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„Der große Traum war einfach weg“

„Der große Traum war einfach weg“

„Ich kann nicht sagen, ich gewinne alles.“

Snowboarderin Julia Dujmovits gibt sich nach ihrem Olympia-Sieg in Sotschi und vor dem Start in die neue Saison mit dem Highlight Heim-WM zurückhaltend.

Gleichzeitig lässt die bodenständige Burgenländerin aber wissen: „Ich fühle mich im Slalom so stark wie nie.“

Im LAOLA1-Interview spricht die 27-Jährige über die – nicht immer einfache – Zeit nach ihrem großen Triumph, warum sie in diesem Sommer im Training völlig neue Wege gegangen ist und wie anstrengend ein Halb-Ironman selbst für eine Modell-Athletin ist.


LAOLA1: Dein Olympiasieg ist jetzt über neun Monate her. Wo ordnest du den Erfolg mit etwas Abstand ein?

Dujmovits: Olympiasiegerin zu werden war mein allergrößter Traum. Ich habe die letzten Jahre nur auf dieses große Ziel hintrainiert. Jedes Rennen war der Weg zu Olympia. Ich kann und will das gar nicht toppen. Es ist einfach das Größte, das ich in meiner Sportart erreichen kann. Das habe ich geschafft und es macht mich natürlich auch stolz.

Andererseits habe ich nach diesem großen Erfolg auch eine gewisse Zeit gebraucht, um mich auf neue Ziele konzentrieren zu können. Der große Traum vom Olympiasieg, der mich die letzten Jahre begleitet hat, war einfach weg. Wenn man jeden Tag in der Früh aufsteht und zum Training geht, wenn man alles dem einen Ziel unterordnet und dann ist es plötzlich weg, da fehlt schon etwas. Aber mir ist schnell wieder klar geworden, dass ich Sport mache, weil mir die Bewegung so viel Spaß macht.

LAOLA1: Du hast in Sotschi die erste Olympia-Medaille für das Burgenland überhaupt geholt. Was bedeutet dir diese historische Medaille persönlich?

Dujmovits: In erster Linie ist es eine historische Medaille für mich selbst. Ich habe das für mich persönlich erreicht. Aber die erste Medaille für das Burgenland zu holen, ist ein extrem cooles Gefühl. Das Burgenland bedeutet für mich Familie. Wenn ich nach Hause komme, kann ich immer wieder abschalten und mich erholen. Es gibt zum Beispiel eine Laufstrecke bei mir zuhause, die bin ich schon gelaufen, als ich elf Jahre alt war und das Ziel hatte, Olympiasiegerin zu werden. Jetzt bin ich 27, Olympiasiegerin, Vizeweltmeisterin, Dritte im Gesamtweltcup und ich laufe die Strecke immer noch gerne. Es ist einfach ein vertrautes Gefühl.

LAOLA1: Wie stressig war die Zeit nach deinem Olympia-Sieg?

Dujmovits: Schon sehr. Klar hat es Momente gegeben, in denen ich nicht mehr gewusst habe, wo mir der Kopf steht. Im Endeffekt konnte ich aus den vergangenen neun Monaten aber so viel lernen, dass es wieder etwas Positives hat. All die Erfahrungen haben mich in meiner Entwicklung extrem weitergebracht.

Dujmovits holte in Sotschi Gold im Parallel-Slalom

LAOLA1: Hat deine Saison-Vorbereitung im Sommer unter dem Stress gelitten?

Dujmovits: Im Sommer war es nicht unbedingt stressiger, es war einfach anders. Ich war es in den letzten Jahren gewohnt, nach einer Saison Zeit zu haben, um abzuschalten. Danach bin ich immer nach Hawaii geflogen, um zu trainieren. Dieses Jahr bin ich nach Hawaii geflogen, um Energie zu tanken. Ich habe mein Sommer-Training komplett umgestellt. Ich war kein einziges Mal im Fitnesscenter, habe dafür viel Yoga gemacht, war Kite-Surfen und habe am Halb-Ironman teilgenommen. Dabei bin ich an meine Grenzen gegangen, aber mit voller Energie wieder nach Hause gekommen und war in der Kraftkammer im Vergleich zum Vorjahr um nichts schwächer.

LAOLA1: Warum hast du dich für diese „alternative“ Art der Saison-Vorbereitung entschieden?

