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Eishockey-Spieler, Poet und Aggressiv-Leader

Eishockey-Spieler, Poet und Aggressiv-Leader

 

ÖEHV-Angreifer David Schuller feiert bei der Weltmeisterschaft in Helsinki ein Jubiläum. Gegen den Gastgeber Finnland wird er zum 100 Mal das österreichische Nationaltrikot tragen.

Der gebürtige Kapfenberger in Diensten des KAC ist gestandener Nationalspieler, hat aber auch eine andere Seite. Der 32-jähirge Center ist Lyrik-Preisträger und widmet seine Freizeit der Poesie.

Hauptberuflich versucht der Stürmer Bullies zu gewinnen und als Aggressiv-Leader im Nationalteam zu überzeugen, als Hobby lässt er den Stift für sich sprechen.

Im großen LAOLA1-Interview zu seinem Jubiläum spricht Schuller über seinen Hunderter, seine Gedichte und Qualitäten beim Faceoff sowie seine Rolle als körperlich robuster Spieler bei dieser Weltmeisterschaft.

LAOLA1: Du begehst dein hundertstes Länderspiel gegen Finnland. Interessieren sich solche Zahlen?

David Schuller: Schön ist es schon. Je näher der Hunderter kommt, desto mehr schaut man Richtung der dreistelligen Nummer. Das ist eine Zahl, die beweist, dass man über Jahre Leistung gebracht hat.

LAOLA1: In Finnland gegen die Heimmannschaft dieses Jubiläum zu feiern, ist auch sicherlich kein alltägliches Erlebnis!?

Schuller: Ich muss gestehen, ich habe mir das schon vorher durchgerechnet und dass es am Ende so fällt, vor 14.000 Zuschauern, ist natürlich eine große Sache und ich werde es ganz bestimmt genießen.

LAOLA1: Bei dieser Weltmeisterschaft hat man zwei Siege einfahren können. Wie war die Stimmung in der Kabine?

Schulller: Bei den bisherigen Turnieren auf A-Niveau war es durch die Bank so, dass wir nicht gut ausgesehen haben. Wenn man jetzt die fünf bisherigen Spiele Revue passieren lässt, ist doch ein roter Faden, eine Konstanz, vor allem verglichen mit den letzten Jahren, erkennbar. Das freut uns und gibt uns ein Selbstvertrauen für die Partie gegen Finnland, wobei wir natürlich wissen, dass es eine enorm starke Defensive benötigt, um die Finnen zu ärgern.

LAOLA1: Ein spielentscheidender Faktor sind immer die Bully-Gewinne. Wie gehst du als Center in diese Situationen?

Schuller: Ich versuche, meine Kraft einzusetzen. Da gilt es so tief wie möglich ins Bully hineinzugehen. Die Schnelligkeit spielt eine wichtige Rolle und wichtig ist, zu antizipieren, wann der Schiedsrichter die Scheibe fallen lässt und den anderen Center zu überraschen. Ich denke, das ist mir bisher gut gelungen.

Schuller gibt beim Bully immer alles

LAOLA1: Eishockey ist ein harter Sport und eine Leidenschaft für Lyrik passt nicht unbedingt in das Klischee-Bild, das man von einem Profi hat. Wirst du in der Kabine deswegen oft aufgezogen?

Schuller: Ja, schon. Die erste Reaktion, nachdem meine Mitspieler erfahren haben, dass ich diesen Preis gewonnen habe, war von Christoph Brandner, der mir „Hey Nudelaug“ zugerufen hat, was auf den Dichter im Mundl bezogen war, der ja auch immer wieder verarscht wird, weil er außer Schreiben nicht viel mehr kann. Das hat irgendwie gepasst. Ich denke aber, dass meine Mitspieler das dennoch wertschätzen und akzeptieren, auch wenn sie unmittelbar nichts damit anfangen können. Wer interessiert ist und mal lesen will, was ich geschrieben habe oder Anhaltspunkte braucht, ist mir herzlich willkommen.

LAOLA1: Wenn man deine Sachen googelt, findet man sie?

Schuller: Ja, ich habe mich damals sehr geehrt gefühlt, dass auch der „Standard“ einen Abdruck eines meiner Gedichte veröffentlicht hat. Ich habe ja nur drei Gedichte eingesandet und nur eines hat noch bestand. Die anderen sind schon verworfen, weil mit der Zeit die emotionale Abkühlung kommt und man merkt, dass es doch nicht so genau und gut ist, wie man zunächst vielleicht angenommen hatte.

