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Zwischen Schein und Sein: Biathlon-Weltcup in Sotschi

Zwischen Schein und Sein: Biathlon-Weltcup in Sotschi

Am vergangenen Wochenende absolvierten auch die Biathleten ihre Olympia-Generalprobe in Sotschi.

Die erste russische Mannschaft hatte sich extra während des Weltcups in Oslo "frei" genommen, um beim Heimweltcup zu glänzen - es sollte sich auszahlen, denn dank der Herren-Staffel (Sieg), Olga Zaitseva (Rang zwei) und Evgeny Ustyugov (Rang zwei) sprangen drei Podestplätze heraus.

Martin Fourcade profitierte indes vom erneuten Ausfall seines Konkurrenten Emil Hegle Svendsen und steht vorzeitig als Gesamtweltcup-Gewinner fest.

Wir blicken zurück auf die Woche in Sotschi und zeigen, was auf und abseits der Loipe bemerkenswert war:

 

Tops


+ + + Ole Einar Björndalen hat im Laufe seiner Karriere diverse Rekorde gebrochen bzw. pulverisiert. Eine Bestmarke ist er seit Samstag wieder los: Martin Fourcade hat sein Podestplatz-Konto in diesem Winter auf 16 hochgeschraubt und damit "König Ole", der dreimal auf 15 kam, überflügelt. + + +

 

+ + + So schnell kann es gehen. Da wurde über Monate gejammert, den deutschen Damen fehlt es an adäquatem Ersatz für die zahlreichen Rücktritte der letzten Jahre (Neuner, Beck, Wilhelm, Hauswald) und plötzlich taucht eine 19-Jährige auf, die für Furore sorgt. Laura Dahlmeier wurde bei der WM ins kalte Staffel-Wasser geworfen und wusste dort ebenso zu überzeugen wie nun auch in Sotschi. Die Junioren-Weltmeisterin behielt als Schlussläuferin die Nerven und bescherte dem DSV den Sieg. + + +

+ + + Iris Schwabls Aufwärtstrend in dieser Saison fand in Sotschi einen neuen Höhepunkt. Die Steirerin leistete sich im Einzel nur einen Fehler und landete auf dem achtbaren 19. Platz. Derart weit vorne fand man die 25-Jährige in den Ergebnislisten eine Biathlon-Weltcups noch nie. + + +

 

+ + + Mehr als sechs Jahre musste Magdalena Gwizdon warten, ehe sie ihrem ersten Weltcupsieg - errungen am 1. Dezember 2006 in Hochfilzen - einen weiteren folgen ließ. Dank fehlerfreier Schieß- und couragierter Laufleistung (Rang fünf) setzte sich die 33-jährige Polin im Sprint vor Anastasiya Kuzmina (SVK) durch. + + +

 

+ + + Die Kritiker waren zahlreich, als Evi Sachenbacher-Stehle ihren Wechsel vom Langlauf- ins Biathlonlager bekanntgab. Spätestens seit dem Sprint in Sotschi dürfte ein Gros davon verstummt sein. Die 32-jährige Deutsche hielt sich dabei am Schießstand schadlos und wurde tolle Sechste. + + +

 

+ + + Allein die Tatsache, dass sie im Einzel gewann und als Dritte auch im Sprint auf dem Stockerl stand, berechtigt Darya Domracheva, als Top gelistet zu werden. Doch eine weitere Tatsache war mehr als beeindruckend: Die Weißrussin deklassierte den Rest der Welt in der Loipe des Einzelbewerbs. Die zweitplatzierte Deutsche Miriam Gössner verlor nicht weniger als 1:37,1 Minuten. + + +

 

+ + + Beinahe 27 Jahre musste er alt werden, nun hat er es endlich geschafft. Henrik L'Abee-Lund landete erstmals in seiner Karriere auf dem Podium. Im Sprint wurde der Norweger hinter Martin Fourcade und Evgeny Ustyugov Dritter. + + +

 

Flops

+ + + Trotz guter Leistungen lässt Marie Dorin Habert kein gutes Haar am Olympia-Ort. Sotschi sei eine "Geisterstadt", überall gebe es Baustellen. Bislang sei vieles Geldverschwendung, vom Olympia-Spirit dagegen weit und breit nichts zu sehen. + + +

 

+ + + Noch mehr Kritik gab es an der Strecke, die mit ihrem sehr steilen Anstieg und den vielen Richtungswechseln sehr hart und zu gefährlich sei. Gestandene Läufer wie Ole Einar Björndalen und Carl Johan Bergman kamen beim ersten Rennen auf der Olympiastrecke zu Fall. "Es ist eine wirklich harte Strecke und das heißt, dass wir nächstes Jahr alle in einer wirklich guten Form sein müssen", sagte etwa Andrea Henkel nach ihrem vierten Platz im Einzelrennen. ÖSV-Damen-Cheftrainer Walter Hörl ergänzte: "Es ist keine schöne, sondern eine gekünstelte Strecke. Viele Kurven, sehr schnelle Abfahrten." + + +

