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Buch "Helden Haft" - Eine Einladung zum Querdenken

Buch

Zielgruppe sind alle, die wissen wollen was passiert, wenn der Fernseher abgeschalten ist! Für sie wurde laut Co-Autorin Imke Duplitzer das Buch "Helden Haft" geschrieben, in dem in fünf Gesprächen die Instrumentalisierung des Leistungssports erörtert wird.

Die fünf sind Bergsteiger-Ikone Reinhold Messner, die deutschen Leichtathletinnen Heidi Schüller, Ines Geipel und Sylvia Schenk sowie Österreichs Skisprung-Olympiasieger Toni Innauer.

Die Autoren sind mit Grün-Politiker Daniel Cohn-Bendit und der deutsch-österreichischen Degenfechterin Duplitzer kaum weniger namhaft.

Gefahr für die Grundwerte des Sports

Das Buch, verstanden als "Provokation im Jahr der Olympischen Spiele 2012", versucht zu zeigen, dass die Außendarstellung des Leistungssports oft eine - täuschend - heile Welt vermittelt.

Vielmehr sorge das Zusammenspiel von Sportlern, Medien, Sponsoren, Verbänden, Funktionären und Politikern für eine komplexes Konstrukt.

Die Idee, hinter diese Kulissen zu blicken, war Duplitzer während der Olympischen Spiele in Peking 2008 gekommen.

Sie wollte darstellen, was mit - erfolgreichen - Menschen passiert, die sich nicht den Strukturen der Sportwelt unterwerfen und die in der aktuellen Entwicklung eine Gefahr für die Grundwerte des Sports sehen.

Aktive sagten ab

Die Bekanntschaft mit Cohn-Bendit hatte das Projekt dynamisiert, wiewohl viele "noch in der Verwertungskette stehende Sportler" (Duplitzer) absagten.

"Weil sie sich schlicht nicht getraut haben", erklärte die Olympia-Fechterin und Autorin am Freitag bei der Buchpräsentation im Wiener Cafe Siebenstern.

Also wurde das Projekt mit namhaften Ex-Sportlern gemacht, erklärte Duplitzer, die nach den London-Spielen noch nicht entschieden hat, ob sie weitermacht.

Von der Realtität abgekoppelt

Dass (Leistungs-) Sport - u.a. durch die Kommerzialisierung - missbraucht wird, ist ein roter Faden der Gespräche in dem Buch, das mit vielen Halbwahrheiten aufräumen aber auch aufklären will.

Sport habe sich zum Teil bereits sehr weit von der Realität abgekoppelt, hieß es bei der Vorstellung.

"Der Sport nimmt sich einen Sonderraum, in dem er sich ein bisschen Pippi- Langstrumpf-mäßig die Welt, wie sie ihm gefällt, machen kann. Es gibt keine Sanktionen, Korruption wird gerne übersehen. Niemand macht sich die Mühe, das anzugehen", sprach Duplitzer eine "Selbstreinigung an, die weh tut. Dazu muss man fest im Sattel sitzen und einen langen Atmen haben."

"Macht sich seine eigenen Regeln"

Sport, so Duplitzer, gehe aber vielmehr immer sehr leichte Wege.

"Er hinterfragt sich nicht, weil das Ergebnis sonst notfalls die Selbstauflösung wäre. Sport macht sich seine eigenen Regeln. In der Politik müssen sie solche Diskussionen führen, im Sport sehe ich niemanden mit echtem Interesse daran. Denn da ist Veränderung schlecht, weil die mit Selbstauflösung verbunden wäre."

Sport als Selbstzweck ist nach Meinung der Autorin "völlig verloren gegangen".

Anregung zum Querdenken

Anstelle von Cohn-Bendit nahm Innauer an der Präsentation teil. Der frühere Skispringer und 2010 als Sportdirektor im Skiverband (ÖSV) zurückgetretene Vorarlberger ist heute als Privatunternehmer mit einer Agentur beschäftigt und hat selbst bereits Bücher geschrieben, in denen er den Sport hinterfragt.

"Die Thematiken interessieren. Aber Viele scheuen den Energieaufwand und die Widerstände, die sie damit erzeugen. Damit schert man aus und kommt leicht in den Ruf eines Nestbeschmutzers", ist dem 54-jährigen "Sportphilosophen" Innauer bewusst.

Er hoffe, dass das Buch Mut mache zu erkennen, "dass es vielleicht doch nicht so abwegig oder gefährlich ist, sich über diese Dinge Gedanken zu machen".

Neue Sichtweisen

Das Beispiel von Geipel, die in das DDR-System des systematischen Dopings eingebunden war und sich deshalb aus den Rekordlisten streichen hat lassen, habe ihn sehr beeindruckt, so Innauer.

"Denn normalerweise redet jemand, der Erfolg hatte, nie mehr über die Ursachen, selbst wenn sie korrupt waren. Sie hingegen wollte es bis auf die Wurzeln ausradieren, weil es unter falschen Voraussetzungen entstanden ist."

Für Innauer ist dieses Beispiel gleichnishaft mit vielen Dingen des Lebens. "Normalerwiese lässt sich Sport brav für alle Zwecke einsetzen. Er könnte aber einen anderen Modellcharakter einnehmen, wenn er besser über sich selbst reflektiert. Das wird in diesem Buch gemacht, und deshalb ist es so erdig und stark zu lesen."