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„Der Konkurrenzkampf steigert unsere Leistung“

„Der Konkurrenzkampf steigert unsere Leistung“

Das erste Viertel des Grunddurchgangs der Erste Bank Eishockey Liga ist Geschichte.

An der Spitze tummeln sich mit dem momentanen Spitzenreiter Vienna Capitals, den Black Wings Linz und RB Salzburg jene Mannschaften, die jährlich zu den Topfavoriten auf den Titel zählen. Doch bisher mischt in diesem elitären Kreis auch ein Team mit, dem das heuer nur die wenigsten zugetraut hätten.

>>>Die 11. Runde der EBEL im LAOLA1-LIVE-Ticker ab 19:15 Uhr<<<

Die Graz99ers starteten, für viele Fans und Experten überraschend, so gut wie schon lange nicht mehr in eine neue Saison. 14 Punkte aus zehn Spielen stehen bisher auf der Habenseite, was aktuell Rang 4 in der Tabelle bedeutet.

„Darüber bin ich ehrlich gesagt selbst etwas überrascht“, zeigt sich Stürmer Olivier Latendresse, der seit Spieltag sechs aufgrund einer Verletzung im Bereich der Adduktoren ausfällt, ob dieses Umstandes positiv erstaunt. Im großen LAOLA1-Interview gibt der 99ers-Kapitän außerdem Einblicke wie es ist, in einem knapp 30-Mann großen Kader zu spielen, warum das „Werkl“ unter Neo-Coach Bjorkstrand bisher so gut läuft und ob er sich vorstellen könnte, noch länger in Graz zu bleiben.

LAOLA1: Die wichtigste Frage zuerst: Wie gut schreitet der Heilungsverlauf deiner Verletzung voran?

Latendresse: Eigentlich sehr gut. Ich habe ein spezielles Programm, das ich seit Beginn der Verletzung absolviere und das mir wirklich hilft. Ich kann es kaum mehr erwarten wieder in den Matchbetrieb einzusteigen.

LAOLA1: Wann wird das ungefähr sein?

Latendresse: Ich weiß es nicht genau und möchte gar kein spezielles Datum für die Rückkehr nennen. Allerdings besteht die Chance, dass es bereits dieses Wochenende gegen Innsbruck oder Ljubljana soweit ist.

LAOLA1: Nach einer eher enttäuschenden Vorbereitung seid ihr richtig gut in die Saison gestartet. Bist du selbst etwas überrascht darüber?

Latendresse: Ehrlich gesagt bin ich schon etwas überrascht darüber, dass wir nach bisher zehn Runden zu einem der Topteams der Liga gehören. Allerdings arbeiten wir seit dem ersten Tag der Preseason wirklich hart dafür und wissen, dass wir das auch weiterhin tun müssen, um dort oben bestehen zu können.

LAOLA1: Also würdest du die intensive Gangart von Neo-Trainer Todd Bjorkstrand als Hauptgrund für euren bisherigen Erfolg sehen?

Latendresse: Das ist mit Sicherheit ein wichtiger Faktor. Aber hinzu kommt noch, dass wir eben durch all unsere Tryout-Spieler, die die verschiedensten Parts übernehmen können, einen enormen Konkurrenzkampf innerhalb des Teams haben, der sich positiv auf die Leistung auswirkt.

Bjorkstrand ist bereits der dritte Coach für Latendresse bei den 99ers

LAOLA1: Sprechen wir über euren neuen Trainer Todd Bjorkstrand, der vor allem für seine harte Gangart im Training bekannt ist. Was hältst du von ihm?

Latendresse: Man weiß genau, was man von ihm bekommt. Er geht jeden Tag mit derselben professionellen Einstellung an die Sache ran und verlangt uns Spielern sehr viel ab. Es ist zwar noch recht früh in der Saison, aber bisher funktioniert das wirklich gut.

LAOLA1: Was unterscheidet ihn von deinen früheren Trainern in Graz?

Latendresse: Das kann man schwer vergleichen, da wir jetzt einfach ein anderes Team mit anderen Spielertypen haben. Aber ich mochte meine bisherigen Trainer in Graz (Anm. Mario Richer und Petri Matikainen) genauso, wie ich nun Todd als meinen neuen Coach mag und respektiere.

LAOLA1: Dir gefällt also seine Art zu coachen?

Latendresse: Sagen wir es so: Für mich macht es nicht wirklich einen Unterschied, wer mein Trainer ist. Ich bin Spieler und befolge die Anweisungen, die ich bekomme.

LAOLA1: Du bist nun bereits deine vierte Saison in Graz, für einen ausländischen Spieler bei den 99ers eine absolute Seltenheit. Was überzeugte dich, so lange hierzubleiben?

Latendresse: Mir gefällt es in Graz wirklich gut. In meinem ersten Jahr hier ging ich natürlich noch nicht davon aus, dass ich vier oder vielleicht sogar noch mehr Saisonen bei den 99ers sein würde und ehrlich gesagt habe ich, bis du es jetzt erwähnt hast, noch gar nie wirklich intensiv darüber nachgedacht, dass es doch schon eine so lange Zeit ist. (lacht) Aber ich fühlte mich in diesem Umfeld und Team von Anfang an wohl und als mein Vertrag auslief, hatten wir eine gute Saison und ich wollte mehr davon und hier etwas aufbauen. Darum entschied ich mich dazu, erneut in Graz zu unterschreiben.

