähnliches Horn wie sein Trainer.

"Wenn wir jetzt gegen Salzburg, gegen den LASK und gegen den WAC nicht physisch spielen, dann bin ich der falsche Trainer. Aber wir vergessen, dass wir gut Fußball gespielt haben. Das ist, was mich an der Geschichte heute stört."

Didi Kühbauer

"Gegen Salzburg, den LASK oder WAC schaut ein Spiel so aus. Ein Hin und Her mit vielen Schnittbällen, und wenn du das nicht annimmst, verlierst du. Wenn du es annimmst, wird es ab und zu hart", meinte der Rapid-Kapitän.

"Aber man muss nicht mehr daraus machen. Es gab nur eine Aktion, wo man bei Taxi (Fountas, Anm.) über eine zweite Gelbe diskutieren kann, sonst war kein klares Rot-Foul dabei. Daher muss man nicht weiter darüber reden", so der Mittelfeld-Mann, der wie fünf Teamkollegen ebenfalls verwarnt wurde - erst in der Schlussphase des Spiels.

Michael Liendl meinte hingegen, dass die "Überaggressivität" Rapids die WAC-Erwartungen noch übertraf: "Wenn man bei der einen oder anderen Situation früher eingreift, wäre der eine oder andere auch in die Dusche marschiert."

Dennoch hätten die Kärntner auch durch "Mutlosigkeit" zuerst keinen Zugriff auf das Spiel gefunden. 

Auch in Salzburg wird es Kampf brauchen

Auf welcher Seite hinsichtlich der Gangart man als Beobachter auch stehen mag, dass ein zuletzt sehr stark auftretender Gegner durch Physis die Schneid abgekauft werden kann, hat das Duell aus Rapids Sicht unterstrichen. Dass es am Ende nicht zu drei Punkten reichte, rechnete Kühbauer einzig der mangelnden Chancenverwertung an.

Jetzt steht mit der Auswärtsfahrt zu Red Bull Salzburg die spielerisch kniffligste Aufgabe der ganzen Saison bevor. Wieder eine Gelegenheit, über den körperlichen Kampf Punkte in Angriff nehmen zu können?

"Wenn wir jetzt gegen Salzburg, gegen den LASK und gegen den WAC nicht physisch spielen, dann bin ich der falsche Trainer. Aber wir vergessen, dass wir gut Fußball gespielt haben. Das ist, was mich an der Geschichte heute stört", wollte Kühbauer den spielerisch guten Auftritt seiner Mannschaft durch die dominante Diskussion nicht in den Schatten gestellt wissen.

Denn blaue Flecken sind der eine Eindruck, der hinterlassen werden kann - Punkte in der Tabelle ein anderer. Und weder gegen den WAC, noch kommende Woche in Salzburg wird es Physis allein sein, die an dieses Ziel herankommen ließ und lassen wird.

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