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"Paketlösung" wurde Büskens/Müller zum Verhängnis

Entlassung von Trainer Büskens und Sportdirektor Müller wirft Fragen auf. LAOLA1 klärt auf:

Mike Büskens und Andreas Müller sind beim SK Rapid Geschichte.

Abgesägt - vom einen auf den anderen Tag. Plötzlich stehen die Grün-Weißen ohne sportliche Führung da, ein neuerlicher Umbruch ist unausweichbar.

Präsident Michael Krammer verkündete die Entscheidung des Personalausschusses, die „Paket-Lösung“ wurde den beiden Ex-Schalkern schlussendlich zum Verhängnis.

LAOLA1 klärt die offenen Fragen zur folgenschweren Personalentscheidung in Wien-Hütteldorf:

  • Was war der Hauptgrund, um die Reißleine zu ziehen?

Ernüchterung und Enttäuschung machte sich in den letzten Wochen breit, nach einem Schritt nach vorne folgten wieder zwei zurück. Krammer holte bei seiner Begründung weit aus. Denn um die Personalentscheidung zu verstehen, muss man auch die Vorgeschichte und die hochgesteckten Ziele zum Saisonbeginn kennen: „Wir sind in die Saison gestartet mit unserem neuen Stadion, mit einem hervorragenden Karten-, Logen- und Hospitality-Verkauf, mit einem Rekordbudget. Und wir hatten uns wirklich vorgenommen, in dieser Saison ganz ernsthaft um den Meistertitel mitzuspielen und die Mission 33 zu erreichen. Wir haben nicht nur wirtschaftliche Voraussetzungen geschafft, sondern auch der Sportdirektor Rahmenbedingungen, um für diese Mission gewappnet zu sein. Wir haben das höchste Budget für Transfers in der Geschichte und erstmals einen negativen Transfer-Saldo gehabt, also mehr eingekauft als ausgegeben. Wir haben nominell hervorragende Transfers getätigt und auch einen Trainer neu eingesetzt, auf Rat des Sportdirektors. Wir haben ernsthaft Vorbereitungen getroffen, um den Teller nach Hütteldorf zu holen.“ Der Output nach 25 Spielen ist ernüchternd, die Erfolge stellten sich nicht ein und das angestrebte Ziel Meisterschaft rückte in weite Ferne, auch wenn der Präsident dies erst gänzlich abhaken will, wenn es rechnerisch nicht mehr möglich ist. „Die Zwischenbilanz zu diesem Zeitpunkt ist, dass keine Weiterentwicklung erkennbar war, und das trotz großer Einsatz- und Leistungsbereitschaft der Mannschaft. Wir haben aus den letzten zehn Partien zwei Siege bei einer Tordifferenz von 9:12. Auch wenn alle das Beste gegeben haben, in letzter Konsequenz zählen Resultate und die Tabelle, die lügt nicht. Wir sind weiter neun Punkte hinter Sturm. Aus diesem Grund haben wir die Entscheidung getroffen, mit sofortiger Wirkung Cheftrainer Büskens als auch Sportdirektor Müller vom Dienst freizustellen und zu beurlauben.“ Die Entscheidung ist den Beteiligten, allen voran Krammer, nicht leicht gefallen. Trotzdem musste man sich eingestehen, dass die Erwartungshaltung nicht einmal annähernd erfüllt wurde. „Wenn man die Tabelle und die Entwicklung veranschaulicht, so befinden wir uns nicht dort, wo wir sein wollen.“



  • Warum die Trennung von Büskens UND Müller?

Dass der Trainer als schwächstes Glied nach einer derartig unzufriedenstellenden Phase der Saison ins Wanken gerät, ist verständlich und nachvollziehbar. Dass Büskens somit den Kopf hinhalten muss, war anzunehmen und mit Fortlauf des Negativlaufs nur eine Frage der Zeit. Aber Müller? Die zeitgleiche Entlassung des Sportdirektors sorgte doch für Verwunderung und erstaunte Gesichter. Denn dieser hatte seit Jänner 2014 nachweisbar gute Arbeit geleistet und sich mit guten Transfers und hohen Erlösen bei Spielerverkäufen profiliert. Ausrutscher wie die drei Grödig-Verpflichtungen Stefan Nutz, Philipp Huspek und Tomi fallen in die Kategorie „unglücklich“, Müller schoss sich aber im Endeffekt selbst ein Eigentor. Durch das abrupte Aus für Zoran Barisic und die Installierung seines langjährigen Weggefährten Büskens – inklusive „Freunderlwirtschaft“-Unterstellungen - machte sich der 48-Jährige angreifbar und knüpfte sein Schicksal an jenes des nur für ein Jahr bestellten Chefbetreuers. Deshalb erkannten auch die Fans in Müller den „Schuldigen“ und forderten seinen Rauswurf. Auch Krammer musste im Endeffekt zugeben, dass dem Sportdirektor einfach nicht mehr zugetraut wurde, den nächsten Trainer für Rapid zu finden: „Es war die Verknüpfung zwischen Büskens und Müller, die für uns so wie eine Paketlösung wirkte.“

