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"Habe mein 'mentales Tief" endlich überwunden"

Im ersten Moment überwog die Enttäuschung.

„Wenn mir jemand vor einer Woche einen Viertelfinal-Einzug in Miami angeboten hätte, hätte ich ihn sofort genommen. Jetzt bin ich aber schon ein bisschen enttäuscht“, trauerte Dominic Thiem der verpassten Sensation gegen Andy Murray nach.

„Die Niederlage tut wohl vor allem deshalb weh, weil ich den ersten Satz gewonnen habe“, meinte der 21-jährige Niederösterreicher nach seiner knappen 6:3, 4:6, 1:6-Niederlage.

Murray: „Habe ein schweres Spiel erwartet“

„Ich habe ein schweres Spiel erwartet und so war es dann auch“, sagte der nach dem Sieg erleichterte Schotte, der schon im davor einzigen Duell gegen Thiem im vergangenen Jahr in der Halle von Rotterdam über drei Sätze gehen musste.

„Er hat in Miami in den letzten Tagen einige gute Spieler geschlagen. Wenn man ihm die Punkte diktieren lässt, schlägt er einem die Bälle mit einer gewaltigen Power um die Ohren“, zeigte Murray vor den harten Grundlinienschlägen des Österreichers Respekt.

Vor allem im ersten Satz war Thiem meist der aktivere Spieler. Murray, der wohl beste Konter-Spieler auf der ATP-Tour, agierte zu defensiv und auch zu fehleranfällig.

Murray bekommt Partie mit Fortdauer in den Griff

Thiem nützte seinen einzigen Breakball im ersten Satz zur schnellen 3:1-Führung und servierte danach relativ sicher aus.

Danach konnte sich Murray aber immer besser auf seinen Kontrahenten einstellen und der zweifache Grand-Slam-Gewinner und Olympia-Sieger von 2012 bekam die Partie dadurch auch immer besser in den Griff.

Murray verbessert seinen Rückschlag

Thiem gab auf seiner Facebook-Seite zu: „Im ersten Satz konnte ich das entscheidende Break machen, aber dann hat Andy sein Weltklasse-Tennis ausgepackt und ich habe begonnen, zu oft zu viele unnötige Fehler zu machen.“

Murray sah den Unterschied vor allem in seinem verbesserten Spiel  als Rückschläger. „Im dritten Satz habe ich viel besser retourniert und vor allem seinen ersten Aufschlag immer mit einer guten Länge zurückgebracht und ihn dadurch in die Defensive gedrängt. Wenn mir bei seinem ersten Aufschlag ein guter Return gelungen ist, habe ich die Punkte diktiert.“

Bald-Ehefrau Kim Sears unterstützte Murray auf der Tribüne

Die Statistik unterstreicht die Aussagen des 27-jährigen Schotten. Während er im ersten Satz beim ersten Aufschlag von Thiem nur 14 Prozent der gespielten Punkte holte, waren es im entscheidenden Durchgang satte 64 Prozent.

Thiem: „Ein bittteres Ende“

„Das war ein bitteres Ende“, trauerte er vor allem seinen Möglichkeiten im zweiten Satz nach. „Ich hatte Chancen, konnte sie aber leider nicht nützen.“

Während also Murray nun nach seinem insgesamt 501. Sieg im Halbfinale gegen Tomas Berdych um einen Platz im Endspiel kämpft, tritt Thiem die Heimreise an.

„Dennoch blicke ich mit vielen guten Erinnerungen an dieses Turnier zurück“, so Thiem, der sich mit 112.270 US-Dollar Preisgeld und dem Sprung vom 52. auf den 43. Weltranglistenplatz trösten kann.

Vorfreude auf Sandplatz-Saison

 „Mein „mentales Tief“ des verpatzen Saisonstarts habe ich nun endlich überwunden und schaue guten Gewissens auf die kommenden Turniere“, freut er sich auf die nun beginnende Sandplatz-Saison und damit auf die Rückkehr zu seinem Lieblings-Belag.

Absage für Casablanca

Bresnik empfahl Thiem, die Nennung für das Turnier in Casablanca (ab Ostermontag) zurückzuziehen.

Stattdessen soll der frühere Weltranglisten-36. mit dem Sandplatztraining beginnen und sich ab Mittwoch oder Donnerstag in Monte Carlo auf das nächste Masters-1000-Turnier vorbereiten.

Im Fürstentum an der Cote d'Azur hatte Thiem im Vorjahr dank einer Wild Card gespielt und in der ersten Runde gegen den Franzosen Nicolas Mahut (ATP-39.) verloren.

Trennung von Gulbis kein Problem

Die Sandplatz-Saison wird er wie gewohnt mit Coach Günter Bresnik bestreiten. Sein „Stallkollege“ der letzten Jahre, Ernests Gulbis, wird hingegen weiterhin fehlen. Der Lette, aktuell die Nummer 17 der Welt, verkündete erst vor zwei Wochen in Indian Wells die Trennung von seinem bisherigen Trainer.

Diese erfolgte laut Bresnik bereits kurz nach Australien. „Dort gab es beinahe täglich Meinungsverschiedenheiten. Deshalb habe ich ihm gesagt, dass es besser ist, wenn er sich jemanden anderen sucht. Ich bin ein sturer Schädel. Von ein paar Dingen steige ich einfach nicht runter. Wir haben uns trotz dieser Meinungsverschiedenheiten im Guten getrennt.“

Thiem ein "beliebter Trainingspartner"

Einen Nachteil für Thiem, dem dadurch sein hochklassiger Trainingspartner abhandenkam, sieht Bresnik dadurch aber nicht: „Auf der Tour will ich sowieso nicht, dass die den ganzen Tag miteinander spielen.“

Zudem sei der Youngster ein „beliebter Trainingspartner“. Spieler wie Berdych, Murray oder Dimitrov liefern sich regelmäßig gerne Sparring-Sessions mit dem jungen Lichtenwörther, der sich mit seinen schnellen Grundlinienschlägen bereits einen gewisssen Ruf auf der Tour erarbeitet hat.

„Zu Beginn von Dominics Karriere, als er noch um die 300 stand, war es wichtig, dass er mit einem Spieler wie Gulbis trainieren konnte. Jetzt ist er eh bei ATP-Turnieren dabei. Dort laufen zehn Spieler von einem Kaliber wie Gulbis herum.“

Christian Frühwald