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Die Tops und Flops der 63. Vierschanzen-Tournee

Die Tops und Flops der 63. Vierschanzen-Tournee

 20.000 Fans erlebten hautnah mit, wie sich Stefan Kraft in Bischofshofen zum neuen König der Vierschanzen-Tournee krönte.

Sie waren live dabei, als Michael Hayböck zu seinem ersten Weltcupsieg sprang und damit für das Tüpfelchen auf dem i sorgte.

Damit ging eine beeindruckende 63. Tournee zu Ende, die wieder einmal für jede Menge Aufreger, Höhepunkte und auch Tiefschläge sorgte.

Wir fassen die vergangenen zehn Tage noch einmal zusammen - das waren die Tops und Flops der Tournee: 

 Die ÖSV-Siegesserie

Ja, sie hat gehalten! Stefan Kraft sorgte für den siebenten Streich des österreichischen Skisprung-Teams en suite und prolongierte damit die längste Siegesserie einer Nation in der Geschichte der Vierschanzen-Tournee. Damit nicht genug, gelang den ÖSV-Adlern auch in der ewigen Bestenliste ein weiterer Meilenstein. Mit dem nunmehr 16. Triumph hat Österreich mit den bisherigen Rekordhaltern Finnland (letzter Sieger Janne Ahonen 2007/08) sowie Deutschland (Sven Hannawald 2001/02; inklusive DDR) gleichgezogen.

 

 Die Siegambitionen der DSV-Adler

"Es ist der Fluch der neuen Generation: Immer, wenn Tournee ist, kriegen sie nichts gebacken", fand Sven Hannawald in der "Bild" klare Worte für das Abschneiden der deutschen Springer beim Auftaktbewerb in Oberstdorf. Schon frühzeitig vergaben Severin Freund, Richard Freitag und Co. ihre Chancen auf einen den Gesamtsieg. Cheftrainer Werner Schuster zeigte sich entsetzt: "Ich habe mir in den kühnsten Träumen nicht ausmalen können, dass unsere Topleute so schlecht springen können."

 

 Der ÖSV-Teamspirit

Die letzte Saison war geprägt von Streitereien, in diesem Winter leben die rot-weiß-roten Adler Teamgeist vor. Allen voran Stefan Kraft und Michael Hayböck, die zwar die schärfsten Rivalen im Kampf um den Gesamtsieg waren, dabei aber nie ihre dicke Freundschaft außer Acht ließen. Sie gönnten dem jeweils anderen den Erfolg und wurden dafür mit je einem Tageserfolg sowie dem Gesamt-Doppelsieg belohnt. Doch nicht nur die beiden ließen den neuen Teamspirit erkennen, auch der immer wieder scharf kritisierte Gregor Schlierenzauer freute sich ehrlich für seine Kameraden mit. 

 "Bschiss"-Vorwürfe

Der Schweizer "Blick" sorgte mit einem Betrugsartikel für Wirbel. Anders Jacobsen sprang in Garmisch-Partenkirchen mit einem Anzug zum Sieg, der nicht den Regularien entsprach. Die FIS-Materialkontrolle bestand er trotzdem, wenngleich er in Innsbruck zum Rapport musste und dabei offiziell ermahnt wurde. Im selben Atemzug wurden allerdings auch der ÖSV ("Vor jeder Tournee tricksen die österreichischen Skispringer") und die Deutschen von der Zeitung der Schummelei bezichtigt. Die Betrugsvorwürfe des Schweizer Blattes erweckten den Eindruck eines schlechten Verlierers. "Local Hero" Simon Ammanns Traum vom Tournee-Sieg platzte bekanntlich frühzeitig.

 

 Das Ende der DSV-Unserie

Grund zur Freude hatten die Deutschen auch - zumindest in Innsbruck. Dort ging ihre sieglose Serie im Rahmen der Tournee nach 4.389 Tagen zu Ende. Erstmals seit Oberstdorf 2002 stand mit Richard Freitag wieder einer der ihren am obersten Treppchen. Es war im exakt 50. Event nach dem letzten Streich durch Sven Hannawald. "Die Erleichterung ist sehr groß", erklärte Martin Schmitt gegenüber LAOLA1, der Erfolg von Freitag sei ein wichtiger Schritt, um in Zukunft auch in der Tournee-Gesamtwertung reüssieren zu können.

