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Bresnik-Analyse: Die Superstars der Zukunft

Bresnik-Analyse: Die Superstars der Zukunft

Mit dem Halbfinal-Einzug des erst 17 Jahre alten Alexander Zverev beim ATP-500-Turnier in Hamburg setzte sich vor einer Woche ein Trend fort, der auf der ATP-Tour schon seit einigen Monaten erkennbar ist.

Immer mehr junge Spieler, teilweise sogar noch im Teenager-Alter, drängen in die Weltspitze. Nachdem in den vergangenen Jahren sehr oft das fehlende frische Blut im Herren-Tennis beklagt worden ist, müssen die altbekannten Stars schön langsam um ihren Platz an der Sonne bangen.

Namen wie Zverev, Nick Kyrgios, Jiri Vesely oder Jack Sock tauchen immer öfter ganz vorne in den Turnier-Rastern auf.

„Zähle Dominic zu dieser Gruppe dazu“

„Das sind alles ehemalige Junioren-Nummer-1-Spieler, die den Übergang zum Herren-Tennis sehr schnell geschafft haben“, erklärt Coach Günter Bresnik, der in seiner langjährigen Karriere bereits unter anderem mit Boris Becker, Horst Skoff oder Stefan Koubek zusammenarbeitete. „In den Jahrgängen 1992-1994 gibt es sehr viele gute Spieler.“

Aus österreichischer Sicht besonders erfreulich ist die Tatsache, dass sich mit Dominic Thiem auch ein heimischer Akteur in dieser Gruppe der potenziellen Superstars der Zukunft befindet.

Bresnik, der den 20-jährigen Niederösterreicher schon seit vielen Jahren betreut, ist davon jedenfalls überzeugt: „Ich zähle Dominic schon lange zu dieser Gruppe dazu. Er ist für mich technisch einer der Besten, wenn nicht sogar der Beste. Körperlich hat er ebenfalls das Potenzial für ganz oben.“

Bresnik-Analyse bei LAOLA1

Ausschlaggebend für eine große Karriere sei es laut Bresnik vor allem, eine richtige Waffe in seinem Spiel zu haben. „Es gibt Leute, die gut spielen und gewinnen, weil sie solide sind. Man kann auch ohne Waffe ein richtig guter Spieler werden. Ein Grand-Slam-Sieger wird man normalerweise aber nur, wenn man eine richtig gefährliche Waffe hat.“

Dabei sei es ganz egal, ob diese die Vorhand, die Rückhand oder der Aufschlag ist. „Diese außergewöhnlichen Schläge werden meiner Meinung nach aber immer wichtiger werden. Zudem muss die Psyche mitspielen – und sie müssen leidenschaftlich gerne Tennis spielen.“

Für LAOLA1 hat Bresnik jene sechs Akteure unter die Lupe genommen, denen er es am ehesten zutraut, in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft mit seinem Schützling Dominic Thiem um große Titel und Top-Platzierungen im ATP-Ranking zu kämpfen: „Diese Spieler haben alle das Zeug dazu!“

Alexander Zverev hat eine feine Klinge und ist technisch sehr gut ausgebildet. Er kann von den Grundschlägen über den Aufschlag bis zum Slice alles, ist einfach ein kompletter Spieler. Ich habe Zverev schon im vergangenen Jahr in Hamburg gesehen. Schon da hat er eine gute Figur abgegeben. Er ist mit seinen 17 Jahren körperlich schon sehr weit. Er ist groß und trotzdem muskulös. Zverev kommt aus einer Tennis-Familie, die seinesgleichen sucht. Der Vater war Davis-Cup-Spieler und auch der Bruder ist schon lange auf der Tour. Der hat das mit der Muttermilch aufgesogen und ist einer der wenigen Spieler, die technisch wirklich gut ausbildet wurden. Er spielt sowohl eine gute Vor- als auch eine gute Rückhand. Und mit 1,93 Meter ist er natürlich ein sehr guter Aufschläger. Zudem ist er psychisch sehr stabil. Er spielt sogar sehr gerne auf der großen Bühne. Die Art und Weise wie er in Hamburg, Haase, Youzhny und Giraldo rausgenommen hat, das war schon sehr beeindruckend. Man kennt ihn allerdings schon länger und man erwartet von ihm auch einiges. In vier, fünf Jahren kann er schon ganz vorne stehen und sein sehr unangenehmer Zeitgenosse sein.