 

+ + + In Östersund gewann Jean Philippe Leguellec sensationell den Sprint und schrieb damit Biathlon-Geschichte, war es doch der erste kanadische Sieg im Herren-Zirkus. Wenige Monate später ist vom Aufschwung nichts mehr übrig. Platz 77 im Einzel (fünf Strafminuten) und Rang 52 im Sprint - ohne einen Fehler geschossen zu haben. + + +

 

+ + + Selbstbewusstsein mag ja gut sein, Arroganz dagegen weniger. Mikhail Prokhorov, Präsident des russischen Biathlon-Verbandes, lehnte sich weit aus dem Fenster und kündigte mittelfristig eine Dominanz seiner Landsleute an. Er könne "mit Überzeugung" sagen, dass die Russen "in fünf Jahren die Trendsetter" im Biathlon-Zirkus sein werden. Die Konkurrenz wird wohl was dagegen haben. + + +

 

+ + + Schießtechnisch kann man Nadine Horchler keinen Vorwurf machen. Fehlerfrei im Einzel, eine Strafrunde im Sprint - damit gehört sie zu den besten Schützen im Feld. Was die Deutsche allerdings in der Loipe abliefert, mutet erschreckend an. Die 26-Jährige verbuchte am Donnerstag nur die 59. Laufzeit und verlor mehr als sechs (!) Minuten auf Siegerin Domracheva. Im Sprint stand Platz 58 (+ 2:44,0 Minuten) zu Buche. + + +

Kurioses

 

+ + + Nach dem Herren-Sprint zog plötzlich dichter Nebel auf. Die Veranstalter waren gezwungen, den Damen-Bewerb um 30 Minuten nach hinten zu verlegen. Betrachtet man das Foto rechts, ist kaum zu glauben, dass sich der Nebel plötzlich wieder verzog. Während des Bewerbs hatten die Loipenjäger dafür mit Schneefall zu kämpfen. + + +

 

+ + + Die russische Mannschaft fungiert in Sotschi als Gastgeber und hat bereits einige Trainingskilometer im Olympia-Ort in den Beinen. Kurioserweise waren es allerdings vorwiegend Lokalmatadoren, die Opfer der schwierigen Abfahrten wurden und deshalb zu Sturz kamen. Am schlimmsten erwischte es Maxim Tsvetkov, der böse abflog und großes Glück hatte, sich keine schweren Verletzungen zuzuziehen. + + +

 

+ + + Kaum zu glauben, doch die russischen Zuschauer erlebten tatsächlich ein Podium ohne Tora Berger. Im Sprint landete die überragende Biathletin dieser Saison auf dem vierten Platz und verpasste damit erstmals nach neun Rennen den Sprung unter die Top 3. + + +

 

+ + + Für die Athleten und Betreuer dürfte die Reise ans schwarze Meer einige Überraschungen beinhaltet haben. Das "Laura Stadium" ist das größte im Biathlon-Zirkus, auch die Hotelzimmer lassen keine Wünsche offen. Wer allerdings - wie der ÖSV auf seiner Facebook-Seite bildhaft darstellte - einen Blick nach draußen riskierte, wurde mit einer riesigen Baustelle konfrontiert. + + +

 

+ + + So erfolgreich die "eigenen" Biathleten auch sind, es gibt ein Land, in dem dies kaum wahrgenommen wird - Frankreich. Im Wintersport zählt dort nur eine Wintersportart, wie Jean Guillaume Beatrix erklärt: „Da geht es nur um Alpin, Biathlon ist nicht wirklich beliebt. Wenn ich Leuten erkläre, was ich mache, denken die meisten, dass es sich um Laufen und Radfahren handelt.“ + + +

Sprüche

 

+ + + "Den Weltfrauentag genießen, wie Frauen es tun. Essen. Sonnen. Relaxen." Martin Fourcade ließ es sich am internationalen Frauentag gut gehen, wie das Foto links beweist. + + +

+ + + "Nett, als Gesamtweltcupsieger aufzuwachen." Martin Fourcade nach dem Gewinn seiner zweiten großen Kristallkugel. Wir glauben es ihm gerne. + + +

+ + + "Sotschi - cool - hart - kann mich nicht mehr bewegen - unglaubliche Woche - müde - Olympia 2014 - Nebel/Sonnenschein - jetzt chillen!!" Elisa Gasparin zeigte sich von ihrem ersten Trip nach Sotschi überwältigt. + + +

 

Henriette Werner/Christoph Nister