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Hirscher vs. Allzeitgrößen: Der große Vergleich

Hirscher vs. Allzeitgrößen: Der große Vergleich

Marcel Hirscher ist nicht zu stoppen.

Nachdem der Salzburger in Are erst den Riesentorlauf und anschließend auch den Slalom für sich entschied, stockte er sein Konto an Weltcupsiegen auf 26 auf.

Damit zog der dreifache Gesamtweltcupsieger mit niemand geringerem als "Ski-Kaiser" Franz Klammer gleich.

Hirscher katapultierte sich zugleich unter die Top-10 der ewigen Bestenliste. Unter allen aktiven Läufern liegen mit Benjamin Raich (36 Siege) und dem US-Amerikaner Bode Miller (33) nur noch zwei Athleten vor ihm.

Noch viele gute Jahre vor sich

Der Unterschied zu den beiden - Hirscher zählt gerade mal 25 Lenze und hat damit - sofern Körper und Geist mitspielen - noch viele gute Jahre für sich.

Auch wenn der Vergleich zwischen Fahrern unterschiedlicher Generationen hinkt - Anforderungsprofil, Gegner, Material etc. entwickeln sich permanent weiter - drängt sich dieser doch förmlich auf.

Was haben die Größten aller Zeiten in diesem Alter erreicht? Hält Hirscher mit Ingemar Stenmark, Hermann Maier oder auch Alberto Tomba mit? Ist er ihnen gar einen Schritt voraus?

LAOLA1 macht den Check und stellt Marcel Hirscher den Legenden gegenüber.

MARCEL HIRSCHER

Er eilt von Erfolg zu Erfolg. Bereits im Junioren-Alter hat der Annaberger im großen Stil abgeräumt, so zieren sechs Medaillen bei Junioren-Weltmeisterschaften seine Vita. Nur wenige Tage nach seinem 18. Geburtstag feierte Hirscher bereits sein Debüt im Weltcup. Seither ging es fast durchwegs nach oben.

Mit 20 stand er in Val d'Isere erstmals am Podest, am selben Ort feierte er Tage später auch seinen Premierensieg. Bereits mit 23 durfte er erstmals die große Kristallkugel stemmen, zwei weitere kamen seither hinzu. 2014/15 jagt er einen Rekord, denn noch nie gelang es einem Skirennläufer, vier Mal in Folge ganz oben zu stehen.

Zu den Siegen im Gesamtweltcup gesellen sich Erfolge in der Slalom- (zwei Kugeln) und RTL-Wertung (eine). Mit nunmehr 15 Triumphen im Torlauf ist er zudem seit Sonntag alleinige Nummer eins im ÖSV und hat Mario Matt und Benjamin Raich (je 14) hinter sich gelassen.

Auch bei Weltmeisterschaften hinterließ er seine Duftmarke. In Val d'Isere noch leer ausgegangen, in Garmisch verletzungsbedingt nicht am Start - dafür schlug Hirscher vor Heimpublikum zu. Silber im Riesentorlauf, Gold im - zugegeben wenig prestigeträchtigen - Teambewerb und Gold im Slalom. Letzteres ist aufgrund des immens hohen medialen Drucks nicht hoch genug einzuschätzen.

Mit Olympischen Spielen ist er indes nur bedingt warm geworden. In Vancouver blieb er ohne Medaille, in Sochi holte er immerhin Slalom-Silber. Dem Traum von Gold jagte er bislang allerdings vergeblich hinterher. Sucht man nach dem Haar in der Suppe, findet man einen weiteren kleinen Makel: Hirscher verzichtet weitestgehend auf Abfahrten und fährt auch nur ausgewählte Super-Gs. "Ich bin ein Scheißer", gesteht er offen. Abgesehen von einem dritten Platz in Schladming (Super-G) hat er daher ergebnistechnisch in den Speed-Disziplinen nichts vorzuweisen.

Rang Name Nation Weltcupsiege
1 Ingemar Stenmark Schweden 86
2 <span style=\'color: #ff0000;\'>Hermann Maier <span style=\'color: #ff0000;\'>Österreich 54
3 Alberto Tomba Italien 50
4 Marc Girardelli Luxemburg 46
5 Pirmin Zurbriggen Schweiz 40
6 <span style=\'color: #ff0000;\'>Benjamin Raich* <span style=\'color: #ff0000;\'>Österreich 36
7 Bode Miller* USA 33
8 <span style=\'color: #ff0000;\'>Stephan Eberharter <span style=\'color: #ff0000;\'>Österreich 29
9 Phil Mahre USA 27
10 <span style=\'color: #ff0000;\'>Franz Klammer <span style=\'color: #ff0000;\'>Österreich 26
10 <span style=\'color: #ff0000;\'>Marcel Hirscher* <span style=\'color: #ff0000;\'>Österreich 26
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INGEMAR STENMARK

Mit 86 Weltcupsiegen ist der am 18. März 1956 geborene Schwede bis heute das Maß aller Dinge und wird wohl auch noch eine Weile am Thron bleiben. Die "Legende aus Tärnaby" war von kleinauf ein Ausnahmetalent und gewann bereits mit 19 Olympia-Silber in Innsbruck.

