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Harald Suchard: Die Reise ins Ungewisse

Die turbulenten Zeiten bei der Austria beeinflussen auch die Young Violets.

Der Saisonstart in der Admiral 2. Liga steht vor der Tür. Doch Harald Suchard sieht fast nur Fragezeichen.

Welche Spieler im Herbst im Kader der Young Violets stehen? Das ist noch völlig offen. "Ich weiß nicht, wie die Mannschaft beim Abschlusstraining für das Auftaktspiel gegen Wacker Innsbruck aussieht", gibt der Coach zu. Zahlreiche Youngster hoffen aktuell auf den Sprung in den Profi-Kader, haben auch die gesamte Vorbereitung mit der Kampfmannschaft bestritten.

Der 44-Jährige erlebt eine solche Situation nicht zum ersten Mal, ist die Ungewissheit eigentlich schon gewohnt. Seit über zwei Jahren ist der Burgenländer für die sportlichen Geschicke der Amateure verantwortlich. Zwei schlimme Fehlstarts in die vergangenen beiden Saisonen hat das Team hinter sich, wurde letztlich aber einmal Vierter und einmal Elfter.

Nicht zuletzt deswegen war Suchard auch ein Kandidat, als es im Sommer darum ging, den Cheftrainer-Posten bei den Profis neu zu besetzen.

Im LAOLA1-Interview spricht der Coach der Young Violets über seinen Stellenwert in Wien-Favoriten, die turbulenten Zeiten bei der Austria, seine neuen Kollegen und jene Talente, die als nächstes den Durchbruch schaffen sollen.

LAOLA1: Wie ist die Vorbereitung auf die neue Saison gelaufen?

Harald Suchard: Zwischen ruhig und turbulent, ereignisreich und spannend. Sie war zufriedenstellend, wohlwissend, dass es als Trainer der Young Violets ein Thema ist, eine Vorbereitung zu bestreiten, ohne zu wissen, wie die Mannschaft im ersten Pflichtspiel aussieht. Aber das ist part of the game.

"Vom klassischen Stamm sind drei, vier Spieler übrig, der Rest wurde mit U18-Spielern aufgefüllt. Die sind engagiert, aber das Gefälle ist doch recht groß."

LAOLA1: Bei der Austria ist die Durchlässigkeit sehr groß, viele Talente hoffen auf eine Chance bei den Profis. Wieviel Prozent deines Kaders kennst du schon?

Suchard: Ich weiß, dass rund zehn Spieler, mit denen ich das Frühjahr bestritten habe, nicht zur Verfügung stehen – drei Spieler haben den Klub verlassen, sieben sind aktuell bei den Profis. Die Frage ist, wie schnell sich diese Spieler dort beweisen können. Vom klassischen Stamm sind drei, vier Spieler übrig, der Rest wurde mit U18-Spielern aufgefüllt. Die sind engagiert, aber das Gefälle ist doch recht groß.

LAOLA1: Mit Raphael Schifferl hast du auch einen Neuzugang begrüßen dürfen.

Suchard: Der blonde Hüne! Wir wussten, dass wir in der Innenverteidigung sehr dünn besetzt sind. Wir hatten Schifferl einige Male im Probetraining. Er hat seine Qualitäten in der Defensive, ist sehr kopfball- und zweikampfstark, sehr kompromisslos und mutig im Infight. Im Spiel mit dem Ball hat er noch Defizite. In der 2. Liga sorgen lange, hohe Bälle immer wieder für Gefahr, da kann er seine Qualitäten ausspielen.

LAOLA1: Im Frühjahr noch Leihspieler, inzwischen fix verpflichtet: Florian Fischerauer. Was erwartest du von ihm?

Suchard: Noch einmal eine Steigerung! Er hat auf Anhieb seine Qualitäten auf den Platz gebracht, ist danach aber in ein kleineres Loch gefallen. Er will heuer voll durchstarten, stellt an sich den Anspruch, zu den Profis dazuzugehören. Wenn er diesen Fokus beibehält, wird er seine führende Rolle bei den Young Violets weiter ausbauen und dann liegt es an ihm, zu zeigen, dass er den Konkurrenzkampf bei den Profis annehmen kann.

VIDEO: So erlebte Suchard die Lizenzverweigerung

(Interview wird unter dem Video fortgesetzt)



LAOLA1: Auf welchen der ganz jungen Spieler dürfen sich die Austria-Fans besonders freuen?

Suchard: Es gibt eine Vielzahl an Spielern, die diesen Step zur Startlinie für das Rennen zum Profi geschafft haben. Ziad El Sheiwi, Muhammet Araz, Florian Wustinger, Simon Radostits, Romeo Vucic, Leonardo Ivkic – um ein paar Namen zu nennen. Mit Prognosen bin ich vorsichtig, weil die Entwicklung eines Spielers total schwierig vorauszusagen ist.

LAOLA1: Du bist seit über zwei Jahren Trainer der Young Violets, warst davor auch schon als Spieler bei der Austria. Erkennst du den Klub seit dem Sommer eigentlich wieder?

Suchard: Es ist sehr, sehr turbulent, es hat sich viel geändert. Man läuft Gefahr, sich viel den Kopf über alle neuen Personen und Positionen zu zerbrechen. Was macht der, was hat der vor? Als Trainer ist es ohnehin schwierig genug, den Apparat Young Violets so zusammenzuhalten, dass er funktioniert. Für meine Arbeit unmittelbar ist das nicht entscheidend. Aber ja, ich spüre den Umbruch, die neue Struktur.

