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"Für uns ist eine Welt zusammengebrochen"

Die Pressekonferenz von ÖOC-Präsident Karl Stoss am Sonntag zum Dopingfall Johannes Dürr im Wortlauf:

 

Frage: Herr Präsident, wie lautet Ihr erstes Statement zum Dopingfall Johannes Dürr?

Stoss: "Tief erschüttert müssen wir Ihnen hier bekannt geben, dass sich das leider bewahrheitet hat. Johannes Dürr wurde während eines Trainingsaufenthaltes in Österreich am 16. Februar getestet. Der EPO-Test ist positiv ausgefallen. Wir vom ÖOC wurden kurz nach Mitternacht davon in Kenntnis gesetzt, haben dann einen Krisenstab gebildet und sofort Kontakt zum Athleten aufgenommen. Das hat unser Leiter des Ärzteteams, Dr. Wolfgang Schobersberger getan. Er hat ihn zur Rede gestellt. Johannes hat das sofort zugegeben und wir haben ihm dann sofort die Akkreditierung entzogen, ihn aus der Mannschaft verwiesen, ihn aus dem Olympischen Dorf genommen. Mittlerweile ist er auf dem Heimweg nach Österreich."

Frage: Können Sie weitere Details aus diesem persönlichen Gespräch nennen?

Stoss: "Sie können sich vorstellen, für uns alle, die ihn betreut, begleitet, trainiert haben, ist eine Welt zusammengebrochen. Johannes ist ein Athlet, der mitgeholfen hat, den österreichischen Langlaufsport wieder nach vorne zu bringen. Er selbst war dann auch schwerst geschockt, als wir ihn damit konfrontiert haben. Er hat dann sofort gesagt: 'Ich bin ein Einzeltäter, es ist niemand anderer involviert. Ich möchte mich in aller Form und Deutlichkeit bei euch entschuldigen. Vor allem aber bei allen, die mich in den letzten Jahren und Monaten so intensiv begleitet haben. Es tut mir unendlich leid, dass ich das getan habe.' Wir konnten das einfach nur zur Kenntnis nehmen."

Frage: In Sotschi wollte der ÖSV einen neuen Angriff im Langlauf wagen. Befürchten Sie jetzt wieder Konsequenzen für den Langlaufsport in Österreich?

Stoss: "Ich möchte da niemandem vorgreifen. Jetzt gibt es das ganz normale Prozedere. Das IOC setzt sich mit dem internationalen Verband in Verbindung bezüglich der Sperre des Athleten. Der internationale Verband nimmt dann Kontakt zum nationalen Verband auf. Vonseiten des ÖSV wird es ganz sicher auch Konsequenzen geben im Sinne eines Ausschlusses."

Frage: Zuerst der Medaillenregen, dann der große Schock. Wie geht es Ihnen persönlich?

Stoss: "Mir geht es sehr schlecht, wie man sich vorstellen kann. Von 180 auf null runterzufahren. Die Freude war riesig nach dem Samstag mit fünf Medaillen, der tollen Gesamtbilanz mit 17 Medaillen. Und dann dieser Paukenschlag, der uns wie eine Keule getroffen hat. Unvorstellbar, weil wir ja alle noch mitgefiebert haben und ein uns ein Quäntchen Chance für den 50-Kilometer-Langlauf ausgerechnet hatten. Aber das zählt heute alles nicht mehr, es ist wirklich furchtbar. Wir sind zutiefst enttäuscht und erschüttert. Diese Betrügereien hätten wir nie in unseren Reihen erwartet."

Frage: Was steht schon fest bezüglich A- und B-Probe?

Stoss: "Fest steht, dass die A-Probe positiv war. Er wurde persönlich kontaktiert und aufgeklärt über seine Rechte und Möglichkeiten. Es wurde ihm auch offeriert, eine B-Probe zu machen. Das hat sich erübrigt, nachdem er selbst zugegeben hat, dass er gedopt hat, braucht es keine B-Probe. Die Disqualifikation ist damit endgültig."

Frage: Wo wurde er kontrolliert? Hat die Kontrolle die NADA durchgeführt und wurde er auch nach seinem ersten Auftritt in Sotschi kontrolliert?

Stoss: "Sie wurde am 16. Februar in Österreich durchgeführt, es war eine übliche Trainingskontrolle. Durchgeführt wurde sie meines Wissens von der NADA, sie kann aber auch vom internationalen Verband angeordnet worden sein. Wo sie genau stattgefunden, weiß ich nicht. Er hat in dieser Saison bereits 14 Kontrollen gehabt, die alle negativ verlaufen sind. Internationale Spitzenleute werden auch regelmäßig über den internationalen Verband kontrolliert."