Vier Jahre später veredelte er seine Ausbeute im Zeichen der fünf Ringe mit Doppel-Gold in Lake Placid. Seine WM-Ausbeute ist mit fünf Mal Gold sowie je einmal Silber und Bronze ebenso beachtlich, allerdings sei hierbei erwähnt, dass Olympia-Medaillen seinerzeit auch als WM-Edelmetall angerechnet wurden.

Um den direkten Vergleich mit Hischer zu bemühen: Mit 25 Jahren, 9 Monaten und 13 Tagen hatte Stenmark bereits alles gewonnen, was es zu gewinnen gab: Gold bei Olympischen Spielen, Gold bei Weltmeisterschaften, dazu nicht weniger als 17 (!) Kristallkugeln, davon drei in der großen Variante. 62 Weltcupsiege bis dahin sind zudem eine Hausmarke, an der sich alle anderen während ihrer gesamten Karriere die Zähne ausbissen.

Doch auch Stenmark, der kein Lautsprecher war, sondern mit seiner Bescheidenheit die Massen begeisterte, klebt ein Makel an seiner Karriere. Der Super-Techniker hielt nicht viel von Abfahrten und hat daher keinen einzigen Speed-Sieg zu Buche stehen.

Auch im Super-G ging er leer aus, wenngleich diese Disziplin erst in der zweiten Karrierehälfte Stenmarks im Weltcup eingeführt wurde.

HERMANN MAIER

Seine Geschichte ist einzigartig, fiel der Salzburger dem ÖSV doch erst mit 23 Jahren auf, als er bei einem Weltcup-RTL in seiner Heimatgemeinde Flachau als Vorläufer eine sensationelle Zeit in den Schnee zauberte. Wenige Wochen später stand er bereits im Weltcup-Team.

Erstmals ganz oben auf dem Stockerl stand Maier mit 24, der endgültige Durchbruch gelang dem am 7. Dezember 1972 geborenen Flachauer in der Saison 1997/98. Fortan dominierte er die Konkurrenz und deklassierte sie teilweise, wie niemand es für möglich hielt.

Mit seinem Doppel-Olympiasieg nur wenige Tage nach einem Horror-Unfall in der Abfahrt wurde aus Maier in Nagano der "Herminator", der in jenem Jahr auch den Gesamtweltcup für sich entschied. Elf Weltcupsiege hatte er zu Buche stehen, als er so alt war, wie Hirscher nun.

Seine beste Zeit sollte allerdings erst kommen, denn Maier legte Doppel-WM-Gold in Vail 1999 nach, pulverisierte den Allzeit-Punkterekord im Weltcup (2.000 Zähler), holte weitere drei Mal den Gesamtweltcup sowie einen zusätzlichen WM-Titel (plus drei weitere Medaillen) und zwei Mal Olympia-Edelmetall.

Beachtlich war sein Comeback, nachdem er bei einem Unfall im Sommer 2001 beinahe sein Bein verloren hätte. Maier kam zurück und wurde - als bis dato einziger Österreicher - 2004 mit dem Laureus Award für das weltweit größte Sportcomeback ausgezeichnet. Seine Achillesferse: Er fuhr den Slalom nur, um Kombinationspunkte zu sammeln, und kam daher nie über einen zehnten Rang (Veysonnaz 1998) hinaus.

ALBERTO TOMBA

Ein Egozentriker, wie er im Buche steht. Tomba "la Bomba" warf mit Pokalen um sich, genehmigte sich gerne den einen oder anderen Schluck Alkohol und hatte zahlreiche Frauen an seiner Seite - der Italiener war der Glamour-Boy der Ski-Welt.

Tomba rechtfertigte seine Allüren mit überragenden Leistungen auf den Pisten dieser Welt. Drei Mal Olympia-, zwei Mal WM-Gold, eine Gesamtweltcup-Triumph sowie 50 Weltcupsiege sprechen eine deutliche Sprache, womit er sportlich über jeden Zweifel erhaben ist.

Gemessen am Alter Hirschers muss sich Tomba keinesfalls verstecken. Mit knapp 26 Jahren hatte er bereits drei Olympiasiege und 28 Weltcup-Erfolge am Buckel. Die große Kristallkugel sowie seine Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften ließen allerdings noch auf sich warten.

Tomba war wie Hirscher und Stenmark ein Technik-Spezialist, weshalb auch er in den schnellen Events mit Teilnahmen geizte und Erfolge bei seinen wenigen Starts entsprechend überschaubar waren - einer der ganz wenigen schwarzen Flecken auf seiner Karriere.

Der Party-Tiger hält übrigens bis heute einen Rekord, an dem alle anderen Größen vor und nach ihm scheiterten - er gewann in elf aufeinanderfolgenden Saisonen jeweils zumindest ein Rennen.


Christoph Nister