news

Die LAOLA1-Redaktion über Thomas Muster

Die LAOLA1-Redaktion über Thomas Muster

Keine Frage: Thomas Muster ist auch Nicht-Tennis-Fans ein Begriff.

Der ehemalige Weltranglisten-Erste gehört sportartenübergreifend zu den den größen österreichischen Athleten der Geschichte.

Jeder kennt ihn, jeder ist beeindruckt von seinen Leistungen und Erfolgen. In einer Sportredaktion ist der Name Thomas Muster sowieso jedem ein Begriff.

Deshalb haben wir anlässlich des angekündigten Abschieds in der Wr. Stadthalle unseren Redakteuren vier Fragen über Muster gestellt.

Um eines vorweg zu nehmen: Selten waren wir uns in der LAOLA1-Redaktion so einig!

1.) Was beeindruckte dich am „Phänomen Thomas Muster“?

2.) Welches Match blieb dir in Erinnerung?

3.) Sein Comeback im Vorjahr war für dich….

4.) Was soll Muster nach dem endgültigen Ende seiner aktiven Karriere machen?

Stephan Schwabl

1.) 45 Turniersiege (44 davon im Einzel). Grandiose Momente im Davis-Cup. Sein Rekord-Jahr 1995 mit zwölf Turniersiegen, was außer ihm nur Roger Federer gelang. Sechs Wochen als Nummer 1. Aber unvergessen ist für mich das Bild von Thomas Muster in diesem speziell für ihn angefertigten Stuhl, damit er nach seinem Autounfall in Key Biscayne so schnell wie möglich wieder trainieren kann. Dieses Bild sagt für mich über den Sportler Thomas Muster mehr, als all die beeindruckende Zahlen.

2.) Natürlich bin ich beim Finale der French Open als damals 14-jähriger, begeisterter Tennisspieler (natürlich mit Musters Lotto-Garnitur im Kasten und Musters Schläger im Racketbag) vor dem Fernseher gesessen. Unvergessen ist für mich aber das Finale von Monte Carlo 1995 gegen Boris Becker, nachdem der Steirer tags zuvor im Halbfinale gegen den Italiener Andrea Gaudenzi dehydriert war. Gegen Becker lag er mit 0:2-Sätzen zurück, drehte die Partie (auch dank sensationeller Mätzchen, zum Beispiel als er einen Ball an die Grundlinie schlug, sich umdrehte und wegging. „Bobbele“ schlug die Kugel ins Out, Punkt für Muster) und gewann den entscheidenden fünften Satz mit 6:0.

3.)… der verzweifelte Versuch, sich vor dem Windeln wechseln zu drücken.

4.) Den "Ronnie Leitgeb" für seine Tochter, damit das heimische Damen-Tennis vielleicht irgendwann eine Nummer 1 hat. Aber bitte keine Sport-Bekleidung, keinen Wein, kein Mineralwasser.

Christian Frühwald

1.) Sein Siegeswille und sein unglaublicher Einsatz. Da ich selbst ein wenig talentierter Ballkünstler bin, dem noch dazu der Trainingseifer fehlt, kann ich vor den Leistungen des Thomas Muster nur den Hut ziehen. Wie er tagein, tagaus seinen inneren Schweinehund zu überwinden vermag ist einfach nur vorbildhaft. Wobei es zu bezweifeln ist, dass er überhaupt einen hat. Für mich ist dies die einzig realistische Erklärung, wie er derartige Monster-Trainingsprogramme durchziehen kann.

2.) Ich schließe mich dem Kollegen Schwabl an. Das Finale von Monte Carlo 1995 war einfach DAS klassische Muster-Match. Aussichtslos im Rückstand liegend kämpfte er sich zurück und gab der Partie noch eine zunächst unmöglich scheinende Wende. Unvergessen blieb auch die Reaktion von Boris Becker, als er dem Steirer nach dem Match indirekt Doping vorwarf. Die ATP bestand auf einer Entschuldigung des Deutschen, dem in Folge in seiner ganzer restlichen Karriere ein Sandplatz-Titel verwehrt blieb.

