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Preidler: "Wahnsinn, wie groß die Unterschiede sind"

Preidler:

„Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen“, heißt es so schön in einem Sprichwort.

„Mühsam erholt sich der heimische Radsport“, könnte es in umgemünzter Form lauten.

Nach den Dopingskandalen um den vermeintlichen Tour-Helden Bernhard Kohl und Klassikerjäger Christian Pfannberger sowie den Verdächtigungen gegen den einstigen Sportler des Jahres Georg Totschnig dauerte es lange, ehe ein Aufwärtstrend erkennbar war.

Zurück im Rampenlicht

Dieser ist inzwischen nicht mehr zu übersehen. Ob auf Top-Ebene (WorldTour) oder knapp darunter: Österreichs Pedalritter rücken wieder in den Fokus – und zwar aufgrund starker sportlicher Vorstellungen.

Gleich fünf ÖRV-Profis hielten beim Giro d’Italia die rot-weiß-roten Fahnen hoch –Rekord! Zuletzt drängten Matthias Krizek (Etappensieg beim Giro Ciclistico d’Italia), Werner Riebenbauer (Etappensieg bei der Tour de Slovaquie) oder auch Georg Preidler (Dritter beim GP Gippingen) ins Rampenlicht.

Preidlers US-Abenteuer

Letzterer rollt seit Saisonbeginn für das Team Type 1 über die Landstraßen dieser Welt. Die Equipe ist in den Vereinigten Staaten beheimatet, der Name steht für die Diabetes-Krankheit.

Aktuell ist der Steirer bei der Tour de Suisse im Einsatz und will dort mit weiteren guten Leistungen glänzen.

„Mit dem Team wollen wir einen Fahrer in die Top-10 bringen, zudem versuchen wir, auf Etappen zu fahren. Wenn es sich ergibt, versuche ich natürlich, in eine Gruppe zu kommen.“

Eine völlig neue Welt

Für den 21-Jährigen ist das Abenteuer im Ausland eine völlig neue Erfahrung, war er doch bisher nur in rot-weiß-roten Continental-Teams angestellt.

„Es ist ein Wahnsinn, wie groß die Unterschiede sind“, kann Preidler die Divergenz nur schwer in Worte fassen. „Alleine, wie groß der Aufwand (bei Type 1) ist, der dahinter steckt – deutlich größer als in österreichischen Teams.“

Bei Top-Teams im Gespräch

Sein neues Leben gefalle ihm außerordentlich gut, ein Wechsel zu einem größeren Rennstall sei alles andere als unrealistisch. Gespräche gab es schließlich schon im letzten Jahr, als Preidler bei der Tour de l’Avenir, die zu den wichtigsten Nachwuchs-Rundfahrten zählt, mit Rang sieben für Furore sorgte.

„Es gab Gespräche mit Liquigas, Saxo Bank und Garmin. Mit Liquigas war alles schon etwas konkreter. Im Endeffekt hat aber Type 1 am besten zu mir gepasst, daher der Wechsel zu diesem Team."

Ein Transfer, mit dem er sich zu Beginn schwer anfreunden wollte. „Zunächst war ich nicht ganz glücklich, mittlerweile bereue ich den Schritt überhaupt nicht mehr.“

"Angriff" bei der Ö-Tour

Kein Wunder, bekommt er doch beim Zweitdivisionär jede Menge Freiheiten. „Teilweise wird sogar für mich gefahren – das ist der absolute Wahnsinn!“

In die Rolle des Teamleaders könnte er schon in wenigen Wochen wieder rücken, wenn er und seine Kollegen bei der Österreich-Rundfahrt ihre Zelte aufschlagen.

„Hoffentlich komme ich mit einer guten Form hin. Es sind tolle Etappen dabei, auch mal kürzere Bergankünfte. Da werde ich definitiv auf Angriff fahren.“

Vorbild Bernhard Eisel

Als Vorbild nennt der Steirer seinen Landsmann Bernhard Eisel.

„Was er macht und wie er es macht, das ist wirklich beeindruckend. Er hat sich einen Namen gemacht und gehört zu den beliebtesten Fahrern.“

Auch Philippe Gilbert („Ein starker Klassikerfahrer, der auch gut über die Berge kommt.“) begeistert ihn. Kein Wunder, sind doch genau jene Bewerbe, in denen der Belgier zu den Stärksten der Welt zählt, auch Preidlers Lieblingsrennen.

„Lüttich-Bastogne-Lüttich und der Fleche Wallonne gehören sicher dazu, aber auch Mailand-San Remo ist eines davon.“

Rolle des Edeldomestiken

Generell ist der Jung-Profi eher ein Mann der leiseren Töne, so verwundert es auch nicht, dass er sich in den nächsten Jahren mit der Rolle des Edeldomestiken zufrieden geben würde.

„Es wäre toll, eine Helferrolle wie Sylvester Szmyd einnehmen zu können. Da muss man zwar auch Vollgas geben, fährt aber für den Kapitän und hat damit nicht den ganz großen Druck.“

Preidlers Einschätzung kommt nicht von ungefähr: „Klar, jeder möchte Rennen gewinnen, aber realistisch gesehen ist das für mich auf WorldTour-Ebene momentan fast unmöglich.“

Aufschwung unübersehbar

Den Aufschwung der heimischen Velo-Fahrer nimmt er wohlwollend zur Kenntnis. „Es gibt viele Junge, die inzwischen in einem ausländischen Team fahren, wie Brändle, Schorn oder Denifl. Dazu kommen einige gute Fahrer wie Konrad oder Hofer nach.“

Er wolle sich auf die Zukunft konzentrieren und sich nicht damit beschäftigen, „was manche Dumme früher getan haben“.

Der Youngster plant, sich Schritt für Schritt nach oben zu arbeiten. Das ist ein mühsamer Weg, doch den nimmt er gerne in Kauf. „Ich möchte diesen Sport noch viele Jahre ausüben, weil er einfach unheimlich viel Spaß macht.“

 

Christoph Nister