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Zoidl vor Vuelta: "Habe sehr viele Freiheiten"

Zoidl vor Vuelta:

Riccardo Zoidl bestreitet ab Samstag als einziger Österreicher die 70. Auflage der Vuelta a Espana.

Der Oberösterreicher, zuletzt 14. der Polen-Rundfahrt, geht dank einer längeren Rennpause ausgeruht und in guter Form in die letzte Grand Tour des Jahres.

Für den 27-Jährigen ist es nach dem Giro d'Italia im Vorjahr die zweite dreiwöchige Landesrundfahrt seiner Karriere.

Der Sieger der Österreich-Rundfahrt 2013, der sich in seiner zweiten Profi-Saison befindet, nahm sich vor der Abreise nach Spanien, wo an 21 Tagen 3357,1 extrem bergige Kilometer auf den Trek-Profi warten, noch Zeit für ein Interview.

LAOLA1: Wie fühlst du dich so kurz vor dem Start der Vuelta?

Riccardo Zoidl: Sehr gut. Speziell die Polen-Rundfahrt lief für mich relativ gut, davor habe ich beinahe den gesamten Juli in der Höhe trainiert. Ich bin sehr motiviert und freue mich darauf, dass es bald losgeht.

LAOLA1: Bist du nervös?

Zoidl: Nein, vor den Rennen bin ich nicht nervös. Bei der Präsentation kommt eine gewisse Anspannung, aber die braucht man auch.

LAOLA1: Zuletzt hast du die Polen-Rundfahrt auf Rang 14 abgeschlossen. Wie zufrieden bist du mit deiner Form und deinem letzten Test vor der Spanien-Rundfahrt?

Zoidl: Leider habe ich an einem Tag an der letzten Bergwertung die Gruppe um 50 Meter nicht halten können. Wäre ich in dieser Gruppe gewesen, hätte ich die Rundfahrt unter den besten fünf in der Gesamtwertung abgeschlossen. Dazu kam der neunte Platz im Zeitfahren, der sehr solide war. Dafür, dass ich zuvor nicht wirklich hart trainiert habe, sondern eher auf Ausdauer gefahren bin, war die Polen-Rundfahrt überraschend gut.

LAOLA1: Gehst du bei der Vuelta als Kapitän deines Teams Trek an den Start?

Zoidl: Sagen wir es so: Ich habe sehr viele Freiheiten. Mit Fränk Schleck und Fabian Cancellara haben wir zwei Road Captains dabei. Ich werde nach der ersten Woche schauen, wie es im Gesamtklassement ausschaut und ansonsten versuchen, bei einer Bergetappe mit einer Fluchtgruppe anzukommen und um den Etappensieg zu kämpfen. Das traue ich mir auf alle Fälle zu und das ist auch ein realistisches Ziel.

LAOLA1: Also liegt deine Ausrichtung eher auf einem Etappensieg als auf dem Gesamtklassement?

Zoidl: Das werden wir nach den ersten sieben, acht Tagen sehen. Am Anfang gibt es nur einige kurze Bergankünfte, die langen kommen erst in der Woche darauf.

LAOLA1: Mit Fabian Cancellara und Fränk Schleck hast du zwei sehr erfahrene und bekannte Fahrer an deiner Seite, was kannst du von ihnen lernen?

Zoidl: Von Fabian sicher, wie man sich auf ein Ereignis vorbereitet, er kann das perfekt. Ich bin schon gespannt, wie er die Vuelta in Hinsicht auf die WM angehen wird. Mit Fränk verstehe ich mich sehr gut, wir sprechen beide Deutsch, das macht es einfacher. Wir waren schon öfter Zimmerkollegen und da tauscht man Renngeschichten aus, das ist sehr interessant.

LAOLA1: Wir schätzt du seine Form ein?

Zoidl: Ich glaube, Fränk ist sehr gut drauf. Ich habe gestern mit dem Teamarzt gesprochen: Er ist wirklich sehr dünn und super in Form. Zuletzt in Utah war Fränk auch sehr gut (Gesamt-Vierter, Anmerk.), er hat sicher die Ausdauer, um drei Wochen vorne mitfahren zu können. Ich werde ihm dabei zur Seite stehen.

LAOLA1: Gibt es eine Teamorder?