LAOLA1: Also könntest du dir vorstellen, nach deinem Vertragsende 2015 noch einmal zu verlängern?

Latendresse: Ja klar. Wenn einem der Platz, an dem man ist, gefällt und man dort seine beste Leistung bringen kann, warum sollte man daran etwas ändern?

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LAOLA1: Du bist seit dem letzten Jahr auch der Kapitän der Mannschaft. Wie würdest du deine Führungsqualitäten beschreiben?

Latendresse: Die Kapitäne, zu denen ich aufsah, als ich jünger war, waren immer jene Spieler, die eher ruhig und sehr fokussiert gearbeitet haben und mit gutem Beispiel vorangegangen sind. Man kann anderen Spielern nicht etwas vorschreiben, das man selber nicht einhält. Und man muss seine Mitspieler auch nicht anschreien, sondern einfach ein vorbildliches Verhalten an den Tag legen und als solch ein „lead-by-example“-Typ sehe ich mich persönlich.

LAOLA1: Also bist du eher ruhig in der Kabine?

Latendresse: Ich spreche eigentlich fast nie in der Kabine, vor allem nicht, wenn es keinen Grund dazu gibt. Dazu haben wir andere Spieler im Team wie zum Beispiel einen Stefan Lassen, der ein sehr guter Leader ist. Aber auch Bastiansen, Philip Pinter, Matt Kelly und Danny Sabourin unterstützen mich enorm und führen die Mannschaft. Dadurch kann ich ich selbst bleiben, einfach meinen Job machen und muss mich nicht verstellen oder verändern. Ich wurde ja von Mario Richer auch nicht zum Kapitän auserkoren, weil ich so ein Entertainer und Anheizer in der Kabine bin, sondern weil ich einfach jeden Tag mein Ding durchgezogen habe. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.

 

Das Gespräch führte Marc Schwarz

LAOLA1: Wie stehst du generell zu eurer heurigen Vereinspolitik?

Latendresse: Ich finde es eigentlich nicht schlecht. Die Regeln der EBEL besagen nun mal, dass man bis Mitte November unbegrenzt Spieler tauschen und verpflichten kann. Also warum sollte man dies dann nicht auch ausnutzen und versuchen, schlussendlich die bestmöglichen Spieler auszuwählen und zu behalten? Und all jene, die im Endeffekt dann in unserem Team bleiben, haben es sich auch verdient.

LAOLA1: Du denkst also nicht, dass der Teamgeist und Zusammenhalt in der Mannschaft aufgrund dieses Konkurrenzkampfes und des enormen Drucks leidet?

Latendresse: Natürlich möchte jeder Spieler bei jedem Match im Aufgebot stehen und sich präsentieren. Aber die meisten von uns trainieren und spielen doch schon wieder knapp zehn Wochen zusammen, also denke ich, dass unser Teamgefüge durchaus passt.

LAOLA1: Habt ihr bei so vielen Aufstellungsänderungen keine Probleme, euch richtig mit euren Linienpartnern einzuspielen und Verständnis füreinander zu entwickeln?

Latendresse: Nein, ich sehe hier kein allzu großen Probleme. Natürlich haben wir durch die Tryout-Spieler und Verletzungen schon einige Umstellungen vorgenommen, aber wie ich bereits gesagt habe, sind dennoch einige Spieler bereits seit dem Trainingsauftakt hier und da gewöhnt man sich mit der Zeit aneinander. In meinem Fall ist es Anders Bastiansen, mit dem ich seit Beginn zusammenspiele und mich am Eis sehr gut verstehe.

LAOLA1: Besteht die Sorge, dass nach der endgültigen Kaderbekanntgabe die Leistung abfallen wird?

Latendresse: Nein, absolut nicht. Jeder Spieler, der momentan im Team ist, hat die Arbeitsmoral, die diese Saison bei uns herrscht, bereits verinnerlicht. Man kommt jeden Tag in der Früh zur Eishalle und weiß nicht, ob man beim nächsten Spiel im Aufgebot steht. Also denke ich, dass es sich alle, die schlussendlich den Cut schaffen, verdient haben und außerdem jene Spieler dann sicher auch beweisen wollen, dass sie zurecht bleiben durften und etwas zu einer guten Saison beitragen.

LAOLA1: Was denkst du generell über die Tryout-Regelung der EBEL?

Latendresse: Ich kann da eigentlich nicht allzu viel dazu sagen und es beschäftigt mich auch nicht wirklich. Aber wie bereits vorhin erwähnt, es gibt eben dieses Reglement und warum sollte man es dann nicht auch voll ausnutzen?

LAOLA1: Wer von den Testspielern wird deiner Meinung nach schlussendlich einen Vertrag erhalten?

Latendresse: Ich habe keine Ahnung. Wir haben momentan so viele gute Spieler hier. Es wird eine wirklich schwierige Entscheidung, die ich zum Glück nicht treffen muss.