Größte Erfolge: Halbfinal-Einzug beim ATP-500-Turnier in Hamburg 2014, Challenger-Titel in Braunschweig 2014, Australian-Open-Sieger bei den Junioren 2014

Alter Geburtsort Größe Gewicht Profi seit ATP-Ranking
17 Hamburg (GER) 1,93 m 86 kg 2014 158

Kyrgios macht es mit Brachialgewalt, er ist für mich technisch aber nicht so gut ausgebildet. Da gibt es an der Basis ein paar Löcher. Dafür hat er einen unmenschlichen Aufschlag und ist ein richtiger Wettkampf-Spieler. Er liebt die Auseinandersetzung. Angst ist für ihn ein Fremdwort. Außerdem kommt er aus dem sehr starken australischen Verband, der ihm eine unglaubliche Unterstützung zukommen lässt. Schon seit frühester Jugend kann er dadurch bei großen Turnieren mitspielen. Zverev durfte das auch, er hatte es aber seinem familiären Background zu verdanken. Seine Vorhand und sein Aufschlag sind sehr gefährlich. Seine Rückhand ist ok. Er hat allerdings kürzlich seinen Trainer gewechselt. Der Verband weiß noch nicht, wer ihn in Zukunft betreuen wird.

Größte Erfolge: Viertelfinal-Einzug in Wimbledon 2014 (Achtelfinalsieg über Rafael Nadal), Australian-Open-Sieger bei den Junioren 2013, vier Challenger-Titel

Alter Geburtsort Größe Gewicht Profi seit ATP-Ranking
19 Canberra (AUS) 1,93 m 78 kg 2013 68

Auch Jiri Vesely ist ein ehemaliger Nummer-1-Spieler. Technisch ist er gut, aber optisch ist es nicht so ansprechend. Er ist auch sehr verletzungsanfällig und hat für sein Alter schon viele Probleme gehabt. Er hat zudem sehr unterschiedlich ausgebildete Seiten. Die Waden-Muskulatur auf einem Bein ist beispielsweise ganz anders als auf dem anderen. Dafür verfügt er über ein unglaubliches Spielverständnis, eine beeindruckende Rückhand und einen extrem guten Aufschlag. Zudem ist er Linkshänder. Körperlich hat er aufgrund seiner Größe von 1,98 Metern mit der Koordination und seiner Schnelligkeit ein paar Probleme. Vesely spielt dieses klassische, flache, tschechische Spiel – alles ist sehr gerade. Er ist sicherlich ein Kandidat für die ersten 10.

Größte Erfolge: Australian-Open-Sieger bei den Junioren 2011, 4 Challenger-Titel, Drittrunden-Einzug in Wimbledon 2014

Alter Geburtsort Größe Gewicht Profi seit ATP-Ranking
21 Pribran (CZE) 1,98 cm 90 kg 2009 76

Bernard Tomic ist trotz seiner vielen Rückschläge in der Vergangenheit immer noch ein Mann für die Zukunft. Nicht umsonst hat er in Bogota ein Turnier aus dem Nichts heraus gewonnen. Er hat den Fehler gemacht, dass er ab dem Zeitpunkt, an dem er gut geworden ist, nicht mehr seriös weiter gearbeitet hat. Der Vater hat da viel mitgemischt, obwohl er kein großer Tennis-Guru ist. Andererseits muss man ihm zu Gute halten, dass sein Sohn wohl auch nicht dort wäre, wo er jetzt ist, wenn er ihn nicht von Kindesbeinen an so fanatisch unterstützt hätte. Die Verbände kommen ja immer erst dann ins Spiel, wenn einer richtig gut ist. Wenn sich die Lage beruhigt und Tomic in den nächsten ein, zwei Jahren seriös arbeitet, wird er sicher bald in den Top 20 auftauchen. Auch Tomic ist für mich keiner, der aufgrund seiner Technik so weit vorne steht. Der Aufschlag ist nicht so überragend, er verfügt aber über ein ausgezeichnetes Spielverständnis. 