LAOLA1: Wie hast du diese Weltuntergangsstimmung rund um die Lizenzverweigerung im Frühjahr erlebt?

Suchard: Die Reaktion, auch innerhalb des Vereins, war überraschend. Für viele Mitarbeiter war es ja keine komplette Überraschung, man hat ja gewusst, dass die Situation schwierig ist. Die Personen, die mit den Zahlen und Verträgen arbeiten, wussten genau, was auf uns zukommt. Klar, die negativen Schlagzeilen kannst du nicht einfach wegschieben, aber du darfst nicht den Fehler machen, alles ganz katastrophal zu sehen. Kurz nach dem Lizenzentscheid hat schon wieder das Gefühl überwogen, dass sich Leute zusammentun, um zu helfen. Man hat einen Zusammenhalt gesehen. Aber natürlich kann man die finanzielle Situation nicht schönreden. Wir müssen kleinere Brötchen backen.

"Ich weiß, dass ich in den vergangenen zwei Jahren in Situationen war, wo bei einem anderen Verein mit der Situation vielleicht noch so cool und mit Überzeugung umgegangen worden wäre, wie es bei der Austria passiert ist"

LAOLA1: Mit Manfred Schmid als Chefcoach, Manuel Ortlechner als Sportdirektor und Florian Mader als Akademieleiter sind drei Männer an sportlich entscheidenden Posten neu gekommen. Wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Suchard: Zu diesem Paket kommt noch Ralf Muhr hinzu, der mit seiner Erfahrung aus diversen Bereichen eine extreme Expertise reinbringt. Wir führen gemeinsam sehr intensive Gespräche und wollen regelmäßig über sportliche Inhalte, einzelne Spieler sprechen. Die sportlichen Verantwortlichen müssen wissen, worum es geht. Das gleiche Denken, Reden und Handeln für einen Spieler ist extrem wichtig.

LAOLA1: Das klingt so, als hätte es das in der jüngeren Vergangenheit nicht gegeben.

Suchard: Doch, aber auf eine andere Art und Weise. Die sportliche Führung an oberster Stelle hat sich in den letzten Jahren immer neu gestaltet – vom Sportdirektor zum Sportvorstand, Sportdirektor weg, dann wieder Sportdirektor mit zusätzlichem Leiter der Lizenzabteilung. Es sind verschiedene Konstrukte entstanden. Aber mit wem rede ich worüber?

LAOLA1: Du bist mit einer Amtszeit von über zwei Jahren der längstdienende Trainer der 2. Liga. Warum ist dieser Job so unsicher?

Foto: © GEPA

Suchard: Mir war das gar nicht so bewusst. Ich weiß, dass ich in den vergangenen zwei Jahren in Situationen war, wo bei einem anderen Verein mit der Situation vielleicht nicht so cool und mit Überzeugung umgegangen worden wäre, wie es bei der Austria passiert ist. Ich spüre bis heute, dass der Verein mir das volle Vertrauen schenkt. Das Feedback ist positiv. Das gibt mir die Zuversicht, weiterzumachen. Wohlwissend, dass auch die neue Saison um nichts leichter wird als die vergangenen beiden. Wir müssen mit einem holprigen Start rechnen.

LAOLA1: Das Feedback vom Verein war nicht nur positiv, du warst einer jener Trainer, die sich als Kandidaten auf den Trainerjob bei den Profis präsentieren durften.

Suchard: Das bestätigt die Tatsache, dass der Verein an meine Arbeit glaubt. Ich habe es als große Ehre empfunden, in diesem Kreis dabei zu sein und mich präsentieren durfte. Ich habe auch offen kommuniziert, dass ich diese Entscheidung ohne Zorn zur Kenntnis nehme. Ich habe eine Aufgabe hier und werde meinen Weg weitergehen.

LAOLA1: Warum feiern die Young Violets ihren ersten Saisonsieg heuer früher als Ende September/Anfang Oktober?

Suchard: Weil die Qualität der Spieler – auch in den vergangenen Jahren – gut war. Die Spieler haben eine gute Ausbildung. Mir persönlich ist viel zu oft das Argument gekommen, dass der Output der Akademie nicht gut genug ist. Ich kann das so nicht stehen lassen! Die Frage ist, wie schnell sich ein 17- oder 18-Jähriger im Erwachsenenfußball adaptiert. Ich glaube, dass wir diese Saison jüngere Spieler haben, die eine robustere Spielweise an den Tag legen. Das ist vielleicht der entscheidende Punkt.

LAOLA1: Alles, was mehr als der Klassenerhalt ist, ist Draufgabe, oder?

Suchard: Das unterschreibe ich so. Ich will den Klassenerhalt aber nicht als oberste Priorität stehen lassen. Zu Beginn einer Saison gibt es bei den Young Violets sehr viele Fragezeichen. Es ist unfair, eine Prognose abzugeben, wenn ich nicht weiß, wie die Mannschaft beim Abschlusstraining für das Auftaktspiel gegen Wacker Innsbruck tatsächlich aussieht. Deswegen ist eine Zielsetzung sehr, sehr schwierig. Im Idealfall spielen die Profis über Wochen hinweg englische Runden. Das heißt für mich: Noch kleinerer Kader, noch weniger Zugriff auf erfahrene Spieler.



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