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Scouting Report: Auffälligkeiten & Analyse der A-WM

Scouting Report: Auffälligkeiten & Analyse der A-WM

Die Eishockey-WM in Prag und Ostrava ist beendet, nicht nur Weltmeister Kanada sorgte für ein eindrucksvolles beeindruckendes Turnier.

Zeit für ein Fazit: Wie ist das internationale Eishockey eigentlich aufgeteilt und welche Rolle nimmt hier Österreich ein?

Die Großen 6:

Kanada, Schweden, Finnland, Russland verfügen über den größten Talentepool, die Russen können sich bei diesen Turnieren nur durch übertriebenen Egoismus selbst zerstören.

Tschechien gehört auch zu diesem Kreis, allerdings erfolgt der Turnaround nach knapp einem Jahrzehnt schwacher Nachwuchsförderung nur langsam. Das Resultat sind kaum junge Verteidiger, im Gegensatz etwa zu Schweden.

Ebenfalls ein Problem der Tschechen, das auch in der Liga zu sehen ist: Die Vergötterung von längst vergangenen Generationen, auch wenn Jaromir Jagr das Viertelfinale im Alleingang entschied. 40-jährige Cracks sind auch in der Extraliga keine Seltenheit.

Die USA schöpft aus dem Talentpool der letzten Jahre mit unglaublichen sechs U18-WM-Titeln in den letzten sieben Jahren.

Zahlreiche Talente bei USA

WM-Cracks wie Justin Faulk, Seth Jones, Connor Murphy oder der zukünftige NHL-Star Jack Eichel durchliefen das “Hothouse-Project” von USA Hockey in Ann Arbour und kennen das europäische Eishockey aus unzähligen Turnieren.

Die USA und Schweden (nach einer kleinen Zwischenkrise) haben ihren Nachwuchsoutput im letzten Jahrzehnt am meisten gesteigert.

Diese sechs Nationen sollten auch in Zukunft Viertelfinalplätze fix haben, zwei Spots sind also offen. Dass die Slowakei keinen davon eroberte, überrascht keinen Kenner der Szene, das Eishockey liegt dort schon seit langem darnieder.

Eine Silbermedaille wie 2012 bedeutet mittlerweile einen ebensogroßen Ausreißer wie die der Schweiz ein Jahr später. Cracks wie Zdeno Chara, Lubomir Visnovsky oder Marian Hossa steuern auf die Rente zu, die wenigen Youngsters, die nachkamen (z. B. Tomas Tatar oder Richard Panik) sind zwar talentiert, aber nicht unbedingt Leader. Auch die Torhüterposition ist seit Jahren ein Schwachpunkt der Slowaken.

Das Mittelfeld:

Die Schweiz war letztenendes das beste der schwächeren Teams in unser Gruppe. Bezeichnend, dass auch ein Jahr mit vielen Ausfällen und einem umstrittenen Coach (nach der Auftaktniederlage gegen Österreich stürzten sich die Reporter auf Glen Hanlon wie die Aasgeier auf einen Tierkadaver) zu einem Viertelfinalplatz reicht.

Die gute Nachwuchsarbeit der letzten Jahre trägt vor allem in puncto Tiefenspieler Früchte. Dass die Schweizer einmal gegen den Abstieg spielen müssen, scheint unvorstellbar, ihre Nachwuchsauswahlen gehören seit Jahren zu den Top-10 der Welt.

Weißrussland als achter Viertelfinalist verfügt über weniger Nachschub, der Einzug in die letzten Acht ist schon ein Toperfolg. Aber auch für sie gilt: Für einen Abstieg nach sieben Gruppenspielen müsste schon fast alles schiefgehen.

Dänemark im Playoff-Pech

Lettland ist eigentlich in einer ähnlichen Reichweite angesiedelt, allerdings können Verletzungen und Absagen doch zu einem gewissen Abdriften wie heuer führen.

Norwegen zeigt sich bei den Weltmeisterschaften meist von seiner besten Seite, im Gegensatz zu Dänemark verfügen sie nur über einen NHL-Spieler („Hobbit“ Mats Zuccarello), sind aber ein eingespieltes Team mit gutem Goaltending (Lars Haugen).

Die Dänen lagen vor der WM in der Weltrangliste auf Platz 15, ließen dann auch nur die Slowenen hinter sich. Bei ihnen bereiten die Torhüter (Galbraith/Dahm) immer Bauchweh.

Allerdings können sie nicht immer wie heuer das Pech haben, dass fast alle jetzigen und zukünftigen NHLer (z. B. Frans Nielsen, Peter Regin, Lars Eller, Nikolaj Ehlers) in den Playoffs beschäftigt sind.

Unterschied zwischen Österreich und Deutschland

Unsere Nachbarn aus Deutschland? Sie holten nach unzähligen Absagen noch das Beste aus dem Turnier heraus und ließen mit einem Zwischenspurt Gedanken an einen etwaigen Abstieg hinter sich.