Größte Erfolge: 2 ATP-Titel (Sydney 2013, Bogota 2014), Platz 27 im ATP-Ranking (11.6.2012), gewann als 16-Jähriger ein Match bei den Australian Open 2009 (Rekord), Australian-Open-Sieger 2008 bei den Junioren, dreifacher Sieger der Orange Bowl, 

Alter Geburtsort Größe Gewicht Profi seit ATP-Ranking
21 Stuttgart (GER) 1,96 cm 91 kg 2008 73

Jack Sock ist in der Entwicklung nicht so schnell wie andere, obwohl er aufgrund seiner Athletik super Möglichkeiten hat. Er hat einen tollen Aufschlag, eine sehr, sehr gute Vorhand und eine durchschnittliche Rückhand. Er ist ein Ausnahme-Athlet. So etwas kann man jemandem kaum antrainieren – diese Grundschnelligkeit, diese Sprungkraft. Er hat auch keine Angst vor großen Namen, verliert aber oft gegen irgendwelche Nobodys. Er hatte seine größten Erfolge bislang im Doppel, hat schon einen Mixed- (US Open 2011) und Doppel-Grand-Slam-Titel (Wimbledon 2014) gewonnen. Im Einzel fehlt es ihm oft an der Konstanz. Er kann es meist nicht über ein, zwei Wochen durchspielen – das brauche ich aber, um bei einem Turnier Erfolg zu haben. Außerdem hat er das typisch amerikanische Problem, dass er oft nur im eigenen Land gut spielen kann. Er ist aber sicherlich jetzt schon ein Spieler, der, an einem guten Tag, wirklich jeden Spieler schlagen kann.

Größte Erfolge: US-Open-Sieger im Mixed 2011, Wimbledon-Sieger im Doppel 2014, Drittrunden-Einzüge bei den US Open (2012, 2013) und French Open (2014), US-Open-Sieger bei den Junioren 2010 (erster Amerikaner seit Andy Roddick 2000)

Alter Geburtsort Größe Gewicht Profi seit ATP-Ranking
21 Lincoln (USA) 1,85 cm 82 kg 2011 57

Kokkinakis taugt mir richtig. Körperlich ist er aber noch sehr schwach und es ist nicht abzuschätzen, wie er sich entwickeln wird. Er ist fast filigran. Kokkinakis ist zwar 1,96 Meter groß, hat aber nicht so einen herausragenden Aufschlag wie Kyrgios. Er ist dafür ein technisch sehr gut ausgebildeter Spieler und hat auch ein sehr gutes Spielverständnis. Für mich ist er beinahe eine Mischung aus Kyrgios und Tomic. Zudem ist er sehr sympathisch und ein umgänglicher Bursche. Von der Persönlichkeit her hat er dieses Star-Potenzial. Obwohl Kokkinakis noch sehr jung ist, spielt er schon auf der Tour mit. Dominic war mit 18 noch nicht annähernd so weit. Er kommt aus Adelaide, einer Tennis-verrückten Stadt. So etwas beschleunigt natürlich die Entwicklung von diesen Leuten. Die sind dadurch den Umgang mit Spitzentennis von klein auf gewohnt.

Größte Erfolge: Erstrunden-Sieg bei den Australian Open 2014, 2 Challenger-Titel, zweifacher Grand-Slam-Finalist bei den Junioren (Australian Open und US Open 2013)

 

Christian Frühwald

Alter Geburtsort Größe Gewicht Profi seit ATP-Ranking
18 Adelaide (AUS) 1,96 cm 80 kg 2014 213