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"Ski-Demokratie" führt zu Trainings-Absage

Eine spannende Erfahrung hat der alpine Skizirkus mit dem ersten Fall der direkten Mitbestimmung durch Rennläufer gemacht.

Am Dienstag trugen die von Athletenvertreter Bode Miller transportierten Bedenken der Sportler entscheidend dazu bei, dass trotz bester Wetterbedingungen das erste Abfahrtstraining in Beaver Creek abgesagt wurde.

Während Miller fast durchwegs Applaus für seine engagierte und professionelle Vorgehensweise erhielt, gab es auch Kritiker.

"Sind ja nicht beim Kindercup"

Nicht nur ein Teil der Trainer-Kommission fand sich mit der neuen Situation noch nicht zurecht. Top-Abfahrer wie der Österreicher Klaus Kröll fühlten sich sogar übergangen.

"Ich wäre gerne gefahren, mich hat aber keiner gefragt", wunderte sich der Steirer, immerhin Weltranglisten-Zweiter in der Abfahrt hinter dem Schweizer Didier Cuche.

Für Kröll wäre das Training trotz der gefährlichen Wellen im Steilhang "fahrbar" gewesen. "Wir sind ja hier nicht beim Kindercup."

Streitberger begrüßt Mitspracherecht

Krölls Landsmann Georg Streitberger bedauerte ebenfalls, dass er in die Entscheidung nicht eingebunden gewesen war.

Der Salzburger gab aber zu: "Vielleicht sind jetzt mehr gesund herunten, als wenn es ein Training gegeben hätte."

Der Vorjahres-Sieger im Super-G fand es prinzipiell gut, dass die Läufer nun dank des Athletenvertreters ein "echtes" Mitspracherecht haben, forderte aber: "Wir entscheiden für's eigene Risiko und für das der anderen. Deshalb sollte die Mehrheit abstimmen und nicht einer oder zwei."

Berthold lobt Miller

Für Österreichs Abfahrer hatte an diesem Tag aber Cheftrainer Mathias Berthold die Agenden übernommen.

"Bode hat nicht alle Läufer erreicht und sich deshalb an mich gewandt", erklärte der Coach. Auch aus Sorge um die vielen jungen Läufer hatte der Vorarlberger kein Problem mit der Trainingsabsage.

"Wir haben Miller aber nicht beeinflusst. Er hat das sehr professionell erledigt und Renndirektor Günter Hujara die Bedenken der Läufer vorgetragen. Er hat keine Absage gefordert, diese Entscheidung hat dann letztlich die Jury gefällt."

Absage trotz Entschärfungen

Rundherum Lob also für Bode Miller. Der US-Olympiasieger, der gerade in Beaver Creek oft weit nach Mitternacht in seinem Lieblingslokal "Coyote" angetroffen worden war, hatte seine Aufgabe als Athleten-Vertreter sehr ernst genommen.

Als auch nach zwei Besichtigungen den Top-Läufern die Situation noch immer zu kritisch gewesen war, half nur noch der Einsatz eines Pistengerätes.

Die deshalb notwendige Absage war selbst den amerikanischen Veranstalter sauer aufgestoßen. Zu groß war der Personal- und Geldeinsatz gewesen.

"Wird für Jury knifflig werden"

Erstmals sind die Athleten damit selbst für eine Absage mitverantwortlich gewesen.

"Das ist für alle Neuland und eine Aufgabe, an der man wachsen muss", fand auch Berthold die Situation "interessant."

"Diesmal ist es gut gelaufen. Das eine oder andere Mal wird es aber für die Jury knifflig werden."

Hujara sieht Lernprozess

Dem stimmte auch Hujara zu. "Das ist jetzt ein Lernprozess für alle Seiten. Jeder muss wissen, dass der Ausdruck von Bedenken auch Verantwortungsübernahme bedeutet, also Konsequenzen hat", sagte der Deutsche.

"Ich habe aber keine Bedenken, dass sich die Athleten ihrer Aufgabe nicht bewusst sind."

Nicht gegen die Meinung der Athleten

Offizielle Athletenvertreter sind seit diesem Winter im alpinen FIS-Weltcup zugelassen. Sie sind verpflichtet, die Meinung der Mehrheit der Rennläufer der Jury mitzuteilen. Und diese Meinung hat offensichtlich deutlich mehr Gewicht als bisher.

"Ich glaube nicht, dass ich auch nur eine Verteidigung auf der Welt finden würde, wenn ich gegen die Meinung der Athleten einen Jurybescheid herbeiführen würde", machte Hujara klar, dass ab nun das Wort der Sportler viel mehr zählt.

Mehr Einfluss für Athleten

Es müssten nun aber alle lernen, mit dieser Mitverantwortung auch etwas anzufangen.

Hujara: "Die Athleten haben immer darauf hingewirkt, mehr Einfluss zu haben. Das hat sich jetzt in dieser Funktion manifestiert. Jetzt müssen alle lernen, damit umzugehen."