Zoidl: Es wird natürlich für Fränk gefahren, aber ich werde die erste Woche schauen, dass ich keine Zeit verliere. Man weiß ja nie, was passiert, ein Sturz oder eine Krankheit kann jeden treffen. Aber das wollen wir natürlich nicht hoffen. Bis zum ersten Ruhetag versuchen wir erstmal, uns alles offen zu halten, danach kann man immer noch entscheiden. Grundsätzlich ist Fränk auf jeden Fall der Kapitän für das Gesamtklassement.

LAOLA1: Was sagst du zum Kurs? Sehr viele Bergankünfte, dazu das lange Zeitfahren über 39 Kilometer...

Zoidl: Es wird sehr interessant. Die erste Woche schaut nicht so schwer aus, aber vor kurzen Bergankünften geht es immer extrem hektisch und schnell zu, das macht es härter. Grundsätzlich ist der Kurs schon sehr berglastig und es gibt sehr viele Bergankünfte. Das Zeitfahren kommt mir sehr entgegen, darauf freue ich mich. Die 11. Etappe in Andorra ist wirklich sehr heftig… 138 km mit sechs Bergen, das ist wohl der härteste Abschnitt.

LAOLA1: Bist du einige Etappen zuvor abgefahren?

Zoidl: Nein, gar nicht. Ich hab die Etappen bislang nur leicht überflogen und geschaut, wann was ist. Unser Trainer und sportlicher Leiter hat von jeder wichtigen Bergankunft Videos gemacht und die werden wir uns vorher anschauen. Es ist sehr schwierig, vorher alles abzufahren. Ich vertraue da auf die Videos, das ist ausreichend.

LAOLA1: Nach dem Giro 2014 (40.) ist dies nun dein zweiter Grand-Tour-Start. Was erwartest du von der Vuelta? Was macht sie besonders?

Zoidl: Ich hoffe, dass sie besser wird als der Giro, denn der war für mich nicht so… Eine dreiwöchige Rundfahrt kann einfach nicht mehr schlimmer werden. Ich hatte ja alles, Krankheiten, Muskelentzündung, dazu kam das schlechte Wetter usw. Ich habe gehört, dass die Vuelta ein super Rennen ist und auch ein bisschen relaxter, dazu gibt es meistens schönes Wetter. Ich habe bisher nur Positives gehört. Aber man darf nicht unterschätzen, dass die ganz Großen, darunter die Top 4 der Tour de France, auch am Start sind. Dadurch wird das Rennen umso härter.

LAOLA1: Genau, mit Nibali, Quintana, Valverde, Froome und van Garderen stehen sehr viele große Namen am Start. Ist es (d)ein Vorteil, die Tour nicht in den Beinen zu haben?

Zoidl: Das werden wir sehen. Aber ich bin auch Realist: Ich bin keiner, der um einen Top-5-Platz mitfährt. Wir werden sehen, wer unter den Top 5 ist – Fahrer, die die Tour gefahren sind oder Fahrer, die sie nicht gefahren sind. Das wird interessant.

LAOLA1: Wer ist für dich der Favorit?

Zoidl: Das ist sehr schwer. Ich glaube, Tejay Van Garderen wird sehr gut sein. Bei der Tour musste er aussteigen, aber er war in Top-Form und hatte nun eine längere Pause als die anderen. Dazu denke ich, dass Nairo Quintana Revanche für die Tour nehmen könnte. Aber es ist wirklich sehr, sehr offen.

LAOLA1: Astana steht neben Nibali auch mit Aru und Landa am Start, kannst du dir Allianzen anderer Teams gegen sie vorstellen?

Zoidl: Das könnte schon sein. In der ProTour ist nicht jedes Team mit jedem Team befreundet, da gibt es immer Konkurrenzkämpfe. Sobald sich die Möglichkeit ergibt, wird immer gegen ein Team gefahren, ob das nun Astana oder Movistar ist. Ich glaube, es wird ein sehr interessanter Schlagabtausch. Speziell mit Movistar, die haben Quintana und Valverde, Astana und vielleicht auch Sky, mit Chris Froome und Nicolas Roche. Es gibt viele, die mehrere Eisen im Feuer haben…

LAOLA1: Glaubst du, dass heutzutage ein Double aus Tour und Vuelta, wie Froome es anstrebt, noch möglich ist?

Zoidl: Ich denke schon. Alejandro Valverde ist schon oft bei Tour und Vuelta gut gewesen und stand am Podium, da fehlt dann nicht viel… Es kommt darauf an, wie ernst Chris Froome die Vuelta nimmt und wie spezifisch er sich vorbereitet hat. Als Tour-Sieger hat man viele Verpflichtungen, da kommt man nicht ideal zum Trainieren und Regenerieren.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Henriette Werner