news

Ernährungs-Blog: Alkohol - Ein Achterl in Ehren?

Ein Achterl in Ehren - Schadet Alkohol der sportlichen Entwicklung? Experte Staudner klärt auf:

Ernährungs-Blog: Alkohol - Ein Achterl in Ehren?

Alkohol ist in unserem und vielen anderen Kulturkreisen seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil. Ob bei Festlichkeiten, religiösen Zeremonien, Veranstaltungen oder für den persönlichen Genuss, Alkohol ist nahezu allgegenwärtig. 

Bier, Wein und Schnaps sind aus unserer modernen Gesellschaft kaum mehr wegzudenken. Wenn wir es einmal übertreiben und über den sogenannten Durst trinken, wissen wir am nächsten Tag, dass wir unserem Körper und Geist nichts Gutes getan haben. "Nie wieder", sagt uns dann eine Stimme. Dies hält aber meisten nur bis zur nächsten Geburtstagsfeier im Freundeskreis.

Aber wie sieht es mit kleinen Mengen aus? Ein Cocktail, ein Bier nach der Arbeit, ein Glas Wein zum Abendessen? Hat dies negative Aspekte? Und schadet ein kleinwenig Alkohol deinen sportlichen Erfolgen? Sehen wir uns das mal genauer an!

Alkohol ist gerade im Sport unter Fans und aber auch unter Athleten teilweise sehr beliebt. Deshalb legen wir den Fokus in unserer Betrachtung genau darauf.

Die LAOLA1-Kochshow: Mit Richard Staudner und Virginia Ernst

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Wirkt Alkohol auf unseren Flüssigkeitshaushalt?

Alkohol entzieht dem Körper Wasser, zusätzlich besteht die Gefahr, dass Alkoholkonsum nach dem Sport die Wasserzufuhr ersetzt und der Flüssigkeitshaushalt dadurch nicht optimal versorgt wird. Wasser ist die wichtigste leistungssteigernde Substanz und ein Mangel an dieser, kann zu erheblichem Leistungsabfall führen. Das liest sich einfach, ist aber tatsächlich ein schwerwiegendes Thema. Denn viele Athleten trinken grundsätzlich zu wenig Wasser und torpedieren ihren Wasserhaushalt noch zusätzlich. 

In der Ruhe liegt die Kraft

Es hat sich auch gezeigt, dass ein Muskelkater nach Alkoholkonsum schmerzhafter ist und der Körper generell länger zur Regeneration braucht. Die Sprunghöhe und Maximalkraft 24 Stunden nach einem Training sind mit Alkohol signifikant geringer als ohne Alkohol. Dies ist dann relevant, wenn wenig Zeit für Erholung ist. Zum Beispiel hat man oft im Fußball Training und Spiel auf darauffolgenden Tagen. Für Profi-Sportler ist dies wieder besonders interessant.

In Versuchen nahm die Proteinsynthese, also der Muskelaufbau, bei akuter hoher Alkoholaufnahme um 75% ab. Hier werden durch den Abbau von Alkohol Wachstumsfaktoren gehemmt. Ich glaube, diese Information ist für alle, die Muskelmasse aufbauen oder halten wollen, sehr wertvoll. Bedenke doch einmal wie hart du jedes Gramm Muskel erkämpfen musst.

Jeder Moment deiner Regeneration ist kostbar und Alkohol ist da leider ein Gegenspieler.

Wohin mit der ganzen Energie?

Wir dürfen nicht vergessen, Alkohol liefert auch enorm viel Energie. Unser Körper muss diese auch verarbeiten. Alkoholkonsum direkt nach Sport verlangsamt leider die Glykogensynthese. Mit der Energie, die das alkoholische Getränk liefert, wird oft ein Teil der Nährstoffe aus unseren konsumierten Lebensmitteln ersetzt. Dadurch kommt es zu einer inadäquaten Aufnahme von Kohlenhydraten.

