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Vom Kampfgeist bis zum Abstieg

Vom Kampfgeist bis zum Abstieg

 

Die Weltmeisterschaft in Helsinki ist für Österreich am Dienstag zu Ende gegangen und das ÖEHV-Team hat trotz zweier Siege und ansprechender Leistungen die Klasse nicht halten können. Am Ende waren fünf Punkte aus sieben Spielen zu wenig, um in der Weltelite vertreten zu bleiben.

Dennoch spielte die Mannschaft von Head Coach Manny Viveiros eine gute WM, die erfolgreichste seit Prag 2004.

„Es ist bitter, wir hätten es uns aufgrund der Auftritte verdient oben zu bleiben. Doch so ist der Sport, am Ende haben wir zu wenig Punkte geholt“, resümiert der Teamchef.

Verdient wäre es allemal gewesen, nicht oft steigen Mannschaften mit zwei Siegen in die B-Gruppe ab. Trotz der Tatsache, dass am Ende einer A-WM wieder der Abstieg steht, sahen die Fans im Vergleich zu früheren Auftritten, wie Kosice 2011, eine hart arbeitende, kämpferisch überzeugende und ambitionierte österreichische Mannschaft, die sogar gegen den Weltmeister ein 0:2 zwischenzeitlich in ein 3:2 drehen konnte.

LAOLA1 streicht exemplarisch einige Punkte heraus, die während dieser Weltmeisterschaft positiv aufgefallen sind.

Junge Linie: Raphael Herburger, Thomas Hundertpfund und Michael Raffl haben bei diesem Turnier überzeugt. Die beiden Kärntner und der Vorarlberger wurden nach dem zweiten Spiel von Teamchef Manny Viveiros zusammengesteckt und bildeten die beste österreichische Linie des Turniers in puncto Technik, Forecheck und Kampfgeist. Besonders herauszuheben wäre Hundertpfund, der mit fünf Vorlagen der beste Assistgeber in Rot-Weiß-Rot bei dieser Weltmeisterschaft ist.

Die Top-Drei: Thomas Vanek. Andre Lakos und Bernhard Starkbaum wurden zu den besten drei österreichischen Spielern des Turniers gewählt. Der Keeper wuchs in zwei Spielen über sich hinaus und war gegen Lettland und die Slowakei der Vater des Erfolgs. Zwar hatte er zu Beginn des Turniers einige Unsicherheiten, die Punkte bei dieser WM sind aber zu einem großen Teil dem Schweden-Legionär zu verdanken. Lakos zeigte ungemeinen Einsatz vor allem in den Zweikämpfen an der Bande, hielt körperlich in beeindruckender Manier dagegen und war neben Thomas Pöck der mit Abstand beste Verteidiger der Österreicher. Vanek war nicht nur bester Torschütze (4) sondern hob allein durch sein Dasein das ÖEHV-Team auf eine andere Stufe.

Sieg über die Slowakei: In welcher Mannschaftssportart kann Österreich von sich behaupten als krasser Außenseiter den Vizeweltmeister geschlagen zu haben? Ein Erfolg gegen die Slowakei bei einer A-WM gelang vorher nur ein einziges Mal, 1996 in Wien. Solche Siege sind wichtig für den Sport und können für die Reputation des Eishockeys in unserem Land gar nicht hoch genug bewertet werden. Auch der Sieg gegen Lettland war nicht alltäglich. Den letzten WM-Erfolg über die Balten feierte eine ÖEHV-Auswahl 1999 in Norwegen. Durch die fünf Punkte war es die erfolgreichste WM seit 2004 in Prag als man gegen Kanada (2:2) und die Schweiz (4:4) remisierte und gegen Frankreich gleich 6:0 gewann und somit den Aufstieg in die Zwischenrunde schaffte.

Stimmung im Team: Obwohl die WM für unsere heimischen Cracks denkbar schlecht begonnen hatte und man gegen Frankreich und die USA keine Punkte einfahren konnte, hatte die Mannschaft immer betont, wie wichtig es sei, positiv zu bleiben. Alle Protagonisten fanden sich mit ihrer Rolle ab, egal ob Reservist oder Stammspieler, das Team funktionierte und es kam innerhalb der Gruppe keine Unruhe auf. Von Beginn an legte man eine gesunde Portion Selbstbewusstsein an den Tag und verwies immer auf die Möglichkeit, durch Kampfgeist und auch ein wenig Glück gegen große Nationen Punkte holen zu können. Der Auftritt gegen die Slowakei hatte dies bewiesen.

Shorthander: Selten gelingt es einer Mannschaft bei einer WM gleich zwei Unterzahl-Treffer in einem Spiel zu erzielen, noch seltener gegen eine Mannschaft wie Finnland. Die Österreicher haben dieses Kunststück vollbracht, binnen knapp zwei Minuten trafen Robert Lukas und Raphael Herburger jeweils in Unterzahl gegen den Gastgeber. Damit ist das rot-weiß-rote Team das einzige, welches in diesem WM-Grunddurchgang zwei Shorthander verbuchen konnte. Neben den Österreichern haben nur noch Deutschland (technisches Tor gegen Österreich), Russland (auch gegen Österreich) und die Tschechen in nummerischer Unterlegenheit gescort.

