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Gold verloren, nicht Silber gewonnen

Gold verloren, nicht Silber gewonnen

Die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft hat den größten Erfolg in ihrer jüngeren Geschichte eingefahren.

Nach 1935 sicherten sich die Eidgenossen erst zum zweiten Mal in der Historie bei einer Weltmeisterschaft die Silbermedaille. Zuletzt gab es mit Bronze im Jahr 1953 Edelmetall für die Schweiz.

Die Ruhe verloren

Und dennoch waren die Spieler am Ende enttäuscht. Mit neun Siegen aus neun Spielen war man in dieses Endspiel gegen den Gastgeber Schweden gegangen und rechnete sich gegen den Favoriten durchaus etwas aus.

Bereits in der Vorrunde konnte man das Duell mit 3:2 für sich entscheiden, und nach fünf Minuten besorgte Roman Josi, der zum MVP des Turniers gewählt wurde, auch noch die Führung. Doch in der Folge kamen die Skandinavier auf und bestraften die Schweizer beinhart für Unkonzentriertheiten und siegten am Ende mit 5:1.

„Diese Niederlage ist absolut unnötig. Der Puck ist nicht für uns gelaufen. Wir haben teilweise die Ruhe verloren“, sagte Goalie Martin Gerber gegenüber „blick.ch“.

Gold verloren

Direkt nach dem Spiel hatten die „Eisgenossen“, wie sie im Laufe des Turniers getauft wurden, nicht das Gefühl, Silber gewonnen, sondern Gold verloren zu haben.

„Wir haben eine riesige Chance vergeben“, war der erste Kommentar von Josi und sein Mannschaftskollege Mathias Seger blies ins selbe Horn.

„Gold war unser Ziel. Wir haben unsere Chance gehabt. Das Glück war nicht auf unserer Seite, wir haben es wohl schon aufgebraucht“, urteilte der Kapitän.

An andere Spieler gedacht

Während seine Spieler der einmaligen Chance als erstes Land nach Kanada, Schweden, Tschechien, Finnland, Russland, USA und Slowakei einen WM-Titel feiern zu können, nachtrauerten, nützte Trainer Sean Simpson die Übertragungszeit des Schweizer Fernsehens, um an Spieler zu erinnern, denen das Schicksal in den letzten Jahren übel mitgespielt hatte.

So erwähnte der Nationaltrainer im Interview mit „SFR“ den 25-jährigen Kevin Lötscher, der fixer Bestandteil der Nationalmannschaft war, bei einem Verkehrsunfall vor zwei Jahren aber schwer verletzt wurde und seit damals um die Weiterführung seiner Karriere kämpft.

Weiter erinnerte Simpson an Ronny Keller (33), der seit diesem Jahr nach einem Check im Rollstuhl sitzt und grüßte Simon Grogg (39), der an einer degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems leidet und seine Laufbahn beenden musste.

Ein toller Zug des Head Coaches, der ihm weitere Sympathien in der Schweiz, aber auch über die Grenzen des Alpenstaates hinaus, einbrachte.

Hoffentlich trotzdem stolz

Während der Trainer beim Interview stand, mussten seine Spieler zusehen, wie die Schweden vor heimischer Kulisse den Pokal in die Höhe streckten und sich von ihren Landsleuten in der Globe Arena zu Stockholm feiern ließen.

„Ich bin Eishockeyspieler. Ich will gewinnen. Die andere Mannschaft gewinnen zu sehen, ist schwierig“, gestand Stürmer Ryan Gardner gegenüber „SFR“ im Anschluss.

Doch auch wenn die Spieler im ersten Moment das Gefühl hatten, Gold verloren zu haben, spätestens bei ihrer Rückkehr in ihre Heimat, wird den Cracks bewusst werden, was sie geleistet haben.

„Wir hörten von Angehörigen, dass wir in der Schweiz mit unseren Erfolgen ziemlich etwas ausgelöst haben. Ich hoffe, die Leute sind stolz auf uns, auch wenn es nur Silber wurde“, sagte Verteidiger Patrick von Gunten der „Basler Zeitung“, um gleich hinterher zu schicken, dass das Erreichte nur eine Momentaufnahme war.

„Wir können sicher mitnehmen, dass wir alle schlagen können. Aber man darf jetzt auch nicht das Gefühl haben, es sei für die Schweiz Normalität, im WM-Finale zu sein. Ob es nun Gold oder Silber war, nächstes Jahr beginnt bei Olympia und der WM wieder alles von vorne.“

Sebastian Rauch