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Das hat die Welt noch nicht gesehen

Das hat die Welt noch nicht gesehen

Das hat der Biathlon-Weltcup noch nicht erlebt.

Nové Město na Moravě platzte aus allen Nähten, weil Gabriela Soukalova, Michal Slesingr und Co. sich die Ehre gaben und Tschechien zum Nabel der Biathlon-Welt avancierte.

War man es bislang gewohnt, dass die deutschen Fans die Vormachtstellung im Lager der Loipenjäger innehatten, muss dieses Urteil revidiert werden.

Das Weltcup-Wochenende in Mähren brachte nicht nur Helden und Verlierer hervor, sondern auch eine Weltpremiere sowie einen Weltrekord.

All das und noch viel mehr gibt es wie gewohnt in der LAOLA1-Schießbude:

Das TRIO INFERNALE

 Dieses Publikum ist nicht zu toppen. 100.400 Fans pilgerten an den drei Wettkampftagen an die Strecke, um einen Blick auf die Stars zu erhaschen. Weltrekord - einen derartigen Schnitt hatte die IBU noch nie! "Das ist der Wahnsinn", war beispielsweise Dominik Landertinger gegenüber LAOLA1 begeistert, "das übertrifft sogar Ruhpolding". "Der Lärm ist unglaublich, die Fans sind unglaublich", ergänzte Laura Dahlmeier und auch Martin Fourcade war beinahe sprachlos: "Die Zuschauer sind fantastisch, das ist mindestens so gut wie in Deutschland." Lokalmatadorin Gabriela Soukalova konnte ebenfalls kaum fassen, welchen Boom sie und ihre Teamkollegen ausgelöst haben. "Das hätte ich mir nie erträumen lassen."

 

 Je näher ein Großereignis rückt, desto stärker wird Jakov Fak. Mit zwei Siegen hat er dies einmal mehr eindrucksvoll untermauert. "Ich arbeite einfach hart. Irgendwann wird man dafür belohnt", will der 27-Jährige nichts von einem besonderen Erfolgsrezept wissen. Für den gebürtigen Kroaten, der seit der Saison 2010/11 für Slowenien an den Start geht und fünf Medaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen sein Eigen nennen darf, waren es die Weltcupsiege fünf und sechs in seiner Karriere.

 

 Schon mal von Fuyuko Suzuki (JPN), Nerys Jones oder Kevin Kane (beide GBR) gehört? Kein Wunder, die ganz großen Resultate blieben bei allen dreien bislang aus. Eine Aufnahme in diese Liste hat sich das Trio dennoch redlich verdient, waren Suzuki, Jones und Kane doch die einzigen, die sowohl die neu eingeführte Single-Mixed-Staffel (weiter unten mehr), als auch die längst bekannte Mixed-Staffel bestritten. "Es war unglaublich hart", erklärte uns Kane stellvertretend für die "drei Musketiere". Der Grund für den Doppelstart ist simpel: "Wir haben leider nicht so viele Athleten und brauchen die Punkte für die Nationenwertung." Das Unterstützung des Publikums hat die Leiden zumindest einigermaßen erträglich gemacht.

 

 

Das TRIO FATALE

 Bei Emil Hegle Svendsen ist der Wurm drin. Vier Fehler im Sprint bedeuteten Platz 43 - schlechter war der Norweger im Dezember 2011 klassiert. Im Verfolger mühte er sich zu einem 23. Rang. "Super-Svendsen" wartet in diesem Kalenderjahr weiter auf seinen ersten Podestplatz, sein Traum vom Gesamtweltcup ist angesichts seines großen Rückstands (193 Punkte hinter Martin Fourcade) realistisch gesehen geplatzt. Hoffnung macht die WM, denn der 29-Jährige hat bei allen Großereignissen seit 2007 zumindest eine Medaille erobert.

 

 Da wären wir auch schon beim nächsten erfolgsverwöhnten "Wikinger". Tarjei Boe erging es noch ein Stück schlechter als seinem Kompagnon. Der 26-Jährige musste ebenso vier Strafrunden im Sprint drehen und hatte als 59. Glück, sich überhaupt für die Verfolgung zu qualifizieren. In dieser lief es kaum besser, nach vier weiteren Fehlern stand Rang 50 zu Buche. Ein Erfolgserlebnis war ihm dann doch vergönnt, bereits am Freitag gewann er mit Norwegen die Mixed-Staffel.

 

 Man könnte uns Einfallslosigkeit vorwerfen, doch in diesem Fall hat die Auswahl absolut Berechtigung: Für Norwegens Herren waren die Einzelbewerbe ein einziges Desaster, daher geht auch Bronze in den hohen Norden. Ole Einar Björndalen kam mit den Gegebenheiten rund um die Vysocina Arena nicht zurecht. Der erfolgreichste Biathlet aller Zeiten schrieb im Sprint dreimal an und drehte im Verfolger fünf Extrarunden. Seine magere Ausbeute waren zwei 35. Plätze. Vor heimischer Kulisse in Oslo kann es für die Norweger nur besser werden - dann allerdings ohne Björndalen, der einen Trainingsblock einlegt.