  • Warum gerade zum jetzigen Zeitpunkt?

Durchhalteparolen prägten die vergangenen Wochen, Rückendeckung gab es von allen Seiten. Schlussendlich jedoch nützte auch diese nichts mehr. Noch nach der 0:2-Derby-Heimniederlage gegen die Austria stellte sich Krammer öffentlich vor den Trainer und sprach der sportlichen Führung das Vertrauen aus. Auch diese Partie wurde damals schon als Schicksalsspiel angesehen. Der neuerliche Rückschlag nach drei Pflichtspielen ohne Niederlage ließ dann aber selbst Krammer zweifeln. „Wir glauben, dass es jetzt diese Veränderung braucht. Es ist immer eine Kombination. Die Frage ist, wann ist man erfolgreich? Auf der einen Seite braucht man Wissen, Können, Einsatz-, Leistungsbereitschaft, Einfühlungsvermögen, auf der anderen Seite aber auch Fortune. Beide Seiten müssen zusammentreffen, um erfolgreich zu sein. Wir haben jetzt die Entscheidung getroffen, weil jetzt der richtige Zeitpunkt ist, wo sich Dinge noch verändern können. Die Mannschaft braucht keinen großen Umbau, es muss vielleicht nur ein anderer Reiz her, der dazu führt, dass wir erfolgreich sind.“ Außerdem gab es nicht nur durch Müllers Brandrede über die „fehlende Einheit“ viel Aufregung bei Rapid. Auch die Ausbootungen von Leistungsträgern wie Steffen Hofmann oder Mario Sonnleitner soll für Unmut gesorgt haben. Auch von Spielerseite her wurden somit Zeichen gedeutet, dass ein Neuanfang durchaus Sinn machen würde. „Natürlich spricht auch der Präsident mit den Spielern, aber das sind so vertrauliche Gespräche, dass ich die nicht nach außen kehren will“, besätitigt Krammer damit aber indirekt, dass nicht alle zufrieden waren.

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  • Wie haben Büskens/Müller Beurlaubung aufgenommen?

Trainer und Sportdirektor wurden am Montag nicht wie gewohnt beim Vormittagstraining erwartet, sondern in die Geschäftsstelle im Allianz-Stadion beordert, wo ihnen von oberster Stelle die Beurlaubung mitgeteilt wurde. Noch am Vorabend, dem unglücklichen 0:1 gegen den WAC wollte Büskens nichts von Gesprächen wissen und plante bereits Veränderungen für die Länderspiele. Krammer bestätigte jedoch, dass beide die Entscheidung der Vereinsführung „professionell“ aufgenommen haben. „So viel kann ich sagen. Ich und die Führung bei Rapid sind an sich schon so, dass wir Kontinuität bei Rapid sehr schätzen. Wir betreiben keine „Hire and Fire“-Politik, deshalb fiel es schwer, die Entscheidung zu treffen. Aber in der Situation sind wir überzeugt, dass sie richtig ist.“

  • Wurde Druck von außen zu groß?

Gerade bei Rapid ist der mediale aber auch der Druck der Fans enorm. „Müller raus“-Kundgebungen wurden ebenso zur Kenntnis genommen, wie Transparente zur Entlassung des gesamten Trainerteams. Trotzdem war die negative Stimmung im Umfeld für Präsident Krammer nicht mitentscheidend, Nägel mit Köpfen zu machen: „Nein, das hätte sogar fast dazu geführt, die Entscheidung noch mal zu überdenken. Wir sind mehrere Male zusammen gesessen, haben die Situation analysiert, aber die Fakten sprechen für sich. Aber nicht wegen den Fans. Denn wenn der Einfluss von außen zu groß wird, tendiere ich eher dazu, die Entscheidung andersrum zu treffen.“ Dass die Verbundenheit und teilweise Abhängigkeit von den Fans aber bei den Grün-Weißen durchaus gegeben ist, zeigt die Tatsache, dass bei der kommenden Trainersuche das Standing der ausgewählten Person in der Rapid-Community in die Entscheidung einfließt.

