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"Habe jetzt Freunde, die ich gar nicht kenne"

Seit Jahren herrscht unter den amerikanischen Tennis-Fans Angst. Angst vor dem Karriere-Ende von Serena Williams.

Schließlich ist die 31-Jährige aus US-Sicht schon seit einiger Zeit Alleinunterhalterin. Eine ernsthafte Nachfolgerin war lange Zeit nicht in Sichtweite.

Seit den Australian Open können die Amerikaner wieder entspannter in die Zukunft blicken.

Mit dem Viertelfinal-Einzug von Sloane Stephens spielte sich ein 19-jähriger Teenager in den Mittelpunkt, dem eine vielleicht nicht gar so erfolgreiche, aber doch vielversprechende Karriere bevorstehen könnte.

Stephens bewies Nervenstärke

Dass sie die dazu nötige Nervenstärke mitbringt, hat Stephens im Achtelfinale bewiesen.

Mit 7:5 im dritten Satz behielt sie gegen die Serbin Bojana Jovanovski knapp das bessere Ende für sich und fixierte damit das erhoffte Generationen-Duell gegen Serena Williams.

„Aus mentaler Sicht war es sehr schwierig“, gestand die 1,70 Meter große Rechtshänderin.

„Ich dachte: ‚Oh mein Gott! Jetzt geht es um ein Grand-Slam-Viertelfinale!‘ Zum Glück habe ich meine Konzentration bewahrt“, erzählt Stephens über ihre mit Erfolg bestandene Reifeprüfung.

Vater starb bei Autounfall

Ihre Abgebrühtheit kommt allerdings nicht von ungefähr. Trotz ihrer erst 19 Jahre hat Stephens schon einige schlimme Erlebnisse erleiden müssen.

Kurz vor ihrem Grand-Slam-Debüt bei den US Open 2009 kam ihr Vater John Stephens, ein ehemaliger Football-Profi im Dienste der New England Patriots, bei einem Autounfall ums Leben.

Trotzdem nahm die ehrgeizige 16-Jährige an der Qualifikation teil, wo sie aber schließlich doch deutlich gezeichnet in der ersten Runde unterlag.

Stephens begann erst mit neun Jahren

Damals spielte Stephens gerade erst einmal sieben Jahre Tennis. Erst im Alter von neun Jahren brachte sie ihr Stiefvater in dem nahegelegenen Country Club erstmals mit dem „weißen Sport“ in Kontakt.

„Ich habe spät begonnen, aber das macht meiner Meinung nach nichts. Wichtig ist nur, was du mit deiner Zeit machst“, sieht Stephens ihren Trainingseifer als größte Stärke an.

So kam es, dass sie schon wenige Monate später ihr erstes Turnier bestritt. „Ich war ziemlich gut. Ich bin körperlich stark und habe auch eine gute Koordination – das hat mir gleich geholfen.“

Schneller Aufstieg

Dank dieser Grundlagen führte sie ihr Weg schnell und konstant nach oben. Das vergangene Jahr beendete Stephens als jüngste Spielerin in den Top 50.

2013 startete sie schließlich richtig durch: In Brisbane erreichte sie das Viertel-, in Hobart gar das Halbfinale. Nun setzte sie ihren Erfolgslauf in Melbourne fort.

Wie schon in Brisbane bekommt es Stephens nun am Mittwoch im Viertelfinale mit Serena Williams zu tun. Damals verlor sie glatt in zwei Sätzen 4:6, 3:6.

„Man lernt aus jedem Match“

„Man lernt aus jedem Match. Es ist aber auch gegen Serena nicht mehr als ein normales Match. Um ganz nach oben zu kommen, muss man viele kleine Schritte gehen“, so Stephens über das bevorstehende Duell mit ihrem großen Vorbild.

Williams agiert schon seit einiger Zeit als wichtige Mentorin für das junge Talent.

„Ich rede mit ihr aber mehr über private Dinge als über das Tennis“, schmunzelt der Youngster über das gute Verhältnis mit der 15-fachen Grand-Slam-Gewinnerin.

Williams lobt und geht auf Distanz

Für die Dauer des Turniers geht Williams, ganz der abgeklärte Profi, aber etwas auf Distanz. „Es ist schwer, ein Mentor für jemanden zu sein, wenn man gegeneinander spielt. Ich bin hier, um mein Bestes zu geben – genau wie sie.“

Lob gibt es für den Youngster aber trotzdem: „Sie hat bislang hervorragend gespielt. Ich bin sehr glücklich über ihre Entwicklung. Das wird kein leichtes Match werden.“

Nummer zwei in den USA

Ab nächster Woche wird Stephens hinter Williams die Nummer zwei in den USA sein und erstmals in die Top 20 vorstoßen. „Das macht mich sehr stolz. Vor mir ist nur mehr eine der besten Spielerinnen aller Zeiten.“

Ob sie selbst es auch einmal in ähnliche Sphären schaffen kann? Derzeit ist Stephens von ihrer steigenden Popularität etwas überrascht.

Tausende neue Followers

"Auf Twitter habe ich plötzlich tausende neue Followers. Ich habe jetzt Freunde, die ich gar nicht kenne“, erzählt Stephens, die für ihren Viertelfinal-Einzug bei den Australian Open schon 500.000 australische Dollar (circa 394.000 Euro) Preisgeld fix in der Tasche hat.

Trotzdem versucht der Teenie am Boden zu bleiben. „Ich werde mir vielleicht etwas Nettes kaufen. Wahrscheinlich ein paar Schuhe.“

Mode ist also auch für Sloane Stephens wichtig. Wenn man eine Serena Williams als Mentorin hat, wäre es auch eigenartig, wenn dem nicht so wäre.

Christian Frühwald