3.) ...ein wirtschaftlicher Erfolg für die heimischen Turniere. Durch das Muster-Comeback haben Wien, Kitzbühel und Salzburg die Center Courts gefüllt. Aus sportlicher Sicht war es eher entbehrlich. Wobei ich gestehen muss, dass ich ihm keine zwei Siege zugetraut hätte.

4.) Es wäre schön, wenn sich Muster in der Nachwuchsarbeit engagieren würde. Sei es als Sportdirektor, Trainer oder Mentalbetreuer - unsere Talente können von so einem Vorbild nur profitieren. Wenn er sich in Zukunft ins Familienleben zurückzieht, darf man ihm aber auch nicht böse sein. Soviel wie er bereits für heimischen Sport getan hat - das haben nicht viele geschafft!

Martina Gugglberger

1.) Ein Thomas Muster gibt niemals auf. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, dann zieht er das durch – ganz egal, was andere sagen.

2.) Auch wenn jetzt viele lachen werden und den Kopf schütteln, ist es das Erstrunden-Match gegen Andreas Haider-Maurer in der Stadthalle 2010. Das habe ich vor Ort gesehen und die Stimmung im zweiten Satz war einfach genial.

3.) …überraschend. Am Anfang war ich skeptisch, aber es hat mich schwer beeindruckt, wie fit er wieder geworden ist. Ich denke, er hat das Beste daraus gemacht und sichtlich Spaß gehabt.

4.) Es wäre schön, wenn er dem österreichischen Tennis erhalten bleibt. Der Nachwuchs kann von seiner Erfahrung und Einstellung nur profitieren.

Michael Höller

1.) Die enorme Kampfkraft und der Wille, sich so lange zu quälen, bis man die hoch gesteckten Ziele erreicht. Wer weiß, ob Österreich je wieder einen Grand-Slam-Sieger oder einen 44-fachen Turniersieger herausbringen wird.

 2.) Eine Partie der French Open 1995. Allerdings nicht das Finale gegen Michael Chang, sondern der packende Fünf-Satz-Krimi gegen Albert Costa im Viertelfinale. Es war damals eine der ersten Tennis-Partien, die ich live im TV mitverfolgte. Die beiden Athleten boten Sandplatz-Tennis der Extraklasse, wo Muster (wieder einmal) den etwas längeren Atem hatte.

3.) ...völlig unnötig. Er wusste wohl, dass es für ihn dabei nicht viel zu gewinnen sein wird. Dass er das Comeback dennoch durchzog, stellt eindrucksvoll unter Beweis, dass er von seiner unbändigen Kampfkraft und seinem Siegeswillen auch im Alter nichts eingebüßt hat.

4.) Er soll die Ruhe finden, die sich ein Top-Athlet in einer Welt-Sportart (davon hat Österreich ja nur eine Handvoll) nach einer einzigartigen Karriere verdient hat. Und vielleicht entdeckt er ja irgendwann ein ihm ähnliches Talent, als dessen Mentor er auftreten kann, um es an die Weltspitze heranzuführen.

Bernhard Kastler

1.) Zweifellos jener unbändiger Ehrgeiz und Antrieb, der ihn an die Spitze der Tennis-Welt führte.

2.) Zwangsläufig natürlich jenes gegen Michael Chang im French-Open-Finale, vor allem aber jene gegen Michael Stich (Davis-Cup, 1995) und Boris Becker (Monte-Carlo-Finale, 1995).

3.)  …entbehrlich. Aber jeder, wie er will.

4.) Wenn er weiter hart arbeiten will, dann soll er dem österreichischen Tennis unter die Arme greifen. Wenn er das Leben genießen will, dann soll er das in vollen Zügen tun…

Hubert Schmidt

1.) Thomas Muster steht für Kampfgeist und unbändigen Willen. Seiner Verbissenheit und seiner Emotionalität konnte man sich nicht entziehen. Das Comeback nach dem Unfall in Key Biscayne ähnelt den Heldentaten von Hermann Maier in Nagano. Nummer 1 in einer Weltsportart wie Tennis: Muster ist Österreichs größter Sportler in der Geschichte.

