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Umbruch bei den Ski-Damen: Wie geht's weiter?

Umbruch bei den Ski-Damen: Wie geht's weiter?

Der Österreichische Skiverband (ÖSV) hält sich für gewöhnlich im Sommer vornehm zurück und überlässt das Feld anderen Sportarten.

Pressemitteilungen über Marcel Hirscher, Anna Fenninger und Co. sind rar gesät, Pressekonferenzen stellen eine absolute Ausnahme dar.

Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel, denn in diesem Jahr war alles ganz anders.

Das lag nicht nur am wochenlangen Streit zwischen Anna Fenninger, ihrem Ex-Manager und dem Verband, sondern auch an einer Rücktrittslawine, die vor allem Österreichs Damen-Alpinteam heimsuchte.

Medaillenhamster traten zurück

War das Karriereende von Marlies Schild im Jahr 2014 bereits ein schwerer Schlag für die rot-weiß-roten Ski-Damen, kam es in den vergangenen Monaten noch schlimmer.

Neben Alexandra Daum und Regina Sterz, die sich als solide Punktelieferanten erwiesen, trafen den ÖSV die Rücktritte von Andrea Fischbacher, Nicole Hosp und Kathrin Zettel bis ins Mark.

Das genannte Trio zeichnete im Laufe des letzten Jahrzehnts für 21 Medaillen bei Großereignissen verantwortlich, hinzu kommen Kristallkugeln und zahlreiche Weltcupsiege (siehe Grafik).

"Kann man nicht sofort auffangen"

Der Aderlass ist selbst für den an Talenten reich gesegneten ÖSV nur schwer zu verkraften. Zwangsläufig steht das Team vor einem Umbruch. Während die Last der Verantwortung sich auf immer weniger Athletinnen verteilt, rücken auch die Youngster in den Fokus.

Wie schwer trifft Österreich die Rücktrittswelle? Inwieweit können die jungen Talente die Lücke füllen? Wer steht nun noch mehr im Fokus? Wir haben uns mit Verantwortlichen und aktuellen sowie ehemaligen Leistungsträgern unterhalten.

"Wenn solche Kapazunder aufhören, kann man das nicht sofort auffangen", erklärt Vize-Präsident Michael Walchhofer im Gespräch mit LAOLA1 und wird dabei von Kathrin Zettel, die verletzungsbedingt die Skier in die Ecke stellte, unterstützt.

Die Göstlingerin sieht vor allem in der Breite ein Manko, "da kann es sein, dass mal die Topergebnisse fehlen". So bleibe es aber zumindest spannend, sucht sie sofort das Positive.

Blick geht nach vorne

Automatisch rücken die Arrivierten, darunter Elisabeth Görgl, Anna Fenninger und Michaela Kirchgasser, noch mehr in den Fokus. Sie sind es, die mit positivem Beispiel vorangehen und die Jungen führen sollen.

"Wenn sie mich fragen, gebe ich gerne Tipps", steht Kirchgasser mit Rat und Tat zur Seite, bittet aber auch im Namen ihrer Kolleginnen um Geduld. "Man muss ihnen Zeit geben, weil es auch mal ein Wellental gibt, wo es nicht ganz funktioniert."

Generell fällt sofort auf, dass es in den Reihen des ÖSV und seiner (Ex-)Athleten keine Jammerei gibt und der Umbruch vielmehr als Chance verstanden wird.

"Man muss die Rücktritte akzeptieren", sieht Damen-Cheftrainer Jürgen Kriechbaum keinen Grund, den einstigen Stars nachzutrauern. "Wir wollen seit längerem auch im Nachwuchs die Nummer eins sein, dem kommen wir schön langsam näher."

Und danach? Da gibt es Läuferinnen wie Bernadette Schild oder Conny Hütter, die unmittelbar vor dem großen Durchbruch stehen. Zettel bringt eine weitere Ex-Kollegin ins Spiel: "Ich hoffe ganz stark auf Carmen Thalmann, sie ist ein großes Talent."

Walchhofer glaubt indes an Christina Ager. Die 19-Jährige habe sich im Slalom inzwischen "ganz gut etabliert" und sei bereit für den nächsten Schritt. "Sie hat das Potenzial für ganz Großes."

Und dann gibt es da ja auch noch Junioren-Weltmeisterin Nina Ortlieb, Vize-Weltmeisterin Stephanie Brunner oder Bronzemedaillengewinnerin Katharina Truppe.

In der Breite gibt es Aufholbedarf

Klar ist: Die Qualität ist weiterhin enorm, in puncto Quantität muss sich der ÖSV sputen, Nachwuchs in den Weltcup zu führen. Mit der nötigen Geduld werden Österreichs Ski-Damen aber auch in Zukunft den Ton (mit)angeben.

"Ich habe das Gefühl, dass wir uns auf einem guten Weg befinden und mit einer sehr kompakten Mannschaft in den nächsten Jahren auf uns aufmerksam machen werden", sagt Thomas Trinker. Als Europacup-Trainer im ÖSV muss es der Steirer schließlich wissen.


Christoph Nister / Matthias Nemetz

Schröcksnadel ist guter Dinge

In der Tat rückt die nächste Generation Stück für Stück an das Weltcup-Team heran oder ist partiell sogar schon Teil dessen. Wenig verwunderlich, dass daher bei Präsident Peter Schröcksnadel von Angst vor einem Einbruch keine Spur ist.

"Vor allem bei den Damen sind wir bei den Jungen gut aufgestellt", hält er zuversichtlich fest und attestiert ihnen großes Potenzial. Sie müssen die Chancen, die sich ihnen bieten, beim Schopf packen, um mittel- und langfristig in die Rolle der neuen Leistungsträger reinzuwachsen.

"Ich habe keine großen Bedenken", stellt der Tiroler klar, um zugleich einzuschränken: "Die Erwartungshaltung schrauben wir aber herunter."

Der Glaube an Thalmann und Ager

Mit Fenninger stellt der ÖSV die Gesamtweltcupsiegerin der letzten beiden Jahre, trotz des Sommer-Theaters gilt sie auch in der unmittelbar bevorstehenden Saison als große Favoritin auf Kristall.

Neben Görgl und Kirchgasser gibt es mit Eva-Maria Brem inzwischen eine weitere Siegläuferin, der im letzten Winter ein gewaltiger Qualitätssprung gelungen ist.