Außerdem hat sich gezeigt, dass durch Alkohol das Auffüllen der Muskelspeicher zeitverzögert wird. Erst nach 24 Stunden ist hier der gleiche Wert erreicht, wie ohne Alkohol. Auch dies ist wieder relevant, wenn du nur wenig Zeit für Erholung hast oder regelmäßig trainierst und Wettkämpfe hast. Du kannst für den Folgetag energetisch nicht gleichermaßen wieder aufgefüllt sein wie nach Alkoholabstinenz.

Wird die Koordination und Konzentration schwächer?

Während kleine Mengen an Alkohol einem oft das Gefühl geben, ruhiger an etwas heranzutreten und dies auch bei Menschen mit Handtremor bei feinmotorischen Bewegungen der Fall ist, sind moderate bzw. besonders höhere Mengen hier bereits wieder negativ. Auch die Reaktionszeit wird bereits ab dem ersten Schluck vermindert. Bei regelmäßigem Alkoholkonsum wird außerdem Gehirnmasse abgebaut und es zeigen sich Schwierigkeiten mit exekutiven Funktionen und Beeinträchtigung der Handlungskontrolle. Einfach gesagt, "das Erlernen einer komplizierten neuen Fertigkeit" wird gehemmt.

Nur müssen wir dies im Sport ja laufend! Wir lernen neue Techniken und versuchen, diese unter anderem im Schlaf zu speichern.

Alkohol vor Training und Wettkampf

Alkoholkonsum vor sportlichen Leistungen kommt selten vor, dennoch ist es an dieser Stelle wichtig, zu erwähnen, dass bereits eine kleine Menge direkt zu einer verminderten Ausdauerleistung führt. Auch bei Sprint, Kraft und High-Intensity-Exercise vermindern kleine bis moderate Mengen bereits die Performance. Zusätzlich vermindert Alkohol die Blutzufuhr und damit die Sauerstoffversorgung der Muskeln, indem er die Gefäße verengt. Dadurch kann auch der Schweregrad einer Verletzung erhöht sein. Bei chronischem Alkoholkonsum konnte sogar ein Muskelproteinabbau gezeigt werden, was unter anderem mit Muskelkrämpfen in Verbindung gebracht wird.

Das Stamperl vor dem Wettkampf zur Beruhigung der Nerven rückt so in ein ganz neues Licht.

Besser einschlafen, aber schlechter durchschlafen

Es ist mittlerweile evident, dass Alkohol in sämtlichen Dosierungen, also auch schon ab kleinen Mengen, die Schlafqualität vor allem in der REM-Phase mindert. Schlaf ist nicht nur die Basis für athletische Performance, sondern kann auch direkt mit der Verletzungsgefahr in Verbindung gebracht werden. Fußballspieler mit schlechtem Schlaf haben weitaus häufiger Muskelzerrungen, Verletzungen durch Muskelschwäche, Meniskusverletzungen, Knie- und Knöchelverstauchungen und Schulterluxationen. Außerdem mussten Spieler mit schlechter Schlafqualität nach Verletzungen länger aussetzen. Generell steht Alkoholkonsum mit nächtlichen Muskelkrämpfen im Zusammenhang und kann so auch eine Ursache für Schlafmangel darstellen.

Viele Sportler nutzen Alkohol, um leichter einzuschlafen. Auch wenn dies grundsätzlich möglich ist, leidet das qualitative Durchschlafverhalten. Das bedeutet, du schläfst zwar, aber kommst nicht so häufig und lange in die regenerativen Tiefschlafphasen. Diese sind aber für die Erholung und Wachstum besonders wichtig. Das selbe Problem entsteht auch durch Einnahme von Schlafmittel und THC. Ohne diese Mittel ist unser Schlaf qualitativ besser und wir können alle Vorteile wie Regeneration, Heilung und Wachstum nutzen.

Schlaf ist die wichtigste Säule unserer Erholung. Der regelmäßige oder übermäßige Konsum von Alkohol steht also auf Dauer der Performance im Weg.

