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WM-Medaille "ein Traum, aber nicht Ziel Nummer eins"

WM-Medaille

Von einem Moment auf den anderen war alles vorbei.

Als Jacqueline Seifriedsberger im letzten Dezember in Hinterzarten zu Fall kam, platzte ihr Olympia-Traum.

Riss des vorderen Kreuzbandes sowie Meniskusschaden - so lautete die Schockdiagnose.

Die Oberösterreicherin war jedoch nicht gewillt, den Kopf hängen zu lassen und richtete den Blick schnell wieder nach vorne.

Den Kopf nicht in den Sand stecken

"Es war der blödeste Zeitpunkt, aber ich konnte die Zeit ja nicht zurückdrehen. Ich wollte den Kopf nicht in den Sand stecken", erklärte sie im Gespräch mit LAOLA1 und blickt bereits einige Jahre in die Zukunft.

Die Olympischen Spiele in Pyeongchang 2018 sowie die Heim-Weltmeisterschaft 2019 sind langfristig gesehen auf ihrem Radar. "Das habe ich auf jeden Fall im Hinterkopf. Es wäre schön, wenn ich da dabei sein könnte."

Psychische Nachwirkungen

Zunächst einmal will sie sich allerdings im Weltcup beweisen. Gesundheitlich ist sie längst wieder wohlauf - unermüdlicher Stabilisationsarbeit, Krafttraining, Physiotherapie sowie Familie und treuen Sponsoren wie der OMV sei Dank.

Probleme bereitet ihr vorerst noch die Psyche. In der letzten Woche absolvierte die 23-Jährige ihre ersten Schneesprünge seit dem Sturz. "Das war dann schon ein Unterschied, weil man doch zurückdenkt", gesteht sie.

Der Unsicherheit trotzen

"Technisch gefällt mir ihr Sprung irrsinnig gut", beschrieb Cheftrainer Andreas Felder, "sie tut sich momentan aber noch schwer, an ihr Limit zu gehen." Seifriedsberger habe Hemmungen bei Topweiten.

"Da muss man ihm Recht geben", macht sie keinen Hehl daraus. Sie wisse zwar, dass das Knie stabil sei, "man zögert aber trotzdem". Mit dem ersten Wettkampf will sie die Unsicherheit ablegen.

"Wenn ich sehe, dass bei einem Sprung alles passt und das Knie hält, könnte das sicher ein entscheidender Punkt sein, sodass es auch vom Kopf her wieder besser läuft."

Ein Kreuzbandriss kostete Seifriedsberger ihre Olympia-Teilnahme in Sotschi

Immer das Positive suchen

Die Kürzung des Weltcupkalenders von 21 auf nur noch 14 Bewerbe bringt ihre Teamkollegin Daniela Iraschko-Stolz "zum Verzweifeln", Seifriedsberger sieht die Angelegenheit entspannter.

"Es ist einfach schwierig, weil alles viel Geld kostet. Natürlich ist es schade, dass wir nicht mehr Wettkämpfe haben. Generell sollten wir aber froh sein, dass wir schon so weit sind mit dem Weltcup, Weltmeisterschaft und jetzt sogar der Teilnahme an Olympischen Spielen".

Die Ursachen liegen ihrer Meinung nach am mangelnden Interesse der TV-Anstalten. "Die Springen werden nicht wirklich übertragen", hält die WM-Dritte von 2013 fest. Für die Veranstalter sei es daher schwierig, einen Top-Wettkampf auf die Beine zu stellen.

Mehr Kleinschanzen-Springen

Bei der FIS ortet Seifriedsberger indes noch Potenzial. Sie verstehe nicht ganz, warum die Damen nicht öfter gemeinsam mit den Herren unterwegs seien, "weil der Plan es mal anders war".

Da Gregor Schlierenzauer und Co. allerdings fast ausschließlich auf Großschanzen springen, müssten jedes Mal zwei Schanzen präpariert werden. "Die Herren müssten mehr Springen auf der Kleinschanze haben, dann würde es funktionieren."

WM nicht das primäre Ziel

Da sie die Situation nicht ändern kann, will sie das Beste daraus machen und in den wenigen Bewerben, die ihr und ihren Kolleginnen bleiben, einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

Die Weltmeisterschaft in Falun ist objektiv gesehen das Saison-Highlight. "Eine Medaille ist auf alle Fälle ein Traum", gesteht die Oberösterreicherin, "es ist aber nicht Ziel Nummer eins".

Vorrangig sei allerdings, "schnell wieder den Anschluss herzustellen. Dazu will ich wieder locker werden, dann kann ich auch wieder ganz vorne mitspringen".

Pinkelnig eine Bereicherung

In der Qualifikation hat das bereits exzellent funktioniert, mit Rang sechs sollte das Selbstvertrauen neuen Schub erhalten haben. Besser aus dem ÖSV-Team war lediglich Eva Pinkelnig.

Die 26-Jährige ist derzeit in aller Munde, da sie als Quereinsteigerin die etablierte Elite aufmischt. Mit 99,5 Metern stand sie den weitesten Sprung und landete auf Rang zwei.

"Ich finde es super, was sie macht", schwärmt auch Seifriedsberger. "Dass sie noch nicht lange springt und sich trotzdem schon weit entwickelt hat, ist stark."

 

Christoph Nister