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"Die Vielzahl an Strafen war kontraproduktiv"

Es war ein Bild mit Seltenheitswert: Die Graz99ers profitierten von einer Unachtsamkeit des VSV, die Break-Möglichkeit zum Anschluss-Treffer.

Zwei-gegen-Eins-Situation – Zdenek Blatny bediente den zentral postierten Brett Lysak, doch Bernhard Starkbaum fuhr blitzschnell die Fanghand aus. Selten wurde Villachs Torhüter beim 5:0-Schützenfest derart gefordert. In entscheidenden Momenten wie jenen konnte der 25-Jährige jedoch brillieren.

Er strahlte Ruhe aus. Verkörperte Sicherheit. Und er verlieh seinen Vorderleuten den nötigen Rückhalt. Trotz durchwachsenen Saison-Auftakts gab es eine Konstante im „Adlerhorst“ – nämlich Starkbaum.

Nunmehr vier Heimspiele ist der VSV ohne Niederlage. Dabei durfte der Wiener drei Shutouts in Serie bejubeln. Vor eigenem Publikum ließ er seit mittlerweile 204 Minuten keinen Schuss passieren.

Eine Serie, welche am Sonntag gegen Schlusslicht Jesenice ausgebaut werden soll. Das gab zumindest die „Lebensversicherung“ des Tabellen-Neunten im Gespräch mit LAOLA1 als Marschroute aus.

LAOLA1: Gratulation zum Kantersieg – das Keller-Duell steht unmittelbar bevor. Hält der Aufschwung an?

Bernhard Starkbaum: Unser Ziel vor Freitag war eindeutig, zwei Siege einzufahren. Der erste Schritt ist getan. Es wartet noch ein wichtiges und schweres Heimspiel. Wir müssen so kompakt agieren, wie wir es die letzten Begegnungen gemacht haben. In der Defensive stabil stehen und an vorderster Front unsere Chancen nützen.

LAOLA1: Ihr konntet zuletzt die Leistungen stabilisieren. Worin liegt diese Steigerung im Vergleich zu den ersten Wochen begründet?

Starkbaum: Wir wussten von Beginn an, dass wir mit den Top-Vereinen mitspielen können. Man darf nicht vergessen, dass Gerhard Unterluggauer, Mario Altmann, Kyle Wanvig oder Marco Pewal endlich zurückgekommen sind. Das ist ein wichtiger Punkt, sie sind über Wochen ausgefallen. Mit Mike Craig und Shayne Toporowski haben wir zugleich wirklich gute Call-Ups gemacht. Wir sind zuversichtlich, wollen uns Step by Step Richtung oberhalb des Strichs orientieren.

LAOLA1: Was schätzt du an den beiden Neuzugängen?

Starkbaum: Beide arbeiten hart vor dem Tor, sind richtig giftig. Sie unterstützen das Team sowohl in der Offensive, als auch defensiv. Wenn man überlegt, wie viele Schüsse Mike mit 40 Jahren blockt, ist das eigentlich unglaublich. Die Routiniers unterstützen die Jungen, nehmen sich diese im Training zur Brust und zeigen ihnen Kleinigkeiten, welche im Spiel zu verbessern sind.

LAOLA1: Anfang Oktober musste sich der VSV acht Mal in Folge geschlagen geben. Inwiefern seid ihr euch zu diesem Zeitpunkt selbst im Weg gestanden? Wie groß war die Verunsicherung?

Starkbaum: Verunsicherung würde ich nicht sagen. Natürlich ist es ungut, wenn man oft verliert. Wir arbeiteten hart, hatten allerdings das Glück nicht auf unserer Seite. Ausfälle kamen hinzu, in der Zeit verloren wir einige Male knapp. Das ist Vergangenheit, der Fokus liegt auf den weiteren Aufgaben.

LAOLA1: Besonders im Angriff hattet ihr Mühe, in die Gänge zu kommen. Was war aus der Sicht eines Schlussmanns die Ursache?

Starkbaum: Wir müssen vor dem gegnerischen Tor mehr Verkehr aufbauen, Goalie und Verteidigung mehr beschäftigen und probieren, mehr Scheiben zum Netz zu bringen. Das Glück kommt durch harte Arbeit. Gegen Znojmo (5:0), Jesenice (4:0) sowie Graz (5:0) haben wir 14 Treffer geschossen, lediglich bei den Vienna Capitals (1:2) ist es nicht gelaufen. Es gilt, weiter in diese Richtung zu streben.

LAOLA1: Ersichtlich ist der Rückgang an Strafminuten. Häufig schwächte sich der VSV durch unnötige Regelverstöße selbst. Wie griff Trainer Mike Stewart – zu aktiven Zeiten als Raubein bekannt - durch?