Wie reagiert dein Mineralstoffhaushalt auf Alkohol?

Alkohol hat einen erheblichen Einfluss auf den Mineralstoffhaushalt, was sich zum Beispiel mit nächtlichen Krämpfen bemerkbar machen kann. Bei älteren Menschen hat Alkohol auch einen negativen Einfluss auf die Knochendichte. Geringere Knochendichte ist ein wichtiger Risikofaktor für Knochenbrüche, welche im Alter eher unangenehm verlaufen.

Bei jungen, aktiven Männern ist paradoxerweise ein gegenteiliger Effekt festgestellt worden, wobei ein geringer Alkoholkonsum zu höhere Knochendichte im Oberschenkel geführt hat. Dies kann auf einen veränderten Hormonhaushalt zurückgeführt werden.

Ein wenig Alkohol ist doch gesund?

In den letzten Jahren wurden die Stimmen größer, dass Alkohol in geringen Dosierungen gesundheitsfördernde Wirkung habe. Das mag zwar für einzelne Bestandteil wie Resveratrol in Rotwein gelten, aber für Alkohol selbst konnte dies in aktuellen Studien nicht belegt werden.

In manchen Regionen der Welt sieht man, dass Menschen trotz Alkoholkonsum gesund und munter nahezu ewig leben. Sardinien in Italien oder Ikaria in Griechenland beispielsweise, gehören zu den sogenannten Bluezones. Im Vergleich zum Rest der Welt wird ein größerer Teil der Bewohner in diesen Regionen über 100 Jahre alt.

Es ist wichtig, hier das gesamte Bild zu betrachten. Diese Menschen nutzen intuitiv andere gesundheitsfördernde Faktoren, um so biblisches Alter zu erreichen. Sie haben weder ein Fitnessstudio im Ort, noch einen ausgefeilten Ernährungsplan. Ruhe und viel Bewegung an der frischen Luft, Muse für ihre Arbeit bis ins hohe Alter und die volle soziale Integration in der Gesellschaft. Diese Faktoren gelten als besonders wichtig für die Erhaltung der allgemeinen Gesundheit. Ein Glas Wein zum Essen steht somit in einem ganz anderen Licht.

Es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Alkoholkonsum auch in kleinen Mengen gesundheitsschädliche Wirkung haben kann. Ab dem ersten Schluck kann laut Studien Alkohol Auslöser für Krebs sein. Hoher Alkoholkonsum ist außerdem die häufigste Ursache für Bluthochdruck, für ein Drittel aller Herzschwächen verantwortlich, und erhöht das Herzinfarktrisiko. 

Fazit

Alles in Allem schadet Alkohol also der Performance. Wer abends trinkt, kann am nächsten Tag womöglich nicht seine Top-Leistung erbringen und muss mit einem erhöhten Verletzungsrisiko rechnen.

Dies heißt nicht, dass ein Leben in Abstinenz notwendig ist, aber es regt dazu an, unsere grundlegende Akzeptanz und Offenheit gegenüber Alkohol im Alltag zu hinterfragen. Am Ende macht die Menge das Gift und einen geselligen Abend mit Freunden oder Familie solltest du auf jeden Fall genießen. Es sollte alles in einer gewissen Balance stehen. Ein Leben lang abstinent zu sein und deshalb Feiern zu meiden oder nicht auszugehen, ist der falsche Weg. Gesundes Sozialverhalten hat genauso viel Gewicht in Krankheitsprävention wie Ernährung oder Sport. Genieße dein Zeit! Vielleicht ab jetzt aber mit ein wenig mehr Rücksicht auf deine Gesundheit und sportliche Leistung.