LAOLA1: Wie schwierig war die Überwindung, mit deinen Gedichten an die Öffentlichkeit zu gehen und deine weiche Seite zu zeigen?

Schuller: Das ist ein Klischee, dass es weich ist. Die romantische Vorstellung, dass in Gedichten alles rosarot und mit Liebe verbunden ist, stimmt ja nicht. In der modernen Lyrik ist das nicht mehr der Fall. Aber in erster Linie hat mich die hochkarätige Jury bei diesem Preis angespornt und ich wollte testen, ob meine Sachen Resonanz finden und brauchbar sind. Ich habe aber, aus Selbstschutz, keinem etwas davon gesagt. Nicht mal meiner jetzigen Frau oder meinem Vater. Da war ich auch so Größenwahnsinnig um zu sagen, entweder ich bin ganz vorne dabei oder es ist nicht der Rede wert. Die ersten zwölf Plätze sind prämiert worden, aber ein zwölfter oder zehnter Platz hätte mir nicht gereicht. Ich habe sechs Wochen gezittert und gewartet, bis jemand anruft und mir sagt, ob ich einen Preis gewonnen habe. Als dieser dann kam, war es für mich ein Wahnsinn.

LAOLA1: Schaust du dir die deine Bully-Statistiken nach dem Spiel an?

Schuller (lacht): Unterschätze nie die Eitelkeit eines Spitzensportlers. Natürlich schaut man und will genau wissen, wie man abgeschnitten hat. Bei einer WM hat man die Möglichkeit, die wir in der Liga nicht haben, die verschiedenen Statistiken zu überprüfen und wir nützen das natürlich, um zu sehen, wie viel Schüsse wir aufs Tor abgegeben oder wie wir beim Bully abgeschnitten haben.

LAOLA1: Auffällig ist, dass du jeden Check fertig fährst und auch schon so manchen spektakulären Hit gelandet hast. Würdest du dich als Aggressiv-Leader bezeichnen?

Schuller: Das ist meine Aufgabe im Team, dass ich durch hartes Spiel und den Körpereinsatz der Mannschaft Energie bringe und der Mannschaft zeige, das wir auch gegen körperlich starke Gegner bestehen können. Ich versuche ein Zeichen zu setzen, um meiner Mannschaft zu zeigen, dass wir im physischen Bereich mithalten können. Das ist mir bisher ganz gut gelungen, wobei man auch zugeben muss, dass gegen die Slowakei ein Check grenzwertig war und ich verdientermaßen dafür zwei Minuten auf der Strafbank abgesessen habe.

LAOLA1: Du versuchst durch deine Aggressivität zu überzeugen, hast aber auch eine andere Seite und einen Lyrik-Preis gewonnen. Wie lässt sich das vereinbaren?

Schuller: Das sind Kontraste, aber das eine schließt das andere nicht aus. Ich wurde sicherlich ein wenig geprägt durch meinen Vater, der Deutsch-Lehrer ist und eine große Bibliothek zu Hause hat. Als Kinder haben wir uns gefragt, warum Papa so viele Bücher braucht und was da alles drin steht. Dann schmökert man halt durch und irgendwie bleibt man dabei. Wobei ich auch sagen muss, dass früher andere Dinge im Vordergrund standen und ich mit dem Schreiben erst vor sieben, acht Jahren begonnen habe.

LAOLA1: Ist ein Buch mit deinen gesammelten Werken in Planung?

Schuller: Mit Lyrik oder Gedichten wirst du in finanzieller Hinsicht keine großen Brötchen backen. Ein Buch zu veröffentlichen reizt natürlich und es gab schon unverbindliche Anfragen nachdem ich den Preis gewonnen habe. Allerdings ist das erst ein Thema, wenn ich mehr geschrieben habe, denn ich bin ein „Wenig-Schreiber“ und brauche immer lang, bis ein Gedicht tatsächlich steht. Ich habe den Luxus, dass ich mein Geld anderweitig verdiene und die Dinge auf mich zulassen kommen kann.

LAOLA1: Um was geht es in deinen Gedichten?

Schuller. Das Gedicht, das preiswürdig war, handelt von einem amerikanischen Maler, Mark Rothko, der mich seit Beginn meiner Beschäftigung mit der Kunst immer fasziniert hat. Ich versuche dem Leser zu vermitteln, was dieser Künstler, seine Bilder und sein dubioser Tod in mir ausgelöst haben. Es ist schwer, über ein Gedicht zu sprechen. Es ist das Beste man liest es und macht sich sein eigenes Bild.