LAOLA1 und das Team des Jahres
Rot-weiß-rote Brille

*) Die LAOLA1-User haben gewählt: Österreichs Biathlon-Staffel (Christoph Sumann, Daniel Mesotitsch, Simon Eder, Dominik Landertinger) ist das Team des Jahres 2014. In Nové Město war es soweit, die ÖSV-Asse wurden dafür geehrt. "Das ist echt geil!", freute sich Dominik Landertinger. "Es ist eine tolle Auszeichnung", ergänzte Simon Eder. Christoph Sumann, inzwischen TV-Kommentator, meinte: "Das macht uns natürlich stolz."

 

*) Nur, wer topfit ist, hat im Biathlon eine Chance. Zu spüren bekamen dies Dominik Landertinger und Simon Eder, die beide zuletzt krank waren und deshalb (noch) nicht mit den Besten mithalten konnten. "In Oslo sollte es wieder passen", erklärten beide unisono.

 

*) Der Kampf um die WM-Plätze spitzt sich zu, in Tschechien konnte Sven Grossegger zumindest mit seinem Verfolger Eindruck schinden. Nur ein Schießfehler, von Platz 37 auf 18 verbessert und damit das beste Ergebnis seit mehr als drei Jahren eingefahren. Die Formkurve zeigt nach oben, ein Ticket für Kontiolahti ist in Reichweite.

 

*) Bei Österreichs Damen war die Luft draußen. Katharina Innerhofer fehlte krankheitsbedingt, Lisa Hauser musste der bislang kräftezehrenden Saison ebenso Tribut zollen wie Dunja Zdouc und von Christina Rieder durfte man bei ihrem Einzel-Weltcup-Debüt natürlich noch keine Wunderdinge erwarten.

 

*) Vor dem Weltcup in Mähren gab es dafür gleich mehrfach Grund zum Jubeln. Christina Rieder gewann Silber im EM-Einzel der Damen, Dunja Zdouc räumte bei den Junioren ab. Die 21-Jährige gewann Silber im Einzel sowie im Sprint und legte Bronze in der Verfolgung drauf. Die Mädels von Trainerin Sandra Flunger entwickeln sich kontinuierlich weiter, mittel- und langfristig darf man sich auch im Weltcup einiges davon versprechen.

 

*) Auch beim European Youth Olympic Festival in Vorarlberg und Liechtenstein gab es Medaillen für Österreich. Anna-Maria Schreder gewann Sprint-Gold vor Tamara Steiner. Dabei wäre erstere um ein Haar keine Biathletin geworden. Ihre Eltern waren ursprünglich gegen einen Sport mit Waffe und verweigerten die Unterschrift. Der Vater ihres Schulkollegen Sebastian Trixl, ebenfalls Nachwuchs-Biathlet, fälschte selbige und ebnete damit den Weg zur Goldmedaille.

 

Sprüche des Wochenendes

 "Moravec ist einer der schnellsten Stehendschützen im Feld. Ich wollte ihm zeigen, wer der schnellste ist." - Tarjei Boe über seine Schnellfeuereinlage, die Norwegen den Sieg in der Mixed-Staffel brachte.

 

"Ich kann es nicht sagen, weil ich mich an nichts erinnern kann." - Gabriela Soukalova über ihre Gefühle während der Mixed-Staffel.

 

"Jeder spricht derzeit über Biathlon - nicht über Fußball oder Eishockey." - Michal Slesingr über den unglaublichen Boom in seiner Heimat.

 

"Ja, heute muss ich zugeben, dass ich gelutscht habe. Ich wusste nicht mehr, wie ich Luft in meine Röhren kriege." - Dominik Landertinger gesteht, dass er im Sprint von "Tempomacher" Martin Fourcade profitierte.

 

Christoph Nister

Was sonst noch auffiel

Ein letzter Abstecher zu den Norwegern. Rang zehn für Johannes Thingnes Boe im Sprint war das Maximum für DIE Top-Nation im Herren-Biathlon. Derart schlecht waren die Norweger zuletzt vor mehr als drei Jahren in Antholz.