Frage: Hat Dürr auch gesagt, seit wann er dopt?

Stoss: "Nein, hat er nicht. Aber es kann nicht allzu lange sein, weil er ja die vorigen 14 Proben überstanden hat."

Frage: Wenn er 14 Proben negativ absolviert hat, gehört dann eventuell bei den Proben etwas verbessert?

Stoss: "Nein, das glaube ich nicht. Das Netz wird immer engmaschiger. Und das ist auch gut so. Betrügereien gehören aufgedeckt. Aber es kann das Netz nicht so engmaschig sein, dass es nicht trotzdem Menschen gibt, die es schaffen, zu betrügen. Das ist im wirklichen Leben so, das ist im Sport so. Gott sei Dank gibt es immer mehr Kontrollen und deshalb wird es immer schwieriger für die Athleten zu dopen."

Frage: Hatten Sie schon die Möglichkeit, mit Langlauf-Sportdirektor Markus Gandler zu sprechen?

Stoss: "Natürlich haben wir in der Nacht mit ihm persönlich gesprochen. Er ist total erschüttert. Ihn hat es wahrscheinlich am allerschwersten getroffen. Denn er hat versucht, den Langlaufsport wieder nach vorne zu bringen. Für ihn ist eine Welt zusammengebrochen, er war zu tiefst erschüttert."

Frage: Befürchten Sie nach drei Olympia-Skandalen der österreichischen Langläufer auch Konsequenzen durchs IOC?

Stoss: "Ich glaube nicht. Vonseiten des IOC ist es wichtig, dass wir sofort die richtigen Konsequenzen gesetzt haben. Die Konsequenzen für den Langlaufsport in Österreich obliegen dem ÖSV, nicht dem ÖOC."

Frage: Hat Dürr gesagt, was genau er genommen hat und wer es ihm verabreicht hat?

Stoss: "Er hat gesagt, dass er sich das EPO-Präparat selbst verabreicht hat. Mehr weiß ich nicht."

Frage: Dürr sagt, er ist ein Einzeltäter. Wir man trotzdem einen genaueren Blick in die Langlaufsparte werfen?

Stoss: "Auch die anderen Langlaufsportler werden regelmäßig kontrolliert. Natürlich wird der ÖSV eine sehr ausführliche Diskussion führen, wie hier weiter kontrolliert wird. Auch das ÖOC hat im Vorfeld alles unternommen. Es werden regelmäßig Schulungen durchgeführt. Es werden Aufklärungen durchgeführt. Es muss jeder einen Test machen und bestehen. Und nebenbei gibt es noch die Kontrollen. Und der Athlet unterschreibt ja auch und verpflichtet sich, keine verbotenen Mittel zu nehmen. Deshalb stößt uns diese Betrügerei so besonders übel auf."

Frage: Was unterschreibt der Athlet genau?

Stoss: "Er verpflichtet sich mit einer Unterschrift, mit fairen Mitteln an den Start zu gehen. Und auch bei der Angelobung durch den Bundespräsidenten wurde dieser Eid abgenommen."

Frage: Wann hat man den Sportler informiert?

Stoss: "Gleich als wir es nach Mitternacht erfahren haben. Dürr musste sofort sein Zimmer räumen und das Olympische Dorf verlassen. Wir haben ein Zimmer hier herunten (in Krasnaja Poljana, Anm.) zur Verfügung gestellt und die Abreise organisiert."

Frage: Ist es möglich, dass ein Dopingnetzwerk vorliegt?

Stoss: "Er sagt, es ist niemand anderer einbezogen. Aber es wird in Zusammenarbeit mit der NADA sicher weitere Nachforschungen geben. Alles weitere wird der ÖSV unternehmen."

 

Im Anschluss an die Pressekonferenz wollte Stoss noch folgendes Statement verlautbaren: "Es tut mir unglaublich weh und auch leid. Weil wir ja tolle Spiele erlebt haben. Und diese großartigen Leistungen der anderen Athletinnen und Athleten sollten dadurch nicht in den Hintergrund gerückt werden. Die haben ehrlich diese tollen Platzierungen errungen. Leider haben wir jetzt zum Schluss einen Einzeltäter, der überführt werden konnte. Das ist wirklich ein trauriges Kapitel und ein schwarzer Sonntag."