Der Unterschied zu Österreich: Ligagoalgetter wie Patrick Reimer, Michael Wolf (trat allerdings zurück) oder Daniel Pietta sind in den entscheidenden Spielen auch auf internationalem Niveau für Tore gut, dazu kommen solide bis sehr gute Torhüterleistungen.

Zwar musste der DEB heuer miterleben, dass seine U18 und U20-Teams aus der Topgruppe abstiegen, aber das bedeutet immer noch Platz zehn oder elf in den Nachwuchsranglisten.

Falsche Testspielgegner

Länderspiele gegen Nationen wie die Schweiz, Deutschland, Dänemark oder Norwegen würden uns da schon weit mehr weiterhelfen, alles uns überlegene, aber keineswegs übermächtige Gegner.

Eine Teilnahme am Deutschland-Cup etwa wäre ein Coup, genauso wie bei den Länderspielen im Februar, wo die Schweiz, Deutschland und Slowakei ohnehin nur ein Dreierturnier bestreiten. Allerdings: Diese Nationen nehmen unser Eishockey sowieso nicht für voll, als Zweitklassler wird das nicht besser werden.

Die von der IIHF verordnete Euro Hockey Challenge wird uns daher vor der WM wieder in Duelle gegen unsere EBEL-Partnerländer wie Slowenien und Ungarn zwingen.

Wiederaufstieg ist Pflicht

Ein Aufstieg im nächsten Jahr würde ebensowenig überraschen wie der jetzige Abstieg. Weder Japan, Südkorea, Polen noch die Italiener mit ihrer äußerst wackeligen Liga sollten im Wege stehen.

Mit dem für eine B-WM späten Beginn am 23. April sollten auch Abstellungen von Legionären kein Problem darstellen.

Die Resultate des Projekts „Austrian Hockey 2017“ des Austrian Hockey Boards stehen daher erst bei der A-WM im gleichen Jahr in Paris und Köln auf dem Prüfstand…

Frankreich vor ungewisser Zukunft

Alle diese Teams sind in den Junioren-Weltmeisterschaften weit über uns angesiedelt, das darf man bei den (berechtigen aber fruchtlosen) Diskussionen über die Punkteregel und Legionärsschwemme in der EBEL nicht vergessen.

Der einzige Ausreißer hier ist Frankreich, das heuer nur am letzten Drücker den Klassenerhalt schaffte. Nachwuchs kommt kaum nach, der Grundstock des Teams wird immer älter und der überragende Goalie Cristobal Huet steht auch schon vor der Pension.

Für "Les Bleus" galt allerdings ähnliches wie für Deutschland: Im entscheidenden Moment war ein Ausnahmekönner wie Stephane da Costa für sie da, selbst wenn er nach einer Knieverletzung frisch aus der Krankenabteilung kam.

Aufsteiger = Absteiger

Die Fakten sind eindeutig: Die Eishockey-WMs mutierten in letzten Jahrzehnt zu Turnieren mit 14 Fixstartern und zwei “Wild-Card-Teams”, die für ein Jahr zugelassen sind.

Zuletzt konnten sich die beiden Aufsteiger 2006 im Oberhaus halten, danach wenigstens einer bis 2008. 2009 war ein Ausnahmefall, Österreich musste zwar neben Mitaufsteiger Ungarn wieder runter, allerdings nur, weil Deutschland als Veranstalter der nächsten WM ein Fixleiberl hatte.

Bei den letzten sechs Weltmeisterschaften verabschiedeten sich die Aufsteiger umgehend wieder, das waren mit Österreich, Slowenien, Italien und Kasachstan auch immer die gleichen Teams.

Von Zufall oder Pech kann also keine Rede sein, diese Teams belegen in der Weltrangliste nicht umsonst die Plätze 15 – 18, Prag brachte hier auch keinerlei Änderungen. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel.

Der Unterschied zwischen der Topgruppe und der Division 1A erinnert an die jährlichen Versuche der Innsbrucker Haie, mit sicherlich guten INL-Leuten in der EBEL die letzten Plätze zu verlassen. Ein hehrer Versuch, aber stets zum Scheitern verurteilt.

Fragwürdige Einberufungen

Die Differenz  (vor allem im Tempo) zwischen den beiden Weltmeisterschaften stechen selbst Eishockeylaien ins Auge und sind auch bei den Turnieren im November und Februar sowie den WM-Vorbereitungsspielen augenscheinlich.

Gegen Gegner wie Ungarn, Slowenien oder eine slowakische Ligaauswahl können wir sogar mit Ersatz gut mithalten, das wissen wir, bringt uns aber als Vorbereitung auf eine A-WM keinen Zentimeter weiter.

Noch dazu, wenn die Einberufungspolitik fragwürdig ist: Da werden Cracks ohne jegliche Vita wie Philipp Cirtek, Florian Kurath oder Corin Konradsheim zu Nationalspielern, während ein Patrick Platzer nicht einmal die Reise von Villach zum Camp nach Klagenfurt antreten darf.

Zugegeben, auf die WM haben diese Personalentscheidungen wohl keinen großen Einfluss, aber einen professionellen Eindruck hinterlassen sie auch nicht.