Richard Staudner ist High-Performance Coach und betreut seit vielen Jahren die Elite im österreichischen Profi-Sport. Er hat sich auf die Bereiche Ernährung, Bewegung und Erholung spezialisiert, denn dort vermutet er das größte Entwicklungspotenzial. Richard hat den Blick aufs Detail und bringt mit seinem Konzept seine Athleten auf ihr persönliches Optimum.

https://richardstaudner.at/

Quellen:

1. Barnes MJ. Alcohol: Impact on Sports Performance and Recovery in Male Athletes. Sports Med. 1. Juli 2014;44(7):909–19.

2. Kerksick CM, Wilborn CD, Roberts MD, Smith-Ryan A, Kleiner SM, Jäger R, u. a. ISSN exercise & sports nutrition review update: research & recommendations. J Int Soc Sports Nutr. 1. August 2018;15(1):38.

3. Levitt DE, Idemudia NO, Cregar CM, Duplanty AA, Hill DW, Vingren JL. Alcohol After Resistance Exercise Does Not Affect Muscle Power Recovery. J Strength Cond Res. Juli 2020;34(7):1938–44.

4. Burke LM, Collier GR, Broad EM, Davis PG, Martin DT, Sanigorski AJ, u. a. Effect of alcohol intake on muscle glycogen storage after prolonged exercise. J Appl Physiol. 1. September 2003;95(3):983–90.

5. Lymperis Koziris. Alcohol and athletic performance. 2000 [zitiert 23. Dezember 2020]; Verfügbar unter: http://rgdoi.net/10.13140/RG.2.1.1692.5608

6. Weiss E, Singewald EM, Ruepp B, Marksteiner J. Alkohol induzierte kognitive Dysfunktion. Wien Med Wochenschr. 1. Jänner 2014;164(1):9–14.

7. Lecoultre V, Schutz Y. Effect of a small dose of alcohol on the endurance performance of trained cyclists. Alcohol Alcohol Oxf Oxfs. Juni 2009;44(3):278–83.

8. Preedy VR, Adachi J, Ueno Y, Ahmed S, Mantle D, Mullatti N, u. a. Alcoholic skeletal muscle myopathy: definitions, features, contribution of neuropathy, impact and diagnosis. Eur J Neurol. 14. November 2001;8(6):677–87.

9. Ebrahim IO, Shapiro CM, Williams AJ, Fenwick PB. Alcohol and Sleep I: Effects on Normal Sleep. Alcohol Clin Exp Res. 2013;37(4):539` – 549.

10. Fullagar HHK, Skorski S, Duffield R, Hammes D, Coutts AJ, Meyer T. Sleep and Athletic Performance: The Effects of Sleep Loss on Exercise Performance, and Physiological and Cognitive Responses to Exercise. Sports Med. 1. Februar 2015;45(2):161–86.

11. Silva A, Narciso FV, Soalheiro I, Viegas F, Freitas LSN, Lima A, u. a. Poor Sleep Quality’s Association With Soccer Injuries: Preliminary Data. Int J Sports Physiol Perform. 10. November 2019;15(5):671–6.

12. Hawke F, Chuter V, Burns J. Factors associated with night-time calf muscle cramps: A case–control study. Muscle Nerve. 2013;47(3):339–43.

13. Rehm J, Soerjomataram I, Ferreira-Borges C, Shield KD. Does Alcohol Use Affect Cancer Risk? Curr Nutr Rep. September 2019;8(3):222–9.

14. O&amp JH, apos, Keefe, Bhatti SK, Bajwa A, DiNicolantonio JJ, u. a. Alcohol and cardiovascular health: the dose makes the poison ... or the remedy. Mayo Clin Proc. 1. März 2014;89(3):382–94.

15. Paccou J, Edwards MH, Ward K, Jameson K, Moon R, Dennison E, u. a. Relationships between bone geometry, volumetric bone mineral density and bone microarchitecture of the distal radius and tibia with alcohol consumption. Bone. 1. September 2015;78:122–9.

16. Venkat KK, Arora MM, Singh P, Desai M, Khatkhatay I. Effect of alcohol consumption on bone mineral density and hormonal parameters in physically active male soldiers. Bone. 1. September 2009;45(3):449–54.

Kommentare