2.) Natürlich das Paris-Finale gegen Michael Chang und der Sieg im Daviscup gegen Michael Stich, den ich vor Ort bejubeln durfte. Aber auch an das erste Spiel als Nummer 1, das Tom in Dubai gegen Sandon Stolle sang- und klanglos verlor, kann ich mich gut erinnern. Trotz der erbärmlichen Leistung war es für einen Fan eine besondere Partie. Überhaupt waren zu dieser Zeit fast alle Muster-Partien im TV zu sehen, wodurch ich auch Zeuge des unglaublichen „Sand-Runs“ werden durfte.

3.) … eine Nachricht, die zunächst wie ein April-Scherz klang. So intensiv wie seine frühere Karriere habe ich das Comeback nicht verfolgt.

4.) Er wird selbst am besten wissen, was für ihn gut ist.

Christoph Nister

1.) Sein Ehrgeiz und sein Kämpferherz. Wie er sich nach seinem schweren Unfall mit unbändigem Willen zurückkämpfte, ringt mir größten Respekt ab. Sein Siegeswille war einzigartig und vorbildhaft, sodass er selbst aus schier ausweglosen Situationen immer wieder zurückfand und am Ende triumphierte. Dazu blieb er trotz seines Ruhms und der verdienten Millionen immer am Boden.

2.) Abgesehen von den ganz großen Matches, die er sich mit Stich, Bruguera, Costa und Co. lieferte – nicht zu vergessen die Demonstration im French-Open-Finale gegen Michael Chang -, fällt mir das Stadthallen-Spiel gegen Andreas Haider-Maurer im Vorjahr ein. Jeder Punktgewinn wurde von den Fans frenetisch bejubelt, jede gelungene Aktion gefeiert. Muster hat nichts von seiner Aura eingebüßt und genießt bei den Fans Heldenstatus. Was fast noch wichtiger ist: Es gibt trotz weit verbreiteter Neidkultur in Österreich kaum jemanden, der ihm seine Erfolge nicht vergönnt. Damit hat er so manch anderem Sport-Idol unseres Landes etwas Wichtiges voraus.

3.) … ein letztes Aufflackern einer einzigartigen Karriere. Ihm muss vorher klar gewesen sein, dass er keine Chance mehr hat, um den Stars auf Augenhöhe zu begegnen. Dennoch trainierte er wie ein Besessener, um fit für die Tour zu sein. Er ist ein vom Sport Getriebener, der Maßstäbe setzte und in Österreich auf Lebzeiten und darüberhinaus in die Riege der größten Sportstars aller Zeiten gehören wird.

4.) Es wäre toll, wenn er dem Sport erhalten bliebe, da er den Kindern und Jugendlichen als Vorbild dient und so möglicherweise weitere hochveranlagte Talente dem Sport näherbringen kann. Ich würde es ihm aber nicht verdenken, wenn er sein Leben genießen und nur noch repräsentative Aufgaben übernehmen würde. Er hätte zumindest prominente Vorgänger…

Alexander Karper

1.) Der Leibnitzer konnte erfolgsmäßig noch so hoch fliegen, er blieb stets bodenständig. Muster war ein absoluter Topathlet von dem sich österreichische Sportler schon damals und auch noch heute eine Scheibe abschneiden können und er war einer jener Typen, die für den Sport lebten und verbissen an sich arbeiteten, um den großen Coup zu landen. Viele Worte brauchte der Steirer dazu nicht, sein Privates ließ er stets außen vor. Nicht einmal, als er 1989 in Key Biscayne angefahren wurde und das Karriereende drohte, gab er auf. Im Gegenteil. Die Bilder, als er mit hochgelagertem, eingegipstem Bein schon wieder den Tennisschläger schwang, werden mir ewig in Erinnerung bleiben. Er kämpfte sich zurück, wurde die Nummer eins der Welt und bescherte uns unvergessliche Tennis-Momente. Ja, Muster war ein Phänomen. Danke, Tom!