Dujmovits: Mir war in diesen Sommer einfach wichtig, etwas anderes zu machen. Ich kenne zwar niemanden, der im Sommer so trainiert, aber das ist mir egal. Ich bin meinen eigenen Weg gegangen. Mir geht es gut dabei und ich habe Spaß daran. Beim Halb-Ironman bin ich so an meine körperlichen Grenzen gegangen, wie noch nie zuvor. Aber genau solche Erfahrungen helfen mir im Winter. Ich weiß, dass ich beim Snowboarden nie so an meine Grenzen gehen werde, das ist rein körperlich gar nicht machbar. Ich konzentriere mich einfach auf meine Stärken und nicht auf das, was ich vielleicht noch besser machen könnte.

LAOLA1: Dann steht der nächsten Gold-Medaille bei der Heim-WM nichts mehr im Weg.

Dujmovits: Bei der WM in Stoneham 2013 (Silber-Medaille, Anm. der Red.) war ich im ersten Moment enttäuscht, weil ich gewusst habe, dass mehr möglich war. Eigentlich hätte ich das Ding gewinnen können, aber ich habe einen Fehler gemacht. Im selben Moment hatte ich aber schon den Gedanken, dass ich beim nächsten Großevent, den Olympischen Spielen, ganz oben stehen möchte. In dieser Hinsicht hat mir dieser zweite Platz enorm viel geholfen. Genauso sehe ich das bei jedem Rennen. Wenn ich am Start stehe, will ich gewinnen, sonst brauche ich nicht zu starten. Aber ich kann auch nicht sagen, ich gewinne alles. Dennoch gehe ich mit einem guten Gefühl in die neue Saison.

LAOLA1: Wie liegt dir der WM-Hang im Lachtal?

Dujmovits: Er lacht mich schon so richtig an. (grinst) Ich glaube, es ist ein riesiger Vorteil, dass unsere Bewerbe nicht am Kreischberg, sondern im Lachtal stattfinden. Somit haben wir die Garantie, dass unsere Piste perfekt vorbereitet wird. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Oft wird zuvor der Boardercross gefahren, dann herrschen bei uns schlechte Bedingungen. Ich weiß, dass ich bei guten Pisten-Verhältnissen meine Technik noch besser ausspielen kann. Wenn die Bedingungen im Lachtal passen, dann können wir für viele Medaillen sorgen.

 

Das Gespräch führte Daniela Kulovits

LAOLA1: Würdest du sagen, du bist derzeit so stark wie nie zuvor?

Dujmovits: In der vergangenen Saison haben schon alle gesagt, ich bin in der Form meines Lebens. (lacht) Aber ich fühle mich im Slalom - ganz ehrlich - so stark wie noch nie. Ich bin noch nie so früh in der Saison so gut am Slalom-Board gestanden. Ich traue mich wirklich zu sagen, dass ich momentan mindestens so stark fahre, wie vor den Olympischen Spielen. Im Riesenslalom ist sicher noch etwas Arbeit notwendig. Nicht im technischen Bereich, sondern im Hinblick auf das perfekte Material. Ich habe im Slalom schon im Dezember auf die Marke Kessler gewechselt und im Riesenslalom erst vor vier Monaten. Da ist einfach ein halbes Jahr dazwischen, aber ich bin davon überzeugt, dass wir das Board gut hinbekommen. Ich weiß, dass ich schnell bin. Mein Ziel ist natürlich, an die abgelaufene Saison anzuschließen.

LAOLA1: Die Erwartungen an dich bei der Heim-WM im Jänner am Kreischberg/Lachtal werden sehr hoch sein. Wie gut kannst du mit Druck umgehen?

Dujmovits: Ich glaube, ich habe in Sotschi nach dem Riesentorlauf gezeigt, dass ich gut mit Druck umgehen kann. Da hat sich auch jeder viel erwartet und dann bin ich 29. geworden. Damals wollten mir alle einreden, dass es ein mentales Problem war. Aber ich war davon überzeugt, dass es eben nicht so war. Mehr Druck als nach diesem Tag hätte es fast nicht geben können und dann habe ich Gold gewonnen.

Gerade bei Großveranstaltungen muss man einfach zu 100 Prozent man selbst bleiben. Klar steht irgendwo WM drüber oder man trägt die Ringe auf der Brust, aber im Endeffekt ist es noch immer ein Frontside- und ein Backside-Schwung. Es ist genauso links und rechts, wie es das schon vor zehn Jahren war. Bei der WM wird Druck nicht das Thema sein. Ich konzentriere mich auf meine Stärken und versuche, ein gutes Gefühl beim Snowboarden zu finden. Wenn ich das schaffe, weiß ich, dass ich schnell bin.