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Gesamt-Weltcup: Der "Wunderwuzzi" hat's gerichtet

Gesamt-Weltcup: Der

Surfer sagen: Wenn du einmal im „Green Room“ einer Welle warst, dann willst du immer wieder hinein.

Weil die Stille, obwohl ober, unter, vor und hinter dir die Naturgewalten wüten, eine unglaubliche ist.

Der Surfer Marcel Hirscher ist noch nicht in den Genuss einer Barrel gekommen, konnte aber in seinem letzten Urlaub immerhin bereits die ersten Wellen an den Strand surfen.

Kleiner und großer Triumph

Bald will er zurück aufs Brett. Aber zuvor ist der 23-Jährige seine Erfolgswelle im Ski-Weltcup zu Ende geritten.

Nach seinem Sieg im Riesentorlauf hatte er die erste Kristallkugel seiner Karriere sicher.

Kurz nach 17 Uhr und nach dem Slalom-Verzicht des Schweizers Beat Feuz war klar: Hirscher ist der Gesamt-Weltcupsieger 2011/2012.

Als erst fünfter Österreicher nach Karl Schranz, Hermann Maier, Stephan Eberharter und Benjamin Raich.

Jeder will ein Stück Hirscher

Spätestens jetzt möchte jeder ein Stückchen Hirscher haben: Funktionäre, Sponsoren, Medien, Fans, Familie und Freunde, sehr wahrscheinlich in dieser Reihenfolge.

Für Gesamt-Weltcupsieger gibt es keinen „Green Room“, schon gar nicht wenn sie aus Österreich kommen.

„In meinem Kopf drehen sich 1.000 Räder, ich muss meine Gefühle erst neu ordnen“, gibt er nach der besten Nachricht am schönsten Tag seines Sportlerlebens zu.

 

LAOLA1: Herzlichen Glückwunsch zum Gesamt-Weltcupsieg, wie hast du davon erfahren und wie fühlt es sich an?

Marcel Hirscher:
Ich war kurz daheim, duschen und umziehen, da hat es mir der Radio erzählt. Es ist unfassbar, ein völlig neues Lebensgefühl. Jetzt habe ich es Schwarz auf Weiß. Aber schon die Riesentorlauf-Kugel war eine große Erleichterung.

LAOLA1: Zur großen Kristallkugel hast du aber zunächst keine Glückwünsche entgegen genommen?

Hirscher:
Ich bin nicht der Typ, der sich zu Spekulationen hinreißen lässt. Mein dritter Platz im Super-G war eine Überraschung. Eine solche hätte ich Beat auch im Slalom zugetraut. Ich erinnere nur an seinen dritten Platz bei der Junioren-WM 2007.

LAOLA1: War das der verrückteste Tag deines Lebens?

Hirscher: Es war vor allem ein unfassbar schwieriger Tag. Jeder erwartet Wunderdinge von mir, die Leut' sagen: Der Wunderwuzzi wird es schon richten! Das ist viel Druck auf meinen Schultern. Aber ich bin sehr gut damit umgegangen, das war die Meisterprüfung!

LAOLA1: Darf man sich denn Wunderdinge von Meister Hirscher erwarten?

Hirscher: Erwarten und erhoffen darf man sie, ja, und sich mit mir freuen, wenn es aufgeht. Aber ich weiß auch, dass es kein Dauerzustand ist. Es werden auch "zache" Zeiten kommen.

LAOLA1: Aber dann stehst du immer noch in einer Reihe mit Schranz, Maier, Eberharter und Raich, den anderen vier österreichischen Gesamt-Weltcupsiegern?

Hirscher: Das sind die Heroes, unglaublich große Namen. Es ehrt mich extrem, dass mein Name in einem Atemzug mit diesen Sportgrößen genannt wird. Auch wenn es mir noch ein bisserl schräg vorkommt.

LAOLA1: Die Schweizer Ski-Legende Bernhard Russi hat dich als Jahrtausend-Talent geadelt?

Hirscher: Das ehrt mich natürlich auch. Aber ich war und bin nicht der Typ, der sich hinstellt und sagt: Ja, das bin ich. Lieber kleine Worte und große Taten. Ich habe sicher ein Talent, aber das haben tausend andere Sportler auch.

LAOLA1: Im Riesentorlauf warst du zum neunten Mal in dieser Saison der Beste. Wie hast du dich auf den Tag X vorbereitet?

Hirscher: Ich habe eigentlich alles gemacht wie immer, habe versucht mich zu konzentrieren und mir einzureden, dass es nichts anderes ist als im Jänner. Das Skifahren funktioniert nach wie vor gleich, Rot und Blau, darum geht es. Je mehr Druck man an sich heranlässt, desto schwerer wird es.

LAOLA1: Hat der Eindruck getäuscht, oder warst du danach wirklich so cool und abgeklärt?

Hirscher: Es hat mich selbst gewundert, dass ich so ruhig war. Vielleicht weil ich mir in den letzten Wochen nicht die Möglichkeit gegeben habe, nachdenken zu können. Ich wollte nicht in negative Gedanken versinken und ständig irgendwelche Punkterechnungen anstellen.

LAOLA1: Jetzt hat das Rechnen ein Ende.

Hirscher: Der Job ist jetzt erledigt, jetzt drehen sich 1.000 Räder in meinem Kopf. Ich muss diese ganzen Gefühle erst neu ordnen und schauen, in welche Richtung es geht.

LAOLA1: Schon irgendwelche Ideen?

Hirscher: Im Slalom kann ich endlich wieder befreit Skifahren. Sicher möchte ich die Kugel holen, aber wenn ich beim ersten oder beim letzten Tor einfädle, ist es auch egal. Am Montag werde ich ein paar Interviews geben, am Dienstag bin ich in Wien und irgendwann fahre ich auf Urlaub. Das habe ich mir verdient, dann freue ich mich auf den Sommer, aufs Motocrossen, einfach auf eine gute Zeit.

LAOLA1: Für die meisten Skifahrer ist der Gesamt-Weltcup das Allergrößte, das ultimative Ziel.

Hirscher: Ich muss mir jetzt natürlich auch die Frage stellen: Warum lasse ich es nicht? Weil besser wird es nicht mehr!

LAOLA1: Vor einem Jahr um diese Zeit warst du nach deiner Knöchelverletzung gerade auf dem Weg zurück. Welche Erinnerungen hast du an diese Zeit?

Hirscher: Diese Zeit hat mich sicher sehr geprägt, vor allem was das Menschliche betrifft. Ich bin jemand, der sich immer hohe Ziele steckt und diese mit Fleiß und Ehrgeiz verfolgt. Aber die Heilung konnte ich nicht beschleunigen. Ich musste akzeptieren, acht Wochen nichts zu tun.

LAOLA1: Und zwölf Monate später hast du gleich zwei „depperte Glaskugeln“ daheim. Viele Fans haben sich gefragt, wie dieser Spruch gemeint war?

Hirscher: Wie sinnvoll ist es, im Jänner ständig nur vom Gesamt-Weltcup zu reden. Da sollte es um die Rennen gehen. Ich habe mich auf diese Rechenspiele nie eingelassen und wollte es jetzt einmal anders formulieren. Weil es steckt sowieso schon in jedem zweiten Satz Gesamt-Weltcup drin.

LAOLA1: Wir danken für das Gespräch.

Aufgezeichnet von Stephan Schwabl