2.) Die einzigartige Karriere von Thomas Muster auf ein Spiel zu reduzieren, wäre respektlos. Zu viele Highlights hat uns das Ausnahmetalent beschert. Dass ein Österreicher auf dem Grand-Slam-Thron alles überragt, ist natürlich klar. Dementsprechend gut in Erinnerung ist mir das Endspiel der French Open gegen Michael Chang, als Musters Siegermentalität den größten Erfolg in der österreichischen Tennis-Geschichte möglich machte. Auch der Fünfsatzkrimi im Monaco-Finale gegen Boris Becker war ganz großer Sport. Höher anzusiedeln waren nur mehr die Daviscup-Schlachten. Ich erinnere mich nur zu gerne zurück, als ich als Kind das Halbfinal-Duell 1990 mit der USA (Chang, Agassi) sowie den Fünfsatz-Erfolg gegen Michael Stich 1994 im TV verfolgte.

3.)  Überraschend, aber nicht zu verurteilen. Nach außen hin hat er sich nach seiner eindrucksvollen Karriere möglicherweise keinen Gefallen damit getan, für ihn persönlich war dieser Schritt aber ein großer Wunsch. Also warum nicht? Dass er mit 44 Jahren nicht mehr gegen heutige Tennis-Größen bestehen kann, war klar. Trotzdem fand ich es beeindruckend, was er diesem Comeback unterordnete, wie er an seiner Fitness arbeitete und plötzlich wieder auf dem Court stand. Würde ein Match nicht über zwei oder drei Sätze gehen, wäre sicher mehr drin gewesen.

4.) Aus österreichischer Sicht kann ich nur hoffen, dass Muster seine Erfahrungen und seine bewundernswerte Persönlichkeit in den Tennis-Sport einbringt. Wenn er das nur halb so gut zustande bringt, wie in seiner aktiven Karriere, könnten dem ÖTV nach den vielen Ups und Downs endlich wieder rosige Zeiten bevorstehen.

Christian Eberle

1.) Sportlich gesehen natürlich sein unbändiger Ehrgeiz, seine Bereitschaft, ans Limit (und darüber hinaus) zu gehen und seine Fähigkeit, nach Rückschlägen wieder nach vorne zu blicken. Es gab zu seiner Zeit sicher 50 Spieler mit mehr Talent, aber eben keinen, mit diesem Siegeswillen. Persönlich, dass er zu den oftmals beschriebenen „Stars“ zählt, die trotz des Erfolges auf dem Boden geblieben sind und auch ihre Wurzeln niemals vergessen haben. Angesichts der Schönheit seiner Heimatstadt Leibnitz aber auch nicht verwunderlich.

2.) Zweifellos das Finale der French Open 1995. Lange bevor Public Viewing durch die Fußball-WM 2006 und die darauffolgende EM 2008 zum gelebten Schlagwort wurde, wandelte sich der Leibnitzer Hauptplatz zur Fanzone. So war es mir als Zehnjährigem möglich, den größten Tennis-Erfolg der österreichischen Geschichte live im Beisein von Familie, Freunden und Hunderten bekennenden „Musterianern“ zu erleben.

3.) …seine Entscheidung. Nachdem das Leben als Weinbauer in der südsteirischen „Toskana“ scheinbar zu wenig Aufregung bot, gilt es, diese zu akzeptieren

4.) Natürlich wäre es von Vorteil für den österreichischen Tennis-Sport, vom Wissen und der Erfahrung des bedeutendsten „Filzkugel-Jäger“ der Nation zu profitieren. Ich persönlich könnte ihn mir aber auch als zukünftigen Leibnitzer Bürgermeister vorstellen. Meine Stimme hat er!