System: Seit fast zwei Jahren arbeiten Manny Viveiros und seine Kollegen Rob Daum und Christian Weber an einem System, welches auf die Möglichkeiten der heimischen Spieler zugeschnitten ist. Mittlerweile scheint es zu greifen und die Spieler scheinen ihre Rollen weitgehend verstanden zu haben. Mit einer kompakten Defensive, versucht man die Gegner nach Außen zu drängen, damit sie den Distanzschuss nehmen müssen. „Wenn wir zu hoch stehen und Mann gegen Mann spielen, dann sind wir chancenlos“, erklärte Viveiros. Hauptziel ist es, ihnen keine Schüsse aus dem Slot zu ermöglichen. Im Angriff setzt man auf schnelle Konter und harte Forchecks, was beides bei diesem Turnier hervorragend funktioniert hat, auch wenn in den entscheidenden Partien zu wenig Tore daraus resultierten.

Kampfgeist: Einer der wesentlichsten Unterschiede zu vergangenen Auftritten auf A-Niveau, war die Einstellung, die die Mannschaft an den Tag legte. Die kämpferische Haltung beeindruckte und war in dieser Form früher nicht wirklich existent. Spielerisch hatte man vielleicht nicht die besten Akteure in seinen Reihen, dennoch war der Einsatz auf sehr hohem Niveau. Auch wenn es gegen die Russen nicht zu Punkten gereicht hat, ist die Tatsache ein 0:2 gegen den Weltmeister in eine 3:2-Führung zu verwandeln, ein Beweis für die Einstellung der Cracks.

Österreichs Powerplay: Zwar resultierten im abschließenden Spiel gegen Russland gleich zwei Treffer aus nummerischer Überlegenheit, dennoch strahlte Österreich über das gesamte Turnier gesehen zu wenig Gefahr im Powerplay aus. Bevor man gegen die Russen gleich doppelt traf, war ein Tor von Lakos in sechs Spielen und über 30 Minuten Überzahl, das einzig Zählbare. Gegen Deutschland brachte man bei einer einminütigen Fünf-gegen-Drei-Situation den Puck nicht im Tor unter. Sicherlich auch ein Mitgrund, warum man am Ende den Klassenerhalt nicht schaffte.

Chancenauswertung: Unfassbar was Österreich unter anderem im Spiel gegen Deutschland an Möglichkeiten ausgelassen hat. Aber nicht nur gegen das DEB-Team haftete der Chancenauswertung das Prädikat mangelhaft an. In der Mehrheit der Spiele vergab man zahlreiche gute Chancen. Sinnbildlich dafür steht Vanek, der vier Mal alleine aufs gegnerische Tor fuhr, jedoch nur einen Treffer daraus erzielen konnte. Zwar ist der Steirer mit vier Toren der beste Torschütze des ÖEHV-Auswahl, doch dem Buffalo-Stürmer klebte auch das Pech am Schläger. Nicht weniger als dreimal rettete die Stange nach einem Vanek-Schuss für den Gegner.

Thomas Koch: Es war nicht das Turnier des Kapitäns. In keinem der sechs Spiele, in welchen er auf dem Eis stand, konnte er dem Spiel den Stempel aufdrücken. Mit insgesamt 109:41 Minuten Eiszeit hatte er vor der Russland-Partie die viert-meisten Einsatzminuten. Dem sonst so treffsicheren Schützen und umsichtigen Assistgeber gelang weder ein Treffer noch eine Torvorlage. Außerdem ist er mit vier Schüssen nach Markus Peintner (3) der Stürmer, der die wenigsten Versuche unternommen hat. Manny Viveiros zeigte sich dennoch sehr zufrieden, lobte Kochs Einsatz und dessen aufopferungsvolle Arbeit in der Defensive. Dies ist auch durchaus zu honorieren, nur verfügt Österreich ohnehin nicht über viele Torjäger und da wäre ein Koch in offensiver Höchstform eine wichtige Verstärkung gewesen. Zu allem Überfluss bekam der Angreifer gegen Finnland auch noch einen Stock ins Auge und konnte sein Team gegen Russland auf dem Eis nicht mehr unterstützen.

Versprecher Joe Sacco: Manny Viveiros riss die Augen auf, als der US-Trainer, bei der Pressekonferenz nach dem Eröffnungsspiel der Schweiz zu einem guten Spiel gratulierte. Sacco fiel der Verwechsler nicht einmal auf, ein Journalist machte ihn Minuten später darauf aufmerksam, dass der Gegner Österreich und nicht die Schweiz war. Der Amerikaner entschuldigte sich höflich vor der Presse und im Anschluss auch noch persönlich bei Viveiros. Keine große Sache, dennoch ein Zeichen von mangelndem Respekt, was bei einer A-WM nicht sein muss.

Obwohl die Österreicher eine beherzte WM spielten, gab es auch Elemente, die während des Turniers nicht so funktionierten, wie man sich dies im Vorfeld vielleicht erhofft hätte.

So fand Kapitän Thomas Koch, mit 60 Punkten in 58 Spielen hinter Brian Lebler immerhin der beste österreichische Scorer der EBEL-Saison, offensiv nicht zu seiner gewohnten Form. Das Powerplay funktionierte in den Schlüsselspielen nicht und am Ende wurde das Ziel des Klassenerhalts trotz zweier Siege verpasst.

LAOLA1 streicht exemplarisch einige Punkte heraus, die negativ aufgefallen sind.

Abstieg: Am Ende hilft alles nichts, Österreich ist wieder zweitklassig. Auch wenn die Auftritte, wie zum Beispiel gegen Deutschland, teilweise richtig gut waren, reichte es erneut nicht, das Dasein als Fahrstuhl-Nation hinter sich zu lassen. Es mag bitter, vielleicht auch unverdient oder unglücklich sein, am Ende verraten die nackten Zahlen, dass man erneut nicht gut genug für das Geschäft der großen war. Schade!

 

Was ist euch bei dieser WM aufgefallen? Was waren für euch die positiven Überraschungen, wo seht ihr noch Luft nach oben? Diskutiert miteinander und postet eure Meinung!