 

Mehr als ein Jahr musste die erfolgsverwöhnte deutsche Mannschaft auf einen Einzel-Sieg bei den Damen warten. Laura Dahlmeier hat ihr Team erlöst und für den ersten Erfolg seit Andrea Henkel (Antholz, 18. Jänner 2014) gesorgt. "Ich kann es kaum glauben. In Antholz zum ersten Mal am Podium, jetzt zum ersten Mal gewonnen", war die 21-Jährige sprachlos. Ihre Erfolge sind umso bemerkenswerter, da sie aufgrund eines Kletterunfalls im Herbst verspätet in den Weltcup-Zirkus einsteigen konnte. "Das macht es besonders, damit hätte ich nie gerechnet." An Nové Město hat sie ohnedies gute Erinnerungen, vor zwei Jahren hatte sie mit einem Einsatz in der WM-Staffel ihre Feuertaufe im Konzert der Großen.

 

Sergey Semenov hat endgültig den Sprung in die Weltspitze geschafft. Der Einzel-Zweite von Östersund hielt sich in Sprint und Verfolgung am Schießstand schadlos und wurde Achter bzw. Vierter. Seine Leistungen sind allerdings extrem wechselhaft, so stehen abseits der drei erwähnten Top-10-Platzierungen Ergebnisse zwischen Position 28 und 72 zu Buche.

 

Nathan Smith blickt auf das erfolgreichste Weltcup-Wochenende seiner Karriere zurück. Der 29-jährige Kanadier blieb in Sprint und Verfolgung fehlerfrei und legte damit den Grundstein für zwei absolute Spitzenergebnisse. Dem siebenten Rang am Samstag ließ er einen fünften am Sonntag folgen. Es waren zugleich seine beiden besten Resultate überhaupt.

 

Martin Fourcade und das Material. Am Samstag ärgerte er sich, weil er um 0,3 Sekunden am Podest vorbei schrammte. "Ich bin enttäuscht, weil ich einen Fehler gemacht habe. Ich habe nach dem Stehendschießen einen Stock verloren, diese Zeit hat am Ende gefehlt", erklärte er bei LAOLA1. Am Sonntag war seine Laune getrübt, weil er a) einen schlechten Ski erwischte und b) auf der Schlussrunde aufgrund einer Berührung mit Simon Schempp Schwung und damit Tempo verlor. Für Fourcade zählt eben nur eines: Der Sieg! 

Kurioses

 Rosanna Crawford lag auf Stand 12 und visierte die Liegendscheiben an. Die erste fiel, die zweite auch, die dritte ebenso und auch die vierte landete im Zentrum. Erst beim letzten Schuss unterlief ihr ein Fehler. Soweit, so ungewöhnlich, wären da nicht alle Scheiben schwarz geblieben. Der Grund: Die Kanadierin zielte auf die Scheiben von Stand 13. Entnervt gab Crawford, die acht Strafminuten aufgebrummt bekam, das Rennen nach der ersten Runde auf.

 

Geteiltes Leid ist halbes Leid, dachte sich wohl Franziska Hildebrand. Nach ihrem ersten Podestplatz - Rang zwei im Sprint - startete sie exzellent in die Verfolgung und lag nach den Liegendeinheiten in Front. Drei Fehler im dritten Schießen setzten sie unter Druck, bei dichtem Schneefall unterlief ihr bei der letzten Einheit ein folgenschwerer Fehler. Sie zielte auf die "Nachbarscheiben", die eigentlich für Veronika Vitkova vorgesehen waren, und bekam am Ende sechs Minuten auf ihre Endzeit drauf. Die Bilder dieser Aktion gibt's links in der Diashow zum Durchklicken.

 

 Nové Město na Moravě platzte aus allen Nähten und wird im kommenden Jahr dennoch nicht im Weltcup vertreten sein. LAOLA1 hakte deshalb bei der IBU nach, die in Person von Mediendirektor Peer Lange erklärte, dass die Planungen bis 2018 bereits stehen und Nové Město na Moravě vorerst im Zweijahres-Rhythmus zum Zug kommt. Im kommenden Winter müssen die Zuschauer mit dem zweitklassigen IBU-Cup vorlieb nehmen.

 

 Das Reglement der Single Mixed Staffel hat sich noch nicht bis zu allen Teilnehmern durchgesprochen. So passierte es, dass die Litauerin Natalija Kocergina in ihrem ersten Turn zwar liegend und stehend jeweils einen Fehler schoss, danach aber sofort in die Strafrunde abbog, ohne von ihren Nachladern Gebrauch zu nehmen. Die IBU griff auch hier strickt durch und addierte dem litauischen Team für jeden nicht abgegebenen Schuss - insgesamt waren es sechs - jeweils zwei Strafminuten auf die Gesamtzeit.

  

Das große Markenzeichen des russischen Trainer Aleksandr Kasperovich ist sein Schnauzer. Vor den Einzelbewerben in Nové Město ließ er sich dennoch auf eine Wette ein. Sollte sein Schützling Anton Shipulin Sprint oder Verfolgung gewinnen, würde er sich vom Bart trennen. Zu seinem Glück (oder Pech?) ging der Russe leer aus, die Gesichtsbehaarung blieb dran.