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Gandler: "Es können nicht immer alle Pech haben"

Gandler:

Neun Weltcup-Bewerbe. Vier Weltcup-Stationen. Null Podestplätze.

Man muss wahrlich kein Experte sein, um anhand dieser Zahlen zu sehen: Im österreichischen Biathlon-Team läuft es alles andere als rund.

Während Emil Hegle Svendsen, Tarjei Bø oder Andreas Birnbacher von Erfolg zu Erfolg eilen und das Tempo vorgeben, laufen die rot-weiß-roten Loipenjäger hinterher.

„Meine Bilanz fällt natürlich durchwachsen aus, wir haben uns mehr erwartet“, bringt es Markus Gandler, Sportlicher Leiter in den Sparten Biathlon und Langlauf, im Gespräch mit LAOLA1 auf den Punkt.

Lücke zur Spitze größer geworden

Nachdem Dominik Landertinger, Christoph Sumann und Kollegen zum Auftakt in Östersund noch knapp an Stockerlplätzen vorbeischrammten, sieht es derzeit so aus, als wäre die Lücke zur Spitze größer geworden.

Woran das liegt? „Das ist immer schwierig zu sagen. Man muss jeden einzeln betrachten.“

Gesundheitliche Probleme

Gesagt, getan. Den Anfang machte Routinier Christoph Sumann.

„Bei ihm ist im Dezember eine grippale Geschichte ausgebrochen. Das war nicht dramatisch, aber er muss erst wieder in den Rhythmus finden. Die Form sollte mit den Rennen kommen.“

Bei Simon Eder sollen ebenfalls gesundheitliche Probleme die Ursache für die Formschwäche sein. „Er war in der wichtigsten Vorbereitungsperiode krank, vielleicht gehen ihm die harten Einheiten ab. Er hadert auch ein bisschen am Schießstand, was ihn im Kopf unsicher macht. Das kann man aber am wenigsten gebrauchen.“

Abstimmung wie in der Formel 1

Ein weiteres Sorgenkind ist Dominik Landertinger. Auch der Ex-Weltmeister ist weit von seinem Leistungsmaximum entfernt, zuletzt ließ er sogar freiwillig den Massenstart in Oberhof aus. „Landi ist eine Laufleistung gewohnt, mit der er zu den Besten gehört. Diese ruft er derzeit nicht ab“, erklärt Gandler und zieht einen Vergleich.

„Es ist wie in der Formel 1. Die Abstimmung muss passen, die einzelnen Komponenten müssen richtig abgestimmt sein. Es gehört alles richtig gemacht, doch derzeit klappt das eben nicht. Daran gilt es zu arbeiten.“

Mesotitsch die positive Ausnahme

Bleibt noch einer aus den „Fantastischen Vier“, die mit überragenden Leistungen bei der Weltmeisterschaft 2009 und in Vancouver 2010 hierzulande für einen Biathlon-Boom sorgten – Daniel Mesotitsch.

Saison Siege Platz 2 Platz 3 Plätze 4-10
2007/08 - - - 4
2008/09 - - - 9
2009/10 1 2 2 8
2010/11 1 1 - 8
2011/12 - - - 6
(Bilanz ohne Staffel)

Gandler: "Es rückt von hinten wenig nach"
„Er bildet eine Ausnahme und bringt seine Leistung. Momentan ist er sicher unser Stärkster. Simon, Landi und Sumi hinken halt hinterher. Wenn nur einer seine Leistung abruft, kommt eben nicht mehr heraus.“

Pinter mit nur einem Ergebnis

Dahinter hatten bekamen Sven Grossegger und Fritz Pinter zahlreiche Gelegenheiten, um sich zu beweisen. Während Ersterer mehrfach aufzeigte („Er ist eine positive Überraschung“), blieb Pinter bislang vieles schuldig.

Lediglich ein Ergebnis in den Punkterängen (Rang 19 im Sprint von Östersund) steht zu Buche, viel zu wenig für die Ansprüche des ÖSV. Das Problem: „Es rückt auch von hinten wenig nach.“

„Wie ein roter Faden“

Einzig Tobias Eberhard zeigte zuletzt mit zwei fünften Plätzen im IBU-Cup auf und steht für den Weltcup in Antholz ante portas.

„Es zieht sich wie ein roter Faden durch“, spricht Gandler an, dass Österreichs Biathleten heuer einfach nicht in die Gänge kommen. „Und dann kommt auch noch dazu, dass man das Glück nicht auf seiner Seite hat.“

„Nicht immer nur Pech“

Eine Aussage, die einem bekannt vorkommt, denn auch Cheftrainer Reinhard Gösweiner brachte immer wieder das fehlende Glück ins Spiel. Bleibt die Frage: Macht man es sich nicht zu einfach, die auf sich warten lassenden Top-Ergebnisse häufig mit fehlendem Glück zu begründen?

Gandler will nicht missverstanden werden. „Ich – und ich kann bestimmt auch für Gösweiner sprechen – will mich nicht darauf rausreden. Wir hatten sicher Pech in der Staffel in Oberhof, aber in Einzelrennen können nicht immer nur alle Pech haben.“

Wichtiger Nachsatz des ehemaligen Weltklasse-Langläufers: „Wir haben rundum noch Abstimmungsschwierigkeiten.“

Auf Formsuche: Landertinger, Sumann, Eder

Nur nicht in Panik verfallen

Der Druck der Öffentlichkeit wächst, die Fans werden langsam ungeduldig, Grund zur Panik herrscht im ÖSV dennoch nicht. „Es gilt, Ruhe zu bewahren. Es bringt überhaupt nichts, in Panik auszubrechen. Die Burschen haben oft genug bewiesen, was sie können.“ Die Trainer hätten zudem „mein Vertrauen, wobei wir sicher bald Gespräche führen werden“.

Der Abwärtstrend in Oberhof sei zwar bedenklich, aber auch kein Beinbruch. „Die nächsten zwei Stationen sind extrem wichtig.“

Den „worst case“ vermeiden

Gandler erklärt, warum: „Über Weihnachten legt man im Training immer ein Schäuferl nach. So gesehen passt Oberhof eigentlich gar nicht so richtig in die Wettkampfplanung. In Nove Mesto und Antholz ist das etwas anderes. Wenn es hier nicht läuft, muss man Grundlegendes ändern.“

Dieser „worst case“ soll tunlichst vermieden werden, zumal sich die Frage stellt, ob es zu einem so späten Zeitpunkt der Saison überhaupt möglich ist, das ganze System auf den Kopf zu stellen und dennoch bei der Weltmeisterschaft in Ruhpolding konkurrenzfähig zu sein?

„Glaube, dass es bergauf geht“

„Möglich ist alles“, so Optimist Gandler. „Der Sportler muss dann einfach großen Willen und Kampf zeigen. Vielleicht müsste man eine Station auslassen und riskieren, nicht automatisch für den WM-Massenstart qualifiziert zu sein.“

Der 45-Jährige betont aber: „Daran will ich gar nicht denken. Ich glaube fest daran, dass es nun bergauf geht.“

 

Christoph Nister