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"Kann niemanden rauswerfen, der Vorgaben erfüllt!"

Die Rettung des HK Jesenice ist geglückt – vorerst!

Mehrmals gewährten die EBEL-Granden Aufschub. Letztlich trudelte Montag 18:00 Uhr die erlösende Nachricht ein – der Super-GAU wurde abgewandt.

Ein Image-Schaden, wie ihn Österreichs als auch Sloweniens Eishockey selten zuvor erlebte, konnte in höchster Not vermieden werden. Doch wie lange hält dieser Frieden an? Die finanziellen Turbulenzen des Schlusslichts sind nämlich keinesfalls ausgestanden.

„Wir setzten organisatorisch alle Verbindungen in Bewegung, damit es zu einem guten Ende kommt. Wobei es schon sehr finster aussah“, gesteht Christian Feichtinger, Liga-Geschäftsführer, gegenüber LAOLA1.

Abermals stellt sich die Frage der Sinnhaftigkeit: Wie kann die Zukunft einer fünf Länder umfassenden Spielklasse aussehen? Im Interview gibt Feichtinger die Antwort.

LAOLA1: Die Zwischenrunde wird wie geplant verlaufen – wie erleichtert sind Sie?

Christian Feichtinger: Sehr! Präsidium, Liga und Verband haben entschieden, dass Jesenice auf Basis der fristgerecht übersendeten Bestätigungen ein Verbleib zugestanden wird. Es haben alle Personen, die dafür notwendig waren, auf einem Papier unterschrieben. Sollte etwas nicht eingehalten werden, haben wir weiter die Möglichkeit, den Verein aus dem Bewerb zu nehmen. Doch an das Worst-Case-Szenario denken wir nicht.

LAOLA1: Vier Aufschübe benötigten die Slowenen: Welche Beschlüsse mussten sie liefern?

Feichtinger: Wichtig war uns, dass Spieler sowie Trainer diese Übereinkunft unterschreiben. Meines Wissens sind zwei Gehalts-Zahlungen vereinbart, eine diese und eine nächste Woche. Der Betrieb ist somit gesichert. Für alle Parteien war das ausreichend, um die Qualifikationsrunde zu absolvieren.

LAOLA1: War eine Finanzspritze der EBEL von Nöten?

Feichtinger: Es gab keine aktive Finanzspritze seitens der Liga für HK Jesenice. Das sind Dinge, welche der Klub selbst lösen musste. Wir setzten organisatorisch alle Verbindungen in Bewegung, damit es noch zu einem guten Ende kommt. Wobei es schon sehr finster aussah.

LAOLA1: Weshalb stellte man ausgerechnet am Samstag dieses Ultimatum?

Feichtinger: Die Spieler kamen vergangene Woche mit einem Hilferuf, da einige Gehälter ausstehend waren. Mit der Zwischenrunde beginnt einer neuer Abschnitt der Meisterschaft, daher war es genau der richtige Zeitpunkt. So etwas darf man nicht auf die lange Bank schieben. Wären am Montag nicht alle Bestätigungen eingetroffen, hätten wir den Verein aus dem Programm genommen.

LAOLA1: Inwiefern zwang der Rücktritt von Präsident und Geldgeber Slavko Kanalec zum Handeln?

Feichtinger: Letzten Mittwoch beschlossen wir mit ihm per Handschlag Lösungen für den finanziellen Engpass. Als ich zurück in Österreich war, wollte ich eine Verschriftlichung vornehmen. Am nächsten Tag trat er plötzlich zurück, das steigerte die Verunsicherung.

LAOLA1: Ohne Begründung?

Feichtinger: Die Begründungen waren unterschiedlichster Natur. Eishockey wird in Jesenice ähnlich emotional gesehen, wie in Klagenfurt oder Villach. Viele Köche rühren im selben Pudding. Somit gibt es verschiedenste Interessen und Strömungen.

LAOLA1: Die Missstände in der rund 22.000 Einwohner Stadt waren hinlänglich bekannt. Glauben sie, dass der traditionsreiche Eishockey-Standort künftig zu halten ist?

Feichtinger: Das wird sich in den nächsten Monaten entscheiden. Durch die Problematik Jesenices ist eine Situation entstanden, die Grund zur Hoffnung gibt. Bezüglich Finanzen drehte sich alles um den Hauptsponsor Acroni. Der Präsident des Klubs war zugleich der Stahlwerke-Chef. Die Empörung über das mögliche Aus einer Institution rief jede Menge Personen auf den Plan. Sie sind der älteste Verein Sloweniens. Das wäre fast so, als wenn der KAC in Frage stehen würde. In den letzten Tagen wurden massive Bemühungen unternommen, um diesen Standort zu erhalten.

LAOLA1: Muss sich die EBEL nicht den Vorwurf gefallen lassen, zu spät gehandelt zu haben?

Feichtinger: Jesenice hat auf der formalen und finanziellen Ebene gegenüber der Erste Bank Liga alles eingehalten. Man kann niemanden rauswerfen, der Vorgaben erfüllt. Das Problem mit den Gehältern können wir nicht beeinflussen. Wir haben kein Lizenzierungsverfahren. Wenn man nur genauso viele Klubs hat, wie für den Spielbetrieb notwendig, ist das schwierig. Sobald die Saison vorüber ist, muss Jesenice eine Finanzplanung und Garantien vorlegen. Nur so kann man über eine weitere Teilnahme nachdenken.

Jesenice empfängt am Dienstag die Capitals

LAOLA1: Die Einführung einer Lizenzierung wird also angedacht?

Feichtinger: Man sollte dieses Faktum nicht ad acta legen, ohne das Produkt auch in diesem Bereich entwickelt zu haben. Wir haben das Thema schon einige Male besprochen. Man muss sich jedoch vor Augen halten, dass Dinge in gleich fünf Ländern funktionieren müssen. Das zu bewerkstelligen, wäre mit großem Aufwand verbunden. Realistischer sind entsprechende Garantie-Leistungen. Gleichzeitig sollte man Gedanken daran verschwenden, ein Art Notfall-Fond einzurichten, um akute Probleme besser zu lösen.

LAOLA1: Nicht nur Jesenice kämpft mit dem immensen Budget-Anstieg, auch andere Klubs äußerten ihre Beschwerden. Inwiefern muss hier eine Grenze gezogen werden?

Feichtinger: Fakt ist, eine Liga kann nur Rahmenbedingungen schaffen. Geld ausgeben oder Transfers tätigen, liegt im Bereich des jeweiligen Vereins. In Jesenice ging es nicht um riesengroße Gehälter, in Österreich würden viele für solche Summen gar nicht auflaufen. Wobei es für professionelle Sportler schon eine Bezahlung geben muss, mit der man das Leben bestreiten kann. Überdies haben wir eine große Bandbreite an Klubs. Von Jesenice, Fehervar oder Znojmo bis zu den Großklubs. Die Liga muss einen gesunden Spagat finden.

LAOLA1: Wäre eine Beschränkung der Löhne, sprich Salary Cap, eine Option?

Feichtinger: Immer wieder! Allerdings ist das eine Geschichte, die selbst in den USA nicht ordentlich funktioniert. Unser kanadischer Referee-Beauftragter, Lyle Seitz, meinte: „Take care, it's a monster!“ Es dauerte in der NHL sieben Jahre, benötigte viel Geld und Aufwand, um solch ein System halbwegs zum Laufen zu bringen. Bei uns geht es in Wahrheit, um 100 Spieler, die solche Hochkaräter sind. Wir müssen überlegen, ob wir uns ein derartiges Paket umhängen. Klar ist: Wir arbeiten an vernünftigen Alternativen.

LAOLA1: Auch um beispielsweise Dornbirn in das Oberhaus zu locken...

Feichtinger: Um einen Nationalliga-Verein nach oben zu holen, muss man relativ viele Transferkarten und Import-Plätze zugestehen. Denn die Problematik ist jene, dass es kaum Österreicher außerhalb der sechs Teams gibt, welche auf dem Niveau der Erste Bank Liga bestehen könnten.

LAOLA1: Wie sieht der Status Quo aus?

Feichtinger: Es gab bereits Gespräche und Rückmeldungen. Dieser Sache widme ich mich demnächst wieder, denn die letzten Tage stand Jesenice im Vordergrund. Aus Dornbirn gibt es jedenfalls Signale, die eine Teilnahme in der Bundesliga erreichen wollen. Wir werden bestmöglich zusammenarbeiten, damit wir das auf die Reihe kriegen.

LAOLA1: Dornbirn könnte womöglich Zagreb ersetzen, die mit einem KHL-Abenteuer liebäugeln?

Feichtinger: Wir haben von ihnen eine schriftliche Bestätigung, dass der Klub für die Saison 2012/13 mit der EBEL plant. Die KHL ist nur ein Wunsch, auch für Andere. Darüber zu reden, ist das Eine. Aber Millionen-Beträge aufzustellen, das andere.

LAOLA1: Zu guter Letzt: Wie groß ist der durch die „Causa Jesenice“ entstandene Image-Schaden für das heimische Eishockey?

Feichtinger: Überschaubar! Wenn jemand Schaden davontrug, ist es das slowenische Eishockey. Wir hoffen, dass unsere Lösung eingehalten wird. Auch andere Klubs in anderen Sportarten kamen schon wirtschaftlich an das Ende ihrer Möglichkeiten. Wir haben so gut es ging mitgeholfen, um Jesenice zu konsolidieren. Sie zählen zu Sloweniens Aushängeschildern. Eine der besten Nachwuchs-Schulen der Liga lassen wir nicht vorzeitig fallen. Die Zukunft muss man aber unter dem Aspekt betrachten, dass sich die wirtschaftliche Situation allgemein nicht schlagartig bessern wird.

Das Gespräch führte Christoph Köckeis