Starkbaum visiert "Eins" im Nationalteam an

Starkbaum: Bei Team-Meetings haben wir das Thema aufgegriffen. Die Vielzahl war kontraproduktiv. Wir haben uns an der Nase genommen, in Unterzahl ist es nämlich nur allzu schwer, Tore zu erzielen. Die dummen Strafen konnten wir zurückschrauben. Zwar wollen wir weiterhin unser aggressives und körperbetontes Spiel forcieren, nur mit der nötigen Intelligenz, um der Strafbank fern zu bleiben.

LAOLA1: Du warst eine beständige Stütze im Villacher Spiel. Du bist mit 93 Prozent Save-Percentage drittbester Liga-Torhüter, konntest überdies die zweitmeisten Schüsse (740) entschärfen. Wie fällt das persönliche Zwischen-Resümee aus?

Starkbaum: Es gibt ständig Luft nach oben. An Kleinigkeiten, die während der Saison anfallen, arbeite ich mit Markus Kerschbaumer (Anm: Tormann-Betreuer). Dieses Training ist ein Grund, warum es bei mir so gut läuft. Ich habe Kersche viel zu verdanken.

LAOLA1: Was konntest du im Speziellen aus der bisherigen Zusammenarbeit mitnehmen?

Starkbaum: Als ich 2006 nach Villach kam, hatte ich nicht wirklich einen Technik. Durch ihn und Gert Prohaska habe ich den Butterfly-Stil erlernt. Ich wurde seit der Premieren-Saison vom VSV in die Schweiz zum Sommer-Camp geschickt. Dort durfte ich mit Torhüter-Betreuer Francois Allaire, der bei den Toronto Maple Leafs in der NHL als solcher aktiv ist, und Profi-Goalies aus Europa und den USA trainieren. Das ist auf jeden Fall eine wichtige Komponente, die es mir ermöglichte, den nächsten Schritt vorwärts zu kommen.

LAOLA1: Die langjährige Nummer eins, Prohaska, machte im Sommer Platz für die Jugend. Er war ein verdienter VSVler, seine Nachfolge anzutreten, stellt eine Bürde dar. Trotz deiner erst 25 Lenze stellt dieser Druck allen Anschein nach kein Problem dar…

Starkbaum: Wenn man in andere Top-Ligen wie Finnland, Schweden oder auch Amerika blickt, dort werden die Jungen einfach ins kalte Wasser geworfen. Je mehr Spielpraxis du sammelst, desto früher kannst du das Vertrauen zurückzahlen.

LAOLA1: Auf deinen Schultern lastet große Verantwortung. Berücksichtigt man im täglichen Training ebenso den mentalen Aspekt? Werdet ihr auf mögliche Kritik vorbereitet?

Starkbaum: Wenn man als Tormann agiert, weiß man, womit zu rechnen ist. Druck hin oder her, den meisten erlege ich mir selbst auf. Ich will der Mannschaft den größtmöglichen Rückhalt bieten und die Chance geben, zu gewinnen. Kersche und das Team unterstützen mich, wenn ich einen Fehler mache. Jeder Mensch macht solche, das gehört dazu. Oftmals haben mich Mitspieler vor Patzern bewahrt, indem sie die Scheibe von der Linie kratzten. Jeder kämpft für jeden.

LAOLA1: Mit Marco Wieser steht ein 20-Jähriger als Backup bereit. Du konntest in der Vergangenheit die Routine Prohaskas genießen. Wie hat sich die Rolle verändert? Musst du nun Ratschläge geben?

Starkbaum: Wenn irgendwer auf mich zukommt und mich nach meiner Meinung fragt, gebe ich gern meine Erfahrungen weiter. Doch ich habe nicht so viel Vorsprung gegenüber Marco. Ich bin froh, ihm manchmal helfen zu können. Wenn ich ein Problem habe, frage ich genauso ihn. Es beruht mehr oder weniger auf Gegenseitigkeit. Wir probieren uns zu pushen, wollen voneinander profitieren und lernen.

LAOLA1: Ein kurzer Abstecher zum Nationalteam: Im Rahmen der Euro Hockey Challenge kamen mit Rene Swette, Thomas Höneckl und dir gleich drei Torhüter zum Einsatz. Welche Chancen rechnest du dir aus, dich über kurz oder lang als Nummer eins zu etablieren?

Starkbaum: Ausrechnen kann man sich im Prinzip gar nichts. Ich hatte das Glück, dass ich mein Spiel gewinnen konnte. Wir haben in Ungarn mit Kersche an den Tormann-spezifischen Dingen gearbeitet. Die Harmonie untereinander ist bestens. Mein Ziel ist es, Einser-Goalie im Team zu sein. Es wäre eine große Ehre, das Vaterland zu vertreten. Die Entscheidungen trifft der Trainer, diese ist wie in jeder Sportart zu respektieren.

Das Gespräch führte Christoph Köckeis