 

 Anders und Anders

Anders Fannemel war als einer der großen Favoriten in die Tournee gestartet, Anders Bardal hatte bei LAOLA1 noch angekündigt, endlich erstmals unter die Top-3 der Gesamtwertung zu wollen. Am Ende muss festgehalten werden: Sie gehören zu den großen Verlierern, denn beide blieben meilenweit von ihrer Bestform entfernt. Fannemel wurde Gesamt-Elfter, Bardal kam nicht über Rang 20 hinaus. Die Ehre der Norweger rettete ein weiterer Anders - Jacobsen. Der ehemalige Tournee-Sieger hielt die Fahnen seines Landes mit dem Triumph in Garmisch-Partenkirchen sowie Rang fünf in der Endabrechnung hoch. 

Jahr Sieger
1953 Josef \'Bubi\' Bradl
1974/75 Willi Bürstl
1979/80 Hubert Neuper
1981/82 Hubert Neuper
1985/86 Ernst Vettori
1886/87 Ernst Vettori
1992/93 Andreas Goldberger
1994/95 Andreas Goldberger
1999/2000 Andreas Widhölzl
2008/09 Wolfgang Loitzl
2009/10 Andreas Kofler
2010/11 Thomas Morgenstern
2011/12 Gregor Schlierenzauer
2012/13 Gregor Schlierenzauer
2013/14 Thomas Diethart
2014/15 Stefan Kraft 

 Zuschauer-Andrang

Die Vierschanzen-Tournee ist und bleibt im deutschsprachigen Raum ein (Quoten-)Renner. Ob nun vor Ort oder vor den Bilschirmen - die vier Stationen sorgten für Begeisterung. Inklusive des Ersatztermins in Oberstdorf strömten an den Wettkampftagen 99.000 Zuschauer in die Stadien. In Deutschland waren beispielsweise beim Neujahrsspringen 6,05 Millionen Zuseher vor den Bildschirmen zu Hause dabei, hierzulande knackten die Bewerbe in Innsbruck (durchschnittlich 1,105 Mio. im 2. Durchgang) sowie Bischofshofen (1,477 Millionen im 2. Durchgang, 1,584 Mio. sahen die Nachberichte) die Millionen-Marke.

 

 Simon Ammann

Wieder einmal war er mit der Hoffnung gestartet, das letzte noch fehlende Teil in seinem Erfolgs-Puzzle zu erringen. Wieder einmal war der Schweizer gescheitert. Ein Sturz in Oberstdorf holte ihn jäh zurück in die Realität, ein weiterer in Bischofshofen ließ seine persönliche Tournee zu einer Katastrophe werden. Der vierfache Olympiasieger wurde blutüberströmt abtransportiert und ins Krankenhaus gefahren. Glück im Unglück: "Simi" kam ohne schwere Verletzungen davon. "Er kann Arme und Beine bewegen", erklärte der Schweizer Verband. FIS-Renndirektor Walter Hofer gab bei LAOLA1 ebenfalls schnell Entwarnung und verriet, dass er nach kurzer Bewusstlosigkeit schnell wieder ansprechbar war und Rücken sowie Wirbelsäule in Ordnung sind.

 

 Ein Evergreen

Last but not least: Noriaki Kasai. Die japanische Skisprung-Legende ist auf der internationalen Beliebtheitsskala wohl die klare Nummer eins, wird er doch auf jeder Schanze wie ein Lokalmatador bejubelt. Der 42-Jährige, der am Bergisel für seine verstorbene Mutter (hätte ihren 66. Geburtstag gefeiert) siegen wollte, wurde Dritter in Innsbruck sowie Zweiter in Bischofshofen. Zufrieden war er nur bedingt: "Ich habe jeweils kleine Fehler gemacht. Da ich dennoch am Podium war, freue ich mich ein bisschen. Echte Freude fühle ich aber nur bei einem Sieg." Den will er am 11. Jänner am Kulm nachholen. Der Titelverteidiger: "Da ist der Geburtstag meines Vaters. Ich will unbedingt gewinnen."


Christoph Nister