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Die Gründe der Austria-Krise

Austria Wien im Sinkflug. LAOLA1 begibt sich auf Ursachenforschung.

Die Gründe der Austria-Krise Foto: © GEPA

Frust statt Lust!

Kein Sieg im Kalenderjahr 2018 - statt mit einem Angriff in der Bundesliga-Tabelle nach oben zu klettern, geht es für die Austria weiter nach unten.

Die Veilchen rangieren nur mehr auf dem siebenten Platz – der Rückstand auf den für den Europacup startberechtigten vierten Rang beträgt neun Zähler.

Die Wiener sind damit auf dem besten Weg, in der kommenden Saison, bei der Rückkehr in die Generali-Arena, einen internationalen Bewerb zu verpassen.

An einen Turnaround glauben angesichts der letzten Auftritte nur mehr Optimisten, selbst Trainer Thorsten Fink gesteht: „Neun Punkte Rückstand auf den angestrebten Platz sind schon viel. Wir können uns daher nur auf ein Spiel nach dem anderen konzentrieren.“

Lediglich 27 Punkte haben Holzhauser und Co. nach 23 Runden gesammelt – nur einmal in der Bundesliga-Geschichte war man noch schlechter unterwegs. In der Saison 2006/07 waren es zur selben Zeit sogar nur 25 Zähler, doch schlussendlich konnte die Saison mit dem bisher vorletzten Cupsieg gerettet werden. Das geht heuer nicht mehr. Und zehn Niederlagen an den ersten 23 Spieltagen gab es seit 1974/75 überhaupt noch nie.

Doch wie konnte es soweit kommen? LAOLA1 nennt fünf Gründe für die Austria-Krise:

Überschätzung

Im durch Verletzungen gezeichneten Herbst meinte Trainer Fink, die gegnerischen Mannschaften sollten anfangen, jetzt gegen sein Team zu gewinnen, denn im Frühjahr, wenn ein Großteil der Verletzten wieder an Bord sei, würde man eine andere Austria sehen, gegen die es nicht so leicht wäre, zu gewinnen… Damals fehlten rund zehn Kaderspieler. Mittlerweile sind mit Ausnahme von Grünwald, Almer, Martschinko und Westermann alle zurück. Doch eine Besserung stellte sich bisher nicht wirklich ein. Vielleicht müssen sich die Verantwortlichen eingestehen, dass man heuer einfach nicht besser ist – so wie es Austria-Legende Herbert Prohaska zuletzt unverblümt äußerte. Schon im Sommer überschätzte man sich in Favoriten und wollte um die Meisterschaft mitspielen. Auch wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein unerwartet großer Kaderumbruch stattfand, ließen sich alle von der Vizemeisterschaft blenden. Der FAK wurde nicht unbedingt Zweiter, weil er so gut war, sondern weil die anderen Konkurrenten schwächelten. Schließlich wurde die Meisterschaft mit 18 Punkten Rückstand auf Salzburg und insgesamt 13 Niederlagen (2015/16 waren es z.B. 11 Niederlagen) beendet. Und schon in der vergangenen Saison kämpften die Wiener mit akuten Abwehrproblemen: 50 Gegentore standen am Ende am Konto und damit die meisten der Top-Five.

Kader

Die Austria mag auf dem ersten Blick über einen qualitativ guten Kader verfügen – allerdings fehlt speziell in der Verteidigung die Klasse, und allgemein auch die Tiefe. Und im Sturm konnte Larry Kayode bis heute nicht ersetzt werden. Zur Abwehr: In der laufenden Saison zappelte der Ball bereits 35 Mal im eigenen Netz – nur die Admira (38) und St. Pölten (54) kassierten noch mehr Gegentore. Warum ein Spieler wie Abdul Kadiri Woche für Woche auflaufen darf und dabei einen enormen Unsicherheitsfaktor darstellt sowie seit geraumer Zeit keine fehlerfreie Partie absolviert hat, weiß wohl nur der Trainer. Doch auch seine Partner in der Innenverteidigung haben sich bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Hier ruhen viele Hoffnungen auf Neuzugang Michael Madl, der nach seinem Muskelfaserriss kurz vor der Rückkehr steht. Ob der Steirer, der im letzten Jahr kaum Spielpraxis vorzuweisen hat, der verunsicherten Abwehr auf Anhieb Stabilität geben kann? Nun noch zum Sturm: Mit Kevin Friesenbichler (8 Liga-Tore) und Christoph Monschein (5) verfügen die Violetten zwar über zwei Leute, die wissen, wo das Tor steht, doch an die Qualitäten von Kayode kommen beide nicht heran. Denn auch wenn der Angreifer aus Nigeria charakterliche Macken hatte, am Feld stellte er jede Abwehr vor große Probleme. Dank seiner Schnelligkeit extrem unangenehm zu verteidigen, riss er für seine Mitspieler immer wieder Löcher auf. Dass mit Toni Vastic ein Angreifer, der eigentlich nur für die Amateure verpflichtet wurde, in der Winterpause hochgezogen und schon in zwei Bundesliga-Partien eingesetzt wurde, unterstreicht eine gewisse Unzufriedenheit.

Kein Plan B im Spielsystem

4-2-3-1. An der taktischen Ausrichtung der Austria hat sich in den vergangenen Monaten nichts geändert und wird es wohl auch nicht unter Thorsten Fink. Der Deutsche setzt auf Ballbesitz-Fußball mit Raphael Holzhauser als Denker und Lenker. Einmal agiert der Blondschopf offensiver, dann – je nach Gegner – wieder etwas defensiver. Doch gravierende Änderungen gibt es nicht. Was in den letzten Partien besonders auffiel: Das Offensiv-Spiel der Veilchen wirkt ideenlos. Hatten die Violetten im Derby noch einige gute Torraumszenen, gab es zuletzt gegen den LASK und den SVM kaum mehr ein Durchkommen. Kein Wunder: Die nicht so spielstarken Gegner haben sich gut auf das Konzept eingestellt, halten mit großem Einsatz und Kämpferherz dagegen und kaufen den Wienern damit die Schneid ab. Das größte Manko: Die Mannschaft kann auf gewisse Situationen nicht reagieren, weicht kaum von ihrer Spielausrichtung ab. Es fehlen die Aha-Momente.

Heimschwäche

Ein Gastspiel bei der Austria löst bei den Gegnern schon lange nicht mehr Angst und Schrecken aus. Im Schnitt sorgen nur rund 6.000 Fans im 48.000 Zuschauer fassenden Happel-Stadion für einen traurigen Anblick. Ein echter Heimvorteil kommt im Prater nicht auf. Darunter leidet auch die Punkteausbeute. Im letzten Spieljahr in der alten Generali-Arena in der Saison 2015/16 setzte es fünf Heimniederlagen (29 Punkte, 6. Platz in Heimtabelle), 2016/17 waren es schon sieben (dennoch 31 Punkte, 5. Platz in Heimtabelle). Doch heuer droht ein neuer Tiefpunkt. Lediglich 14 Zähler konnten in elf Heimspielen bisher eingefahren werden, fünf Mal ging man bereits als Verlierer vom Platz. Aktuell befinden sich die Wiener auf Rang acht der Heimtabelle. Kaschierte die Fink-Elf in den letzten zwei Saisonen mit guten Ergebnissen in der Fremde die Heimkrise, läuft es heuer auch auswärts nicht nach Wunsch. Seit Ende November wartet man auf einen vollen Erfolg, weshalb es bisher nur zu 13 Punkten reichte.

Falscher Fokus

Die Vorfreude auf die im Sommer fertiggestellte Generali-Arena ist riesengroß – vielleicht zu groß. Es macht den Anschein, als würde so viel Hoffnung in die neue Heimstätte gelegt werden, dass man vergisst, dass es sich dabei um Zukunftsmusik handelt. Wichtig ist das Hier und Jetzt und da fehlt es an vielen Ecken. Schon Rapid hat den Fehler gemacht und geglaubt, dass mit einem neuen Stadion automatisch alles besser wird – das Gegenteil ist eingetreten. Doch während der Erzrivale zumindest als Vizemeister ins Allianz Stadion einzog, droht der Austria der Super-GAU mit dem Verpassen einer Europacup-Teilnahme. Es könnt sich also rächen, dass das sportliche Budget aufgrund der großen Investitionen rund um das Stadion-Projekt deutlich heruntergefahren wurde.

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