  • Ist Rapid auf Abwegen von der oft gepriesenen Kontinuität? (3 Trainer in halbem Jahr)

Die derzeitige Entwicklung bei Rapid ist schon verwunderlich. Für einen Top-Klub blieben überhastete Entscheidungen oder eine Vielzahl an Trainerwechseln in den letzten Jahren aus. Kontinuität war das Stichwort, diesem Motto ordnete man fast alles unter. Nun geht es jedoch in die andere Richtung. Der Büskens-Nachfolger wäre der dritte Trainer innerhalb eines halben Jahres, der bei den Hütteldorfern das Zepter schwingt. Nach Zoran Barisic war sein deutscher Nachfolger lediglich 123 Tage im Amt, schon soll der Nächste kommen. Doch dieser Prozess ist nicht nur verwunderlich, er kostet dem Verein auch gehörig Geld. Büskens war mit Sicherheit kein Billig-Trainer, sonst hätte er seine Fix-Anstellung bei Schalke 04 nicht aufgegeben. Dafür bekam er nur einen Einjahresvertrag. Doch Zoran Barisic ist ebenso noch auf der Payroll wie Müller, der mit seinem bis 2019 laufenden Vertrag einiges kosten wird. Dass der finanzielle Aufschwung damit abrupt endet, will der Präsident jedoch nicht unterschreiben: „Ohne Vertragsdetails zu nennen, kann ich sagen, dass wir wirtschaftlich für den Fall der Fälle Vorsorge getroffen haben.“



  • War die Trennung von Barisic ein Fehler?

Wenn ein Trainer nach knapp fünf Monaten seinen Job wieder verliert, stellt sich natürlich die Frage, ob der Wechsel zum Sommer-Beginn überhaupt notwendig war. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde der langjährige Chef Barisic vor die Tür gesetzt, nicht nur aus sportlichen Gründen wie man vernimmt. Die Trainersuche wurde Müller jedoch von oberster Stelle angeordnet: „Es war schon so, dass wir bei der Trainersuche im Sommer Müller gebeten haben, den richtigen Trainer zu suchen, wir haben ihn beauftragt. Dass hat er getan, seine Empfehlung abgegeben und wir haben dieser natürlich zugestimmt. Die Entscheidung wurde von uns allen gemeinsam getroffen. Sie wurde uns aber auch als alternativlos präsentiert.“ Zwischen den Zeilen klingt somit durch, dass Barisic‘ Beurlaubung nicht der Weisheit letzter Schluss war: „Zu dem Zeitpunkt, wo man die Entscheidung trifft, glaubt man immer, dass sie richtig ist. Mit der Weisheit des Rückblicks ist man manchmal gescheiter.“

  • Wie geht es bei Rapid nun weiter?

Ohne sportliche Führung gilt es nun, schnellstmöglich Lösungen zu finden, um diese Phase zu überbrücken. Thomas Hickersberger übernimmt interimistisch die Leitung der Kampfmannschaft, auch das restliche Trainerteam ist noch im Amt. Der noch zu benennende Cheftrainer wird dann über deren Zukunft entscheiden. Dieser soll schon in wenigen Tagen feststehen, wie Krammer verrät: „Ziel ist es noch in der Länderspielpause einen Nachfolger auf dem Cheftrainerposten bekanntzugeben.“ Bei der Wahl des Trainers bedient sich Rapid bei Freunden und Vertrauen im Umfeld, welche die nötige Erfahrung mitbringen – denn der Sportdirektor steht derzeit ja nicht zur Verfügung. Bei der Suche nach ebendiesem benötigt Rapid Zeit, die nimmt man sich. Vertragsverlängerungen sind unter Dach und Fach, Transfers stehen vorerst nicht an. Zudem stehen mit Stefan Ebner und Nachwuchschef Willi Schuldes Männer zur Verfügung, die sich auskennen, über den Verein Bescheid wissen und derzeit übernehmen können. Eine Bauchentscheidung will Krammer weder beim Trainer noch beim Sportdirektor treffen, denn: „In Wirklichkeit hat niemand den göttlichen Funken, deshalb müssen wir die Situation bewerten, um die Bauchentscheidung durch Objektivität zu ergänzen.


Alexander Karper

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