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Znojmo-Traumstart mit einem neuen "Leader"

Znojmo-Traumstart mit einem neuen

Eigentlich hätte man den HC Znojmo nach dem ersten EBEL-Wochenende in den unteren Regionen der Tabelle erwartet.

Mit den Black Wings Linz und Red Bull Salzburg stellte die Auslosung den Tschechen zwei echte Kapazunder als Saisonstart-Hürden vor die Nase.

Doch statt „Easy Points“ für zwei der besten vier Teams in der vergangenen Saison zu liefern, setzten die Südmähren zu Beginn ihrer fünften Saison ein dickes Ausrufezeichen.

Offensiv noch durchschlagskräftiger als 2014/15, als man die zweitmeisten Treffer im Grunddurchgang erzielen konnte, und defensiv fast fehlerfrei – so steht man nach den ersten beiden Spielen mit einer Torstatistik von 11:1 an der Spitze der Gesamtrechnung.

Und tritt keineswegs mit der Außenseiter-Rolle zum Gastspiel bei den Vienna Capitals (Freitag, 19:15 Uhr, LIVE auf LAOLA1.tv) an.

Vier Tore zur Vorstellung

Beträchtlichen Anteil am perfekten Auftakt hatte Colton Yellow Horn.

Der Kanadier mit indianischen Wurzeln, die seinen extravaganten Nachnamen erklären, wurde von den Nippon Paper Cranes, einem Team der Asia League, nach Tschechien gelotst. Und schon nach den ersten Auftritten dürfte sich der Transfer für die „Adler“ als Goldgriff erweisen.

Gegen die Black Wings und die Salzburger Bullen brachte es der 28-Jährige auf insgesamt vier Treffer und drei Assists, mit sieben Scorerpunkten wurde er zum auffälligsten Mann des Auftaktwochenendes. Und zum neuen Hauptträger der Offensivpower?

„Ich will Tore beitragen, aber der Start war nur einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Ich freue mich natürlich über den tollen Beginn, den hatten wir so nicht erwartet. Es wird aber darum gehen, das aufrechtzuerhalten“, will der Knipser dem Ersteindruck gegenüber LAOLA1 nicht zu viel Gewicht zukommen lassen.

Der Spielverlauf sei Znojmo schließlich auch entgegengekommen: „Gegen Salzburg haben wir schon in der Anfangsphase oft getroffen, danach aber trotzdem nicht nachgelassen. Das hat eben gefruchtet.“

Dass man vorne treffsicher ist, sei keine neue Errungenschaft. Auch, wenn der Name „Yellow Horn“ erst seit kurzem das rot-schwarze Jersey ziert. Vielmehr die starke Defensivleistung, insbesondere jene des neuen Keepers Patrik Nechvatal, habe den größten Teil beigetragen.

Der gewünschte Leader

„Man braucht ‚Big Saves‘, wenn es notwendig ist. Eishockey hat viele Seiten, und als Team darf man sich nicht auf die Defensive versteifen. Wir verbringen nicht sonderlich viel Zeit im eigenen Drittel, da ist ein sicherer Rückhalt wichtig“, lobt der Kanadier den bisherigen Auftritt des 23-Jährigen Neo-Schlussmanns, der die Nachfolge von Chris Holt antreten durfte.

Als Stürmer sieht Yellow Horn Verteidigungsarbeit naturgemäß nicht als seine Hauptaufgabe. Er formuliert trotzdem das Ziel, zukünftig mehr an beiden Enden des Eises zu arbeiten.

„Der Trainer will mich als ‚Leader‘. Meine offensiven Qualitäten sind meine größte Stärke, darauf soll ich mich konzentrieren. Aber in Europa muss man als Stürmer den Puck nicht nur ins Netz befördern, sondern ihn auch dort raushalten.“

Zurück in der Liga

Wer meint, seinen ungewöhnlichen Namen schon öfter gehört zu haben, der irrt nicht. Yellow Horn ist ein EBEL-Rückkehrer.

Nach einem Gastspiel bei Red Bull Salzburg 2008/09, das mit einem Tor aus elf Partien endete, verbrachte der Kanadier 2013/14 eine ganze Saison bei Fehervar AV19, wo er mit 20 Volltreffern aus 47 Auftritten zu den besten Scorern gehörte.

Ein längerfristiges Engagement blieb ihm verwehrt, was die Magyaren – sollte ihr Ex-Kollege seine Quote aufrechterhalten – noch wurmen könnte.

„Ich weiß nicht, warum es nach einem Jahr zu Ende ging. Wir haben uns nicht auf einen neuen Vertrag einigen können. Das passiert im Hockey. Ich hatte dort Spaß und wäre gerne geblieben, aber es sind zu dieser Zeit auch andere Dinge in meinem Leben passiert, die eine Anpassung erfordert haben“.

Keine Verständigungsprobleme

Statt ungarisch spricht man rund um Yellow Horn also nun tschechisch. Obwohl der 28-Jährige im tschechisch-slowakischen Spielermix Znojmos der einzige Mann aus Übersee ist, scheint die Kommunikation zu funktionieren.

„Die Kollegen in meiner Linie sprechen gutes Englisch, daher war die Anpassung nicht zu schlimm. Auch der neue Eishockey-Stil erforderte keine große Umstellung, ich habe ja schon viele durchprobiert“, geht der Stürmer mit Erfahrung in AHL, WHL, ECHL und Asia League locker damit um.

Die Ziele sind jedenfalls schon hochgesteckt. Znojmo sei in seinen Augen durchaus bereit, ein Wort um den Titel mitzureden: „Dafür bin ich jedenfalls hergekommen.“

Und sein Beitrag dazu? „Ich möchte in jedem Spiel punkten! Aber es ist eine gute Liga, in der der nordamerikanische Stil bei vielen Teams gepflegt wird, das Tempo ist hoch und die Leistungsdichte eng beisammen.“

Änderungen bei den Caps

Derartige Kampfansagen gilt es, mit Taten zu unterstreichen – so jung die Saison noch sein mag. Und die nun anstehende Aufgabe wird sich trotz der Heimniederlage der Capitals gegen Dornbirn keinen Deut leichter gestalten.

Capitals-Coach Jim Boni wird reagieren und kündigt gegen das „derzeit heißeste Team der Liga“ Änderungen an: „Wir müssen vier gefährliche Formationen haben, daher werde ich ein bisschen umstellen.“

Und vermutlich hat er auch einen Spezialbewacher für Colton Yellow Horn auserkoren.

 

Johannes Bauer