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Bye, bye, Lena: Wie geht's ohne Neuner weiter?

Bye, bye, Lena: Wie geht's ohne Neuner weiter?

Der Liebling der Nation hört auf und ganz Deutschland fragt sich: Was kommt nach Magdalena Neuner?

Mit nur 25 Jahren gehört die Doppel-Olympiasiegerin, dreifache Gesamtweltcup-Triumphatorin und zwölffache Weltmeisterin seit Montag zu den Früh-Sportrentnern.

In ihrem letzten Winter gewann sie noch einmal zehn Rennen, eroberte vier WM-Medaillen und schnappte sich die große Kristallkugel für die beste Biathletin der Welt. Doch jetzt ist Schluss!

"Ich will leben"

"Ich will endlich richtig leben", kündigte sie im Dezember bei ihrer Rücktrittserklärung an.

Der Rummel um ihre Person, der Hype durch die Medien, das Zerren der Fans, das Eindringen in die Privatsphäre, das ständige Reisen - sie hat genug davon.

Neuner sehnt sich nach einem normalen Leben. Ohne Rampenlicht. Ohne Glamour. Ohne Reiserei. Aber auch ohne Siege.

Frage nach den Folgen

Für den Biathlon-Sport ist ihr Rückzug ein herber Verlust, war sie doch weit über die deutschen Grenzen hinaus ein Zugpferd für die Loipenjäger.

Ihr Charme, ihr Charisma, ihr bodenständiges Wesen - all das wird fehlen. Wie geht es weiter? Wer kommt nach? Ist Neuners Abschied tatsächlich ein so schwerwiegender Verlust?

LAOLA1 hat sich in der Biathlon-Szene umgehört und mit zahlreichen Größen über Neuners Rückzug und die Auswirkungen gesprochen.

Emil Hegle Svendsen: Aus meiner Sicht ist es eine total unnatürliche Entscheidung. Sie liegt weit außerhalb jenes Alters, in dem man normalerweise die Ski in die Ecke stellt. Sie hört aber auf ihr Gefühl. Neuner hat in diesem Sport alles gewonnen und mit Sicherheit auch genügend Geld damit gemacht.

Sie ist ja auch schon einige Jahre dabei und gewann mit 19 Jahren ihr erstes WM-Gold. Sie hört auf dem Höhepunkt auf. Wenn sie das Gefühl hat, sich nicht mehr motivieren zu können, ist ihr Rücktritt die richtige Entscheidung. Für die Deutschen ist es natürlich traurig, dass ihr größter Star aufhört. Es kommen aber immer wieder neue. So ist der Sport. Es geht auch ohne sie weiter. The Show must go on!

Markus Gandler: Ihr Rücktritt ist eher für die deutsche Mannschaft hart, international weniger. Das Produkt Biathlon ist so gut, und da muss man der IBU ein Kompliment aussprechen, dass das verkraftbar ist. Im Sport ist alles vergänglich, dann steigt eben eine andere Athletin zum Star auf.

Natürlich ist Neuner für Deutschland aber brutal wichtig. Ich finde es bewundernswert, dass sie mit 24 den Mumm zeigte, um zu sagen, sie hat alles erreicht und hört auf. Sie war ein Riesenvorbild für viele Junge und hat dem Sport gut getan. Der Sport erleidet aber keinen Schaden. Das ist nur der aktuelle Schock, aber sobald sie aufgehört hat, gibt es eine Neue.

Simon Eder: Ich habe auf jeden Fall Verständnis für ihren Rücktritt. Wenn man sich ihre Vita ansieht, bleibt nicht mehr viel übrig. Sie könnte es am Einzel-Titel aufhängen, aber das ist nicht notwendig, und im Langlauf hat sie keine Ambitionen. Sie ist aber noch so jung, dass eine Rückkehr nicht ausgeschlossen ist. Eine Rückkehr ist immer schwierig, aber vielleicht will sie sich noch einmal beweisen. Es reizt immer wieder Sportler, man denke nur an Schumacher. Ein Mario Cipollini probiert es auch wieder, auch wenn es verrückt ist.

Sie soll fünf Jahre abschalten, dann ist sie immer noch „nur“ 30. Natürlich ist es schade, wenn sie zurücktritt. Wenn man sich den Lauf der Zeit ansieht, sieht man aber, dass immer jemand nachkommt und jeder ersetzbar ist. Man sieht es ja auch bei uns Männern mit Björndalen, Svendsen und Bö. Es rutscht immer jemand nach, der die Szene bestimmt. Einige Damen sind bestimmt froh, dass sie aufhört, weil die eine oder andere Goldmedaille wieder neu zu vergeben ist. Das macht Biathlon aber nicht weniger interessant.

Martina Beck: Lena kommt mit der Situation gut klar, aber der ganze Trubel ist sicher auch mit ein Grund, warum sie 25 Jahren sagt, sie muss das nicht länger haben. Wenn man sich anschaut, wie an ihr rumgerissen wird und wo sie überall hin muss: Puuh, das ist definitiv noch einmal etwas anderes, als es bei uns der Fall war. Auch, was bei ihr zuhause los ist, dass Fans teilweise täglich vor der Tür stehen, ist doch etwas heftig. Wenn man Gefahr läuft, gar kein Privatleben mehr zu haben, ist es verständlich, wenn sie sagt: Jetzt reicht’s!

Wenn man sich aber Damen-Biathlon in Deutschland anschaut: Du hattest Petra Behle, dann kam Uschi Disl, danach kamen wir mit Kati Wilhelm. Es gab immer jemanden. Klar, jetzt sieht es so aus, als käme keine von den Jungen nach – Andrea macht halt bis Sotschi weiter. Aber auch bei den Herren gab es das Problem, als Frank Luck 2004 und danach Sven Fischer und Ricco Gross aufhörten. Da glaubten viele auch, es kommt nichts nach und jetzt haben wir Andi Birnbacher oder Arnd Peiffer. Es ist Potenzial vorhanden. Man muss halt auch einfach Geduld haben.

Simon Fourcade: Ich habe volles Verständnis. Sie hat ja alles gewonnen und ist die größte Biathletin aller Zeiten. Natürlich könnte sie noch viel mehr gewinnen, aber Biathlon ist halt auch nicht alles und sie hat andere Pläne. Sie hat sicher lange darüber nachgedacht und die richtige Entscheidung für sich getroffen.

Uschi Disl: Ich habe vollstes Verständnis für ihren Rücktritt. Nun kenne ich sie zwar persönlich nicht so gut, aber sie ist eben ein Familienmensch und braucht den Trubel um ihre Person nicht unbedingt. Wenn sie allerdings sagt, sie macht nur noch das, was ihr Spaß macht, ruft das natürlich Kritik hervor. Manche nehmen das mit Unmut zur Kenntnis. Da hört man schon auch: Wie leicht, wenn das Konto voll ist. Ich glaube, Lena will einfach keinen Leistungssport mehr betreiben und sich anderen Aufgaben widmen. Sie weiß genau, was sie will. Jeder Mensch muss seine eigene Lebensplanung gestalten, dafür sollte man Verständnis haben.

Es ist vielleicht ganz gut, wenn Lena aufhört, so kann sich Miri vielleicht freischaufeln. Ich weiß genau, dass sie es kann. Sie zeigt das auch immer dann, wenn es um nichts mehr geht, hat sie doch auch heuer schon super Rennen hingelegt. Ich war ja auch nicht die beste Schützin und kann das gut nachvollziehen. In meinen Augen ist es bei ihr auch eine mentale Sache. Andreas Birnbacher hat ja ähnlich getickt und heuer ist ihm der Knopf aufgegangen. Das kann bei Miri genauso passieren.

 

Christoph Nister