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Vier Wochen Rapid: Wohin geht die Reise?

Die ersten sieben Pflichtspiele der Hütteldorfer liefern erste Erkenntnisse:

Vier Wochen Rapid: Wohin geht die Reise? Foto: © GEPA

Vor knapp vier Wochen startete der SK Rapid mit einem 6:0-Sieg im ÖFB-Cup gegen die Wiener Viktoria in die Saison 2021/22.

In den sieben bisher absolvierten Pflichtspielen deckten die Hütteldorfer alle möglichen Emotionen ab. Wurde das Team nach dem 2:1-Sieg im Hinspiel der zweiten Champions-League-Qualifikationsrunde gegem Sparta Prag zum ersten Salzburg-Jäger erklärt, versank das Umfeld des Vizemeisters nach einer 0:2-Niederlage beim Bundesligaauftakt gegen Hartberg und dem verpatzten Rückspiel in Prag im Tal der Tränen.

Schnell war die nächste Rapid-Krise heraufbeschworen, das Team im Mittelfeld der Bundesliga-Tabelle vermutet. Zwei Siege und ein Remis gegen den LASK später, lässt sich die Situation besser einordnen. Wie so oft liegt auch hier die Wahrheit in der Mitte.

LAOLA1 zieht erste Erkenntnisse aus vier Wochen Rapid in der Saison 2021/22.

Demir geht nicht ab

Es mutet fast absurd an, dass ein Spieler, der Rapid im Sommer in Richtung FC Barcelona verlassen und seitdem in der Vorbereitung der Katalanen aufgezeigt hat, spielerisch nicht abgeht – bei Yusuf Demir ist dies aber der Fall.

Darf über erfolgreichen Start in Barcelona jubeln: Yusuf Demir
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Hier macht sich bezahlt, dass Trainer Didi Kühbauer den 18-Jährigen in der Vergangenheit nicht als Spieler der ersten Elf forciert hat. Der einfache österreichische Nationalspieler absolvierte in der vergangenen Saison zwar 32 Spiele, aber nur sieben Mal durfte Demir dem Rapid-Spiel von Beginn an seinen Stempel aufdrücken.

Die komplette Spieldauer hat die Leihgabe an den FC Barcelona in der vergangenen Saison nur beim Schaulaufen beim FC Arsenal in der Europa League und bei der 0:2-Niederlage in Salzburg am 30. Spieltag absolviert.

Zwar betonten Trainer Kühbauer und Geschäftsführer Sport Zoran Barisic nach dem bestätigten Abgang Demirs, der Wiener wäre in der laufenenden Saison Stammspieler bei Rapid gewesen, einen sonderlich großen Unterschied machen diese Aussagen nun allerdings nicht mehr. Denn allen Beteiligten wird schon seit Längerem bewusst gewesen sein, dass Demir in diesem Sommer den Weg in die weite Fußball-Welt antreten würde.

Unter dem Strich bleiben neun Tore und vier Assists in insgesamt 38 Spielen für Rapid übrig. Das sportliche Vermächtnis des 18-Jährigen bei Rapid ist überschaubar, das wirtschaftliche hingegen werden die Hütteldorfer noch viele Jahre positiv in der Bilanz spüren.

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

VIDEO: Demir-Assist bei Barcelona-Sieg über Juventus

Robert Ljubicic macht Lust auf mehr

Dass Robert Ljubicic erst ein Pflichtspiel für Rapid absolvierte, hat hingegen keine sportlichen Gründe. Der 22-jährige Neuzugang von Bundesliga-Absteiger St. Pölten konnte bislang nur am 2:1-Sieg über Sparta Prag mitwirken, was der Mittelfeldspieler bislang geboten hat, macht aber Lust auf mehr.

Bereits im finalen Vorbereitungsspiel der Hütteldorfer gegen den FC Kopenhagen machte der offensivere der beiden Ljubicic-Brüder den Abgang von Ex-Kapitän Dejan beinahe vergessen.

Robert Ljubicic bei seinem einzigen Pflichtspiel gegen Sparta Prag
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Während bei Robert Ljubicics einzigem Pflichtspieleinsatz in der Champions-League-Qualifikation alle Augen auf Christoph Knasmüllner gerichtet waren, machte die geniale Flanke des Neuzugangs erst das Tor zum 2:1 möglich.

Seit diesem 20. Juli steht Ljubicic aber auf dem Abstellgleis. Eine unnötige Rote Karte im Relegations-Rückspiel der vergangenen Saison brachte dem Mittelfeldspieler ein nicht minder unnötige Sperre von fünf Spielen auf nationaler Ebene ein, wodurch die Auftaktspiele in Cup und Bundesliga schon von vornherein kein Thema für den Neuzugang waren.

Vor dem Rückspiel in Prag musste Ljubicic erkrankt aus dem Kader gestrichen werden, auch im Hinspiel gegen Anorthosis Famagusta in der vergangenen Woche war kein Einsatz des 22-Jährigen möglich.

Für das Rückspiel auf Zypern soll der ehemalige St. Pöltener wieder einsatzbereit sein. Am kommenden Wochenende geht jedenfalls die letzte Partie, für die Ljubicic gesperrt ist, mit dem Gastspiel Rapids in Altach über die Bühne.

Am fünften Spieltag gegen die SV Ried ist der Neuzugang in Österreich somit wieder spielberechtigt, doch vielleicht zeigt er schon davor auf Zypern oder in der folgenden Runde im Europacup wieder auf.

Junge funktionieren

Robert Ljubicic ist nicht der einzige Rapid-Akteur, der in den vergangenen Wochen mit Erkrankungen zu kämpfen hat. Filip Stojkovic und Dejan Petrovic mussten das Hinspiel gegen Famagusta ebenfalls krankheitsbedingt auslassen.

Dies führte dazu, dass Trainer Didi Kühbauer in den vergangenen Partien auch auf junge Spieler zurückgreifen musste, die behutsam an das Team herangeführt hätten werden sollen. Lion Schuster absolvierte beispielsweise fünf der sieben bisherigen Pflichtspiele, in der Bundesliga kam er bis jetzt in jeder der drei Partien zum Einsatz.

Lion Schuster (rechts) im Duell mit Peter Michorl
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Oliver Strunz, der in der vergangenen Saison Rapid II über weite Strecken als Kapitän anführte, feierte in der vergangenen Woche gegen Anorthosis sein Debüt im Europacup. Der 18-jährige Benjamin Kanuric feierte schon am zweiten Spieltag gegen den LASK sein Bundesliga-Debüt und legte gegen den WAC noch neun Minuten drauf. Lukas Sulzbacher, Stütze bei Rapids Zweitvertretung in der 2. Liga, kam in der vergangenen Woche gegen Anorthosis und den WAC zum Einsatz.

Zwar bekleidet von den genannten nur Lion Schuster mehr als eine marginale Rolle im Spiel von Rapid, die jungen Wilden stellen aber adäquate Alternativen für Trainer Didi Kühbauer dar. Kein Wunder also, dass sich der 50-Jährige dieser in Schlussphasen gerne bedient, auch um seine wenigen verbliebenen Stammkräfte zu schonen.

Innenverteidiger Maxilian Hofmann lobte die Arbeit seiner jungen Mitspieler schon nach dem Spiel gegen Anorthosis Famagusta in höchsten Tönen. Gut möglich, dass die Feuertaufe dieser Wochen die Entwicklung des einen oder anderen Spielers weiter vorantreibt.

Summer of "Knasi"

Lange war nicht klar, ob Christoph Knasmüllner in dieser Saison überhaupt für Rapid auflaufen wird, müsste man einen MVP der ersten sieben Spiele benennen, wäre der 29-Jährige aber ein heißer Kandidat.

Knasmüllner jubelt nach Tor gegen Sparta Prag
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Sein genialer Doppelpack samt möglichem Tor des Jahres gegen Sparta Prag ließ Rapid vom Einzug in die dritte Runde der Champions-League-Quali träumen. Das 1:0 durch Ercan Kara gegen Anorthosis Famagusta bereite Knasmüllner per Kopfball-Ablage vor.

Durch die Corona-Fälle in den Reihen der Hütteldorfer findet sich Knasmüllner in den letzten Spielen in einer ungewohnt defensiveren Rolle im zentralen Mittelfeld neben Srdjan Grahovac wieder. Doch auch diese Rolle füllt der Wiener den Umständen entsprechend gut aus. Knasmüllners verschossner Elfmeter gegen Famagusta war zwar kein Ruhmesblatt, unter dem Strich aber unbedeutend.

Sobald die gesperrten bzw. erkrankten zentralen Mittelfeldspieler ins Aufgebot von Rapid zurückkehren, wird Knasmüllner wieder eine offensivere Rolle einnehmen. Setzt der 29-Jährige seine aktuelle Form fort, war die Vertragsverlängerung im Sommer für alle Beteiligten ein voller Erfolg.

Wimmer in Innenverteidigung außen vor

Die Erwartungen an Kevin Wimmer waren nach dessen Vertragsunterzeichnung bei Rapid ziemlich hoch. Der 28-jährige ehemalige ÖFB-Nationalspieler sollte eine Innenverteidigung stablisieren, die durch den Wechsel von Mateo Barac zum PFC Sotschi dezimiert wurde.

In den letzten beiden Spielen ist das auch passiert, der Anteil, den Wimmer daran hatte, ist allerdings nicht besonders groß.

Noch nicht der erhoffte Stabilisator: Kevin Wimmer
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Beim 3:0 gegen Anorthosis Famagusta bildeten Leo Greiml und Max Hofmann das Innenverteidiger-Duo und waren für das erste Spiel ohne Gegentor seit dem 6:0 im Cup gegen die Wiener Viktoria verantwortlich. Diese Kombination gefiel Trainer Didi Kühbauer scheinbar so gut, dass gegen den WAC erneut Greiml und Hofmann die Innenverteidiger-Paarung bildeten. Erneut musste Rapid-Torhüter Richard Strebinger nicht hinter sich greifen.

Für Greiml, der sich in der Innenverteidigung vielleicht endlich einen Stammplatz erkämpfen konnte, gab es nach dem WAC-Spiel ein seltenes Sonderlob von Trainer Kühbauer.

So bleibt für Kevin Wimmer hinter dem gesetzten Max Hofmann aktuell scheinbar nur die Rolle als dritter Innenverteidiger übrig. Ihn aber jetzt schon als Fehleinkauf abzustempeln, würden wohl nur die kühnsten Zeitgenossen. Christopher Dibon hat sich mit seinem freiwilligen Schritt zu Rapid II aus dem Konkurrenzkampf vorübergehend zurückgezogen.

VARnsinn bei Rapid

Dass der Video Assistant Referee, kurz VAR, in dieser Saison für Gesprächsstoff sorgen würde, war allen interessierten Beobachtern schon vor der Saison klar. Das technische Hilfsmittel für Österreichs Schiedsrichter-Granden scheint bei Spielen des Vizemeisters aber besonders gern im Mittelpunkt zu stehen.

Den Anfang machte Rapids Auftaktpleite gegen den TSV Hartberg, als es nach einem von Schiedsrichter Schüttengruber nicht geahndeten Handspiel durch Wimmer einen Elfmeter für die Oststeirer gab.

Der erhoffte Durchblick trat in den ersten drei Runden nicht immer auf
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In der zweiten Runde übersah Schiedsrichter Eisner in der Schlussphase, beim Stand von 1:1, ein elfmeterwürdiges Foul von Kelvin Arase an Mamoudou Karamoko. VAR Alexander Harkam sah keinen Grund zum Eingriff, da "die Wahrnehmung des Schiedsrichters, dass der Ball gespielt wurde, nicht zu 100 % widerlegt werden" konnte, wie man auf der Website des VAR in Österreich nachlesen kann.

Beim 3:0-Sieg über den WAC wurde gleich zwei Treffern der Hütteldorfer vom VAR die Anerkennung verwehrt, womit man auch getrost die Mär der Rapid-Bevorzugung durch den Video-Schiedsrichter, die nach der strittigen Szene in Pasching hervorgekramt wurde, gleich wieder einmargerieren kann.

Wo geht die Reise nun für Rapid hin? Die Teilnahme an einer Gruppenphase im Europacup ist so gut wie sicher. Den 3:0-Vorsprung aus dem Hinspiel werden sich die Hütteldorfer gegen Anorthosis Famagusta nicht mehr nehmen lassen. Mit Zorya Luhansk aus der Ukraine wartet im Playoff ein machbarer Gegner auf die Grün-Weißen. Sollte dort das Aus kommen, geht es in der Gruppenphase der Europa Conference League weiter.

In der Bundesliga wartet am Sonntag das Gastspiel beim SCR Altach, eine Woche später kommt die SV Ried, die in der Bundesliga noch nie in Hütteldorf gewinnen konnte, ins Allianz-Stadion.

Als krönender Abschluss des ersten Saisonabschnitts steht vor der Länderspiel-Pause das Derby bei der Wiener Austria auf dem Plan. Spätestens dann wird sich weisen, ob Rapid tatsächlich erster Salzburg-Herausforderer sein kann, oder die Spielzeit